Der BGH hat sich in vier Verfahren mit Ansprüchen von Darlehensnehmern auf Rückzahlung von Abzugsbeträgen befasst, die Kreditinstitute im Rahmen von aus KfW-Fördermitteln gewährten Darlehen aufgrund formularmäßiger Bestimmungen in den Darlehensverträgen in Höhe von jeweils 4 Prozent des Darlehensnennbetrages einbehielten.
Zur Refinanzierung hatten die Kreditinstitute mit der KfW jeweils Darlehensverträge abgeschlossen, die ebenfalls Abzugsbeträge in Höhe von 4 Prozent des Darlehensnennbetrages zugunsten der KfW vorsahen. Die Klagen aller Darlehensnehmer waren in den Tatsacheninstanzen erfolglos. Der BGH hat die Revisionen der Darlehensnehmer in den drei Fällen zurückgewiesen, in denen die Darlehensverträge vor dem 11. Juni 2010 geschlossen wurden. In dem Verfahren, dem ein später abgeschlossener Darlehensvertrag zugrunde lag, wurde das Berufungsurteil aufgehoben und zurückverwiesen, damit fehlende tatsächliche Feststellungen zur Anwendung neuer Regelungen des Verbraucherdarlehensrechts nachgeholt werden können.
Der Fall: Streitige Klausel über Abzugsbeträge
In dem Verfahren XI ZR 454/14 ist in den zwischen den klagenden Darlehensnehmern und dem Kreditinstitut geschlossenen Darlehensvertrag folgende streitige Klausel über Abzugsbeträge einbezogen worden: „Es wird ein Disagio (Abzug vom Nennbetrag des Kredits) von 4,00 v.H. erhoben. Dieses umfasst eine Risikoprämie von 2,0 v.H. für das Recht zur außerplanmäßigen Tilgung d. Kredits während d. Zinsfestschreibung u. 2,0 Prozent Bearbeitungsgebühr.“ Die Darlehensnehmer hielten diese Klausel für unwirksam.
BGH: Klausel ist wirksam
Nach einer Gesetzesänderung im Juni 2010 haben Kreditnehmer das Recht auf vorzeitige Rückzahlung. Zudem wurde die Vorfälligkeitsentschädigung auf ein Prozent begrenzt. Für Fälle, die vor diesem Datum liegen, gilt dies nicht. Die Revision der Darlehensnehmer gegen die Abweisung ihrer Klage auf Rückzahlung des Abzugsbetrags war somit erfolglos. Den klagenden Darlehensnehmern steht kein Anspruch auf Rückzahlung des Abzugsbetrags gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu, weil die streitige Klausel wirksam ist. Der Abschlag sei gerechtfertigt, so die Richter, weil die KfW den Kreditnehmern die Möglichkeit einräumt, ihre Darlehen ohne weitere Vorfälligkeitsentschädigung frühzeitig zurückzuzahlen. Für diesen wirtschaftlichen Vorteil sei eine Risikoprämie gerechtfertigt. Auch können die Bearbeitungsgebühren nicht beanstandet werden, da sie die Kreditnehmer nicht unangemessen benachteiligen. Sie seien Teil der vorgegebenen Förderbedingungen für die zinsverbilligten Förderdarlehen.
Abweisung in weiteren Fällen
Nach diesen Grundsätzen hat der BGH auch die Revisionen der Darlehensnehmer in den weiteren Verfahren XI ZR 63/15 und XI ZR 73/15 vom 16.02.2016 zurückgewiesen, da in die dort geschlossenen Darlehensverträge sachlich vergleichbare Klauseln einbezogen waren.
Hoffnung für Darlehnsnehmer mit neueren Verträgen
In dem Verfahren XI ZR 96/15 hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der diesem Verfahren zu Grunde liegende Darlehensvertrag wurde nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie am 11. Juni 2010 geschlossen. Nach dem dabei neu eingeführten § 500 Abs. 2 BGB ist ein Darlehensnehmer berechtigt, seine Verbindlichkeiten aus einem Verbraucherdarlehensvertrag jederzeit ganz oder teilweise zu erfüllen. Die von ihm im ungünstigsten Fall gemäß § 502 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung darf 1 Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrags nicht überschreiten und ist damit stets geringer als der von der Beklagten in diesem Fall einbehaltene Abzugsbetrag in Höhe von 4 Prozent des Darlehensnennbetrags. Danach würde die Klausel bei der Bepreisung des Verzichts auf die Vorfälligkeitsentschädigung zu Lasten des Klägers von § 502 Abs. 1 BGB abweichen und unterläge gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. Da zudem gemäß § 511 Satz 1 BGB von den genannten gesetzlichen Regelungen bei einem Verbraucherdarlehen nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden darf, würde die streitige Klausel den Kläger unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligen und wäre damit im Rahmen des im Revisionsverfahren zu unterstellenden Verbraucherdarlehensvertrages unwirksam.
(BGH, PM vom 16.02.2016/ Viola C. Didier)