Die Ergebnisse einer aktuellen Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung belegt weiterhin klar erkennbare Geschlechterungleichheiten zuungunsten von Frauen. Einige der Ergebnisse lesen Sie nachfolgend.
Bei der formalen beruflichen Qualifikation haben Frauen im Westen weitgehend mit den Männern gleichgezogen, in Ostdeutschland liegen sie sogar leicht vorne. Bei der Erwerbsbeteiligung zeigen sich hingegen trotz Annäherungen noch deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern und zwischen Ost- und Westdeutschland. So lag die Erwerbstätigenquote westdeutscher Frauen 2021 um knapp acht Prozentpunkte unter der von westdeutschen Männern (71,5 % vs. 79,4 %). 1991 war die Differenz indes noch fast dreimal so groß. Auch die Erwerbstätigenquote von Frauen in Ostdeutschland ist mit aktuell 74 % höher als 1991, und der Abstand gegenüber ostdeutschen Männern (78,5 %) von knapp 12 auf gut vier Prozentpunkte gesunken. In den letzten Jahren hat sich in beiden Landesteilen allerdings wenig getan.
Rückstand gegenüber Männern bei der Arbeitszeit: 4,6 Stunden im Osten, sogar 8,4 im Westen
Unterschiedliche Teilzeitquoten führen zu erheblichen Differenzen bei der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit im Erwerbsjob: In den westlichen Bundesländern liegt diese für Frauen bei 30 Stunden, das sind 8,4 Stunden weniger als bei westdeutschen Männern. In den östlichen Bundesländern ist die durchschnittliche Arbeitszeit weiblicher Erwerbstätiger höher und der Abstand geringer: Sie beträgt 33,9 Stunden, 4,6 Stunden weniger als bei den Männern. In beiden Landesteilen ist der Rückstand der Frauen in den vergangenen Jahren leicht gesunken.
Der Anteil der erwerbstätigen Frauen, die lediglich einen Minijob haben, war 2021 mit 15,1 % im Westen sogar fast doppelt so hoch wie in Ostdeutschland mit 8,6 % – obwohl dieser Anteil in den vergangenen 20 Jahren vor allem im Westen spürbar kleiner geworden ist. Ostdeutsche Frauen liegen bei den ausschließlichen Minijobs praktisch gleichauf mit westdeutschen Männern (8,8 %). Dagegen haben im Osten von den Männern lediglich 7,5 % nur eine geringfügige Beschäftigung.
Gender-Pay-Gap im Osten viel kleiner – aber auch, weil Männer weniger verdienen
Die Lohnlücke in Westdeutschland ist weiterhin deutlich höher als in Ostdeutschland: In Westdeutschland lag 2022 der durchschnittliche Stundenlohn von Frauen 18,9 % unter dem von Männern, der Abstand war fast dreimal so groß wie in Ostdeutschland (dort 6,9 %). Allerdings spielt bei den geringeren Unterschieden im Osten ein weiterer Faktor eine erhebliche Rolle: Die durchschnittlichen Stundenlöhne im Osten sind deutlich niedriger als im Westen, und bei Männern fällt der Rückstand größer aus als bei Frauen. Diese Diskrepanz zeigt sich auch bei der Einkommensverteilung: 30,5 % der vollzeitbeschäftigten westdeutschen Männer hatten 2022 monatliche Bruttoeinkommen über 5.000 Euro – gegenüber 18,4 % der westdeutschen Frauen, 17,8 % der ostdeutschen Männer und 15,0 % der ostdeutschen Frauen.
Mit Niedrigeinkommen unter 2.000 Euro monatlich für eine Vollzeitstelle mussten 12 % der weiblichen Beschäftigten in Ost- und 10 % in Westdeutschland auskommen. Bei den Männern waren es 8 % im Osten und 4 % im Westen.
Anteil der Frauen in Führungspositionen im Osten spürbar höher
Weiterhin Rückstände, die im Osten aber etwas kleiner sind, zeigt die Studie schließlich auch bei der Partizipation von Frauen an betrieblichen Führungspositionen – insbesondere auf den obersten Führungsetagen: Hier wurden in Ostdeutschland 2020 lediglich 31 % der Stellen von Frauen ausgefüllt, in Westdeutschland sogar nur 26 %. Der Anteil ist im Verlauf eines Jahrzehnts allenfalls geringfügig gewachsen. Besser sieht es nach der WSI-Analyse auf der zweiten Führungsebene aus, wo der Frauenanteil in Westdeutschland mit 39 % dem Anteil an allen Beschäftigten (43 %) relativ nahe kommt. In Ostdeutschland sind Frauen auf der zweiten Führungsebene sogar leicht überrepräsentiert (46 % vs. 44 %).