• Home
  • /
  • Meldungen
  • /
  • Keine Steuerhinterziehung bei Kenntnis des Finanzamts

17.08.2022

Meldung, Steuerrecht

Keine Steuerhinterziehung bei Kenntnis des Finanzamts

Es liegt kein objektiver Verkürzungstatbestand vor, wenn pflichtwidrig keine Steuererklärung abgegeben wird, dem Finanzamt aber alle erforderlichen Informationen in Form elektronischer Lohnsteuerbescheinigungen vorliegen.

Beitrag mit Bild

©stadtratte/fotolia.com

Das FG Münster hat sich mit den Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung befasst. Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. Da bis einschließlich 2008 lediglich der Ehemann Arbeitslohn bezog, hatte das Finanzamt den Fall als Antragsveranlagung gespeichert. Ab 2009 erzielte auch die Ehefrau Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit. Der Lohnsteuerabzug erfolgte bei den Klägern nach den Steuerklassen III und V. Die Lohnsteuerbescheinigungen wurden im Datenverarbeitungsprogramm des Finanzamts erfasst. Da der Fall dennoch weiterhin als Antragsveranlagung gespeichert war, forderte das Finanzamt die Kläger zunächst nicht zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen auf.

Nachdem dem Finanzamt aufgefallen war, dass die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung vorlagen, erließ es im Jahr 2018 für die Streitjahre 2009 und 2010 Schätzungsbescheide. Hiergegen machten die Kläger geltend, dass Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Das Finanzamt ging demgegenüber von einer verlängerten Festsetzungsfrist wegen vollendeter Steuerhinterziehung aus.

FG Münster sieht keine Steuerhinterziehung

Das FG Münster hat der Klage mit Urteil vom 24.06.2022 (4 K 135/19 E) stattgegeben. Bei Erlass der Bescheide im Jahr 2018 sei für die Streitjahre 2009 und 2010 die reguläre Festsetzungsfrist von vier Jahren abgelaufen gewesen. Die Frist habe sich nicht auf zehn bzw. fünf Jahre verlängert, weil bereits objektiv weder eine Steuerhinterziehung noch eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliege.

Die Voraussetzung der vorliegend allein in Betracht kommenden Unterlassungsvariante, dass der Steuerpflichtige die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lasse, sei nicht gegeben. Die Finanzbehörde könne nur über solche Umstände in Unkenntnis gelassen werden, über die sie nicht bereits informiert sei. Diese Auffassung ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO und dem Sinn und Zweck. Das Steueraufkommen sei nicht gefährdet, wenn die Finanzbehörden tatsächlich über alle wesentlichen Umstände informiert sind.

Verletzung von Erklärungspflichten reicht nicht für Verkürzungstatbestand

Im Streitfall seien die Kläger zwar verpflichtet gewesen, Einkommensteuererklärungen einzureichen. Allein die Verletzung von Erklärungspflichten reiche aber nicht aus, um den objektiven Verkürzungstatbestand zu verwirklichen, denn die Erfüllung von steuerlichen Mitwirkungs- und Erklärungspflichten sei nicht von § 370 AO geschützt. Dem Finanzamt seien aufgrund der vorliegenden elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen vielmehr alle maßgeblichen Umstände bekannt gewesen. Dass es diese Daten aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht zur Prüfung einer Pflichtveranlagung herangezogen habe, ändere an dieser Kenntnis nichts.

Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen (BFH-Az. VI R 14/22).


FG Münster vom 15.08.2022 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

Weitere Meldungen


Interview

Harald Smolak


21.01.2025

Trump 2.0: Wie Führungskräfte auf die Ängste der Wirtschaft reagieren sollten

Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus birgt wirtschaftliche Risiken für Deutschland und erfordert deshalb strategische Anpassung und achtsame Führung, erklärt Harald Smolak.

weiterlesen
Trump 2.0: Wie Führungskräfte auf die Ängste der Wirtschaft reagieren sollten

Steuerboard

Nina Matlok


21.01.2025

Tax Compliance Praxis: Aktuelle Fristen im Private-Equity-Bereich – Was im Kalenderjahr 2025 zu beachten ist

Das Jahr 2025 hat gerade erst begonnen, jedoch ist es bereits jetzt angebracht, sich einen klaren Überblick über die bevorstehenden Fristen im Jahr 2025 zu verschaffen.

weiterlesen
Tax Compliance Praxis: Aktuelle Fristen im Private-Equity-Bereich – Was im Kalenderjahr 2025 zu beachten ist

Meldung

©Dan Race/fotolia.com


21.01.2025

BGH prüft unwirksame Klauseln in D&O-Versicherungen

Das Urteil des BGH stellt sicher, dass Versicherungsnehmer einer D&O-Versicherung auch im Insolvenzfall angemessen geschützt werden.

weiterlesen
BGH prüft unwirksame Klauseln in D&O-Versicherungen

Haben wir Ihr Interesse für DER BETRIEB geweckt?

Sichern Sie sich das DER BETRIEB Gratis Paket: 4 Hefte + Datenbank