Die technischen Entwicklungen werden voranschreiten, doch soll bis dahin – den Bedenkenträgern folgend –der Unternehmenseinsatz von KI-Programmen aufgeschoben werden? Das wäre eine praktisch unhaltbare Folgerung, die auch rechtlich nicht geboten ist. Die Verantwortung der Leitung liegt darin, auf Grund angemessener Information zum Wohle des Unternehmens zu handeln. Angemessen bedeutet hier, dass die grundlegende Wirkweise der KI bekannt ist, nicht aber das technische Detail der Umsetzung. Wenn der Vorstand für Maßnahmen der Geschäftsführung auf künstliche Intelligenz setzt, so ist dies im Grundsatz nicht anders zu bewerten als der Einsatz natürlicher Intelligenz. Die Gedanken des Mitarbeiters sind frei, sein Gehirn opak. Es kommt darauf an, ob der Mitarbeiter sorgfältig ausgesucht und hinreichend beaufsichtigt wird, den richtigen Platz in der Unternehmensorganisation hat. Die Leitung ist für die Struktur zuständig, in der die Akteure sich bewegen. Ob Menschen oder eine KI innerhalb dieses Rasters agieren, ist allein mit Blick auf die Funktion, Arbeitsergebnisse zu produzieren, einerlei. Bei wichtigen Geschäftsentscheidungen, die keinen Routinen folgen, werden auch Begründungen erwartet. Indessen wird die äußere Begründung bei einem Menschen vielfach von der inneren Herstellung, dem Gedankenprozess, abweichen. Ähnlich läge es bei einer KI, der man eine Darstellung der Herstellung programmiert – auch diese Darstellung wäre das Produkt des inneren Prozessierens, der selbst (bislang) verschlossen bleibt. Daher sollte man von diesen äußeren Herleitungen nicht zu viel erwarten. Eine andere Beurteilung könnte geboten sein, wenn die KI nicht nur für den laufenden Geschäftsbetrieb, sondern für originäre Leitungsentscheidungen genutzt wird. Ob eine M&A-Transaktion angegangen oder eine grundlegende Finanzierungsmaßnahme ins Werk gesetzt wird, entscheiden Vorstand und ggf. Aufsichtsrat. Wenn sich die Leitungen dabei durch ein KI-System beraten lassen, also (technischen) Expertenrat einholen, wird man sich an die Ision-Rechtsprechung des BGH erinnern (DB 2011, 2484). Mit Blick auf den Rechtsrat bei einer Kapitalfrage verlangte der II. Zivilsenat nach einem unabhängigen qualifizierten Berufsträger, dessen Beurteilung durch den Vorstand einer sorgfältigen Plausibilitätskontrolle zu unterziehen ist. Die 1:1-Übertragung dieser Grundsätze auf eine KI-Vorstandsberatung dürfte schwerlich gelingen. Hier steht die Diskussion nach ganz am Anfang, nicht zuletzt, weil es solche auf Leitungsebene eingesetzten KI-Systeme soweit ersichtlich in Deutschland noch nicht gibt, also praktisches Material fehlt. Soviel dürfte aber schon klar sein: Um das Business Judgement Rule-Element der angemessenen Information für den Vorstand zu aktivieren, ist eine Herleitung des KI-Vorschlags erforderlich.
Meldung
08.11.2024
Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung
Der Gesetzentwurf zur Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung setzt deutliche Akzente bei der Kriminalitätsbekämpfung durch die FKS.