Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Erlaubnis des Bundesministers für Wirtschaft und Energie zur Übernahme von Kaiser´s Tengelmann (KT) durch EDEKA außer Kraft gesetzt. Die Erlaubnis erweise sich schon nach einer vorläufigen Prüfung im Eilverfahren als rechtswidrig.
Die sich ebenfalls um die Übernahme der KT-Filialen bemühenden Mitbewerber, der REWE-Konzern und die Markant AG, haben gegen die am 17. März 2016 erteilte Ministererlaubnis Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt (Az. VI – Kart 5/16 (V)). Da bis zu einer Entscheidung über diese Beschwerde die Erlaubnis wirksam ist – die Übernahme also vollzogen werden könnte – haben sie darüber hinaus im gegenständlichen Eilverfahren beantragt, die Ministererlaubnis zunächst außer Kraft zu setzen. Diesem Antrag hat das OLG jetzt mit Beschluss VI – Kart 3/16 (V) vom 12.7.2016 entsprochen. Die Übernahme darf bis zu einer abschließenden Entscheidung nicht vollzogen werden. Mit einer abschließenden Entscheidung im Beschwerdeverfahren ist in den kommenden Monaten zu rechnen.
Der Senat ist im Rahmen seiner vorläufigen Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass die erteilte Ministererlaubnis unter mehreren Gesichtspunkten rechtswidrig sei:
1. Besorgnis der Befangenheit des Bundeswirtschaftsministers
Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie habe über die Erteilung der Erlaubnis nicht entscheiden dürfen, da sein Verhalten im Erlaubnisverfahren die Besorgnis seiner Befangenheit und fehlenden Neutralität begründe. Der Minister habe in der entscheidenden Phase des Erlaubnisverfahrens mit EDEKA und KT geheime Gespräche geführt.
2. Erhalt der Arbeitnehmerrechte bei KT kein Gemeinwohlbelang
Die Ministererlaubnis sei darüber hinaus rechtswidrig, da der Bundesminister bei seiner Entscheidung zu Unrecht den Erhalt der kollektiven Arbeitnehmerrechte (z. B. Tarifverträge u. ä.) bei KT als einen Gemeinwohlbelang berücksichtigt habe. Das im Grundgesetz in Art. 9 Abs. 3 Satz 1 schrankenlos gewährte Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen (Gewerkschaften) zu bilden, beinhalte gleichrangig und unterschiedslos das Recht, einer solchen Vereinigung auch fern zu bleiben, sich also nicht gewerkschaftlich zu organisieren. Aufgrund dieser verfassungsrechtlichen Gleichrangigkeit könnten der Erhalt und die Sicherung bestehender kollektiver Arbeitnehmerrechte kein Gemeinwohlbelang sein, welches die ministerielle Erlaubnis einer wettbewerbsschädlichen Unternehmensfusion rechtfertigen könne. Andernfalls würde der Bildung von Arbeitnehmervereinigungen ein höherer Rang eingeräumt als dem Verzicht auf diese. Diese Annahme widerspreche jedoch der Verfassung.
3. Arbeitsplatzsicherung auf unvollständiger Tatsachengrundlage bewertet
Die Ministererlaubnis könne voraussichtlich auch deshalb keinen Bestand haben, da der Bundeswirtschaftsminister den Gemeinwohlbelang der Arbeitsplatz- und Beschäftigungssicherung bei KT nicht unter Berücksichtigung aller relevanten Gesichtspunkte bewertet habe. So gehe der Minister davon aus, dass durch die Nebenbestimmungen der Erlaubnis die Sicherung der rund 16.000 Arbeitsplätze bei KT gewährleistet sei. Den Gründen der Ministererlaubnis sei jedoch nicht zu entnehmen, ob und in welchem Umfang die Möglichkeit eines fusionsbedingten Stellenabbaus bei EDEKA in die Abwägungsentscheidung einbezogen wurde. Diese Möglichkeit habe aber bei den Abwägungsüberlegungen berücksichtigt werden müssen. Denn den Angaben von EDEKA sei deutlich zu entnehmen, dass der geplante Unternehmenszusammenschluss aus Sicht von EDEKA bei kaufmännisch vernünftigem Handeln mit einem erheblichen Personalabbau verbunden sein müsse.
(OLG Düsseldorf vom 12.7.2016 / Viola C. Didier)