Breitere Ausnahme für laufende Geschäfte und Abschaffung konzernweiter Aggregation …
Eine genaue Abschätzung von Gesetzesfolgen liefert der rechtspolitischen Diskussion wertvolle Informationen. Konkrete Zahlenwerte können sich aber auch verselbständigen und die zugrundeliegenden Annahmen vergessen machen. Die Entwicklung des ARUG II könnte dafür ein neues Beispiel liefern: Am 20. März wurde der Regierungsentwurf des ARUG II veröffentlicht. Gegenüber dem Referentenentwurf wurden die Regelungen zu Related Party Transactions in zwei wesentlichen Hinsichten eingeschränkt. Beide Änderungen finden sich bemerkenswerterweise nur in der Begründung, nicht im Normtext. Erstens sollen nun typische konzerninterne Geschäfte ausgenommen werden, wenn sie „im ordentlichen Geschäftsgang und zu marktüblichen Bedingungen“ abgeschlossen werden; anders als im Referentenentwurf soll die Marktüblichkeit mittels Schätzpreisen ermittelt werden können, selbst wenn es derartige Geschäfte außerhalb von Konzernen gar nicht gibt. Zweitens werden Geschäfte von Konzerntöchtern mit nahestehenden Personen – etwa dem Großaktionär der Mutter – nur noch erfasst, wenn sie in der jeweiligen Tochtergesellschaft 2,5 % des konzernweiten Anlage- und Umlaufvermögens erreichen. Nach dem Referentenentwurf wären die Geschäfte konzernweit zu aggregieren gewesen.
… führt zu größerer Abweichung von IFRS-Offenlegung
Beide Änderungen stellen unsere Folgenabschätzung auf Grundlage der IFRS-Konzernberichterstattung in Frage. Der maßgebliche Standard IAS 24 verlangt die Offenlegung aller wesentlichen Transaktionen mit nahestehenden Personen außerhalb des Konzerns der börsennotierten Aktiengesellschaft. Wie viele dieser Transaktionen unter die vom Regierungsentwurf erweiterte Ausnahme für „marktübliche“ Geschäfte mit einem beherrschenden Unternehmen fallen, lässt sich nicht sagen. Immerhin haben knapp 40 % der deutschen Börsengesellschaften einen Aktionär mit mehr als 50 % der Stimmrechte. Ebenso wenig kann man wissen, wie viele der von IAS 24 erfassten Geschäfte von (verschiedenen) Tochtergesellschaften getätigt werden. Überschreitet ein börsennotierter Konzern auf Grundlage der IAS-24-Zahlen die 2,5-%-Schwelle, kann er nach dem Regierungsentwurf dennoch nicht erfasst sein, wenn die Transaktionen auf verschiedene Konzerngesellschaften verteilt sind. Dank der IFRS-Berichterstattung hätten die neuen Regelungen zu Related Party Transactions kein „Sprung ins Dunkle“ werden müssen. Der Regierungsentwurf hat das Licht nun wieder ausgeknipst. Sicher sagen lässt sich nur, dass ein Schwellenwert von 2,5 % des Anlage- und Umlaufvermögens 2017 höchstens 10–20% der Unternehmen erfasst hätte. Der zutreffende Wert kann nun bei 1 %, 5 % oder einer anderen Zahl liegen. Bis zu welchem Wert weiterhin von einer „noch effektiven Umsetzung der Richtlinienvorgaben“ zu sprechen ist, mag jeder selbst entscheiden.