Das OLG Frankfurt am Main erklärt den Verkauf von Adressdaten wegen fehlender Einwilligung nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) für unwirksam und hat Ansprüche trotz vertragswidriger Nutzung durch Dritte für anstößige Werbe-E-Mails zurückgewiesen.
Die Klägerin im Streitfall hatte mit Adressdaten gehandelt. Sie nahm den beklagten Insolvenzverwalter der vormals ebenfalls mit Adressdaten handelnden Schuldnerin auf Schadensersatz und Unterlassen in Anspruch. Der Geschäftsführer der Klägerin war zuvor Geschäftsführer der Schuldnerin. Er hatte am Tag der Insolvenzeröffnung vom Beklagten verschiedene Internet-Domains einschließlich der über diese generierten Adressen für 15.000 € gekauft. Die Daten befanden sich ursprünglich auf zwei Servern der Schuldnerin und wurden auf einem USB-Stick übergeben. Die Server selbst, auf denen die Daten weiterhin rekonstruierbar lagen, wurden vom Beklagten an eine ebenfalls mit Adressen handelnde dritte Firma verkauft. Diese nutzte rund eine Million Adressen, um Werbe-E-Mails für die Internetseite sexpage.de zu versenden.
Keine Ansprüche trotz anstößiger Datennutzung
Die Klägerin klagt nunmehr aus abgetretenem Recht ihres Geschäftsführers. Sie ist der Ansicht, die von ihr erworbenen Adressen hätten durch die erfolgte Nutzung für die Internetseite sexpage.de 2/3 ihres Wertes verloren. Der Beklagte müsse deshalb den Kaufpreis anteilig an sie zurückzahlen. Zudem sei er verpflichtet, die weitere Nutzung dieser Adressdaten zu unterlassen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hatte vor dem OLG Frankfurt am Main Erfolg (Urteil vom 24.01.2018 – 13 U 165/16).
Kaufvertrag verstößt gegen BDSG
Der Klägerin, so das OLG, stünden keinerlei vertragliche Ansprüche zu. Der Kaufvertrag sei vielmehr insgesamt nichtig, da die Adressinhaber in den Verkauf ihrer Daten nicht wirksam eingewilligt hätten. Der Vertrag verstoße gegen die Vorgaben des BDSG. Die Nutzung sogenannter personenbezogener Daten sei nur zulässig, wenn der Betroffene einwillige oder das so genannte Listenprivileg eingreife. „Name, Postanschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse einer Person“ stellten „klassische“ personenbezogene Daten dar. Auch der einmalige Verkauf derartiger Daten – wie hier – unterfalle dem Adresshandel im Sinne von § 28 Abs. 3 S. 1 BDSG dar. Das so genannte Listenprivileg nach § 28 Abs. 3 S. 2 BDSG greife nicht, da es sich nicht um „zusammengefasste Daten von Angehörigen einer bestimmten Personengruppe“ handele.
Keine wirksame Einwilligung im Streitfall
Eine Einwilligung nach dem BDSG sei, betont das OLG, „nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht, der auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie (…) auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung“ hingewiesen wird. Sie müsse grundsätzlich schriftlich abgegeben werden. Außerdem sei sie „besonders hervorzuheben“, wenn sie – wie hier – zusammen mit anderen Erklärungen erteilt werde. Nach dem von der Klägerin selbst vorgetragenen Wortlaut der Einwilligungserklärung seien jedoch weder die betroffenen Daten noch Kategorien etwaiger Datenempfänger oder der Nutzungszweck – Adresshandel – konkret genug bezeichnet worden. Es fehle zudem die erforderliche Hervorhebung.
§ 817 Abs. 1 BGB versagt Rückabwicklung bei gesetzeswidrigen Verträgen
Der Vertrag verpflichte die Parteien darüber hinaus „systematisch“ zu einem unlauteren wettbewerbswidrigen Verhalten, so dass auch deshalb von einer Gesamtnichtigkeit auszugehen sei. Die Zusendung von Werbe-E-Mails ohne Einwilligung stelle eine unzumutbare Belästigung nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG dar. Soweit der Beklagte zwar im Ergebnis in Höhe des erlangten Kaufpreises ungerechtfertigt bereichert sei, begründe dies allein ebenfalls keinen Rückzahlungsanspruch der Klägerin. Ein derartiger Anspruch sei hier vielmehr ausgeschlossen, da beide Vertragsparteien vorsätzlich gegen die zwingenden Vorgaben des BDSG verstoßen hätten. Bei gesetzeswidrigen Verträgen versage § 817 Abs. 1 BGB jede Rückabwicklung. Wer sich dennoch auf ein derartiges Geschäft einlasse, „leistet auf eigenes Risiko“, betont das OLG.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig; die Klägerin kann Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen.
(OLG Frankfurt am Main, PM vom 29.01.2018 / Viola C. Didier)