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29.04.2022

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Ist die Abgeltungsteuer verfassungswidrig? – Vorlage an das Bundesverfassungsgericht

Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hält die Abgeltungsteuer für nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar und hat sie daher dem BVerfG mit Beschluss vom 18.03.2022 (7 K 120/21) zur Prüfung vorgelegt.

Ist die Abgeltungsteuer verfassungswidrig?  – Vorlage an das Bundesverfassungsgericht

StBin Dr. Katrin Dorn
ist Partnerin bei MÖHRLE HAPP LUTHER in Hamburg

StBin Pauline Becker
ist Steuerberaterin bei MÖHRLE HAPP LUTHER in Hamburg

Sachverhalt

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt ging es um die Frage, inwieweit dem Kläger Provisionszahlungen zuzurechnen sind. Zudem war der Sparer-Pauschbetrag bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen außer Ansatz geblieben. Hinsichtlich beider Punkte gab das FG dem Kläger grundsätzlich Recht. Dennoch hatte die Klage bisher keinen Erfolg, da nach Auffassung des 7. Senats die auf die Kapitaleinkünfte festgesetzte Steuer zu niedrig sei. Zwar sei die Anwendung der Abgeltungsteuer auf die Kapitaleinkünfte auf Grundlage der geltenden Gesetzeslage zutreffend erfolgt, jedoch würden die zugrunde liegenden Vorschriften gegen die in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Vorgabe der Gleichbehandlung aller Einkunftsarten und einer gleichmäßigen Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit verstoßen. Die Abgeltungsteuer sei daher als verfassungswidrig anzusehen.

Ungleichbehandlung bei Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen und anderen Einkünfte

Die Abgeltungsteuer führe zu einer Ungleichbehandlung zwischen Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielen und denen, die andere Einkünfte erwirtschaften. Während die Kapitalerträge mit einem Steuersatz von 25% besteuert werden, unterliegen die übrigen Einkunftsarten der tariflichen Einkommensteuer, welche bis zu 45% betragen kann.

Die Abgeltungsteuer wurde zum 01.01.2009 mit dem Ziel eingeführt, Deutschland als Finanzplatz attraktiver zu machen und Steuerhinterziehung zu bekämpfen, da zu diesem Zeitpunkt für die Finanzverwaltung keine Möglichkeiten bestand, die Besteuerung von ausländischen Kapitaleinkünften sicherzustellen. Einkünfte aus Kapitalvermögen, wie z.B. Zinsen oder Dividenden werden daher seitdem mit einem Einkommensteuersatz von 25% besteuert. Die Einkommensteuer wird in der Regel von dem Schuldner der Kapitalerträge, insbesondere also von Banken, einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Für die Gläubiger der Kapitalerträge tritt durch diesen Steuerabzug grundsätzlich Abgeltungswirkung ein.

Kein effektiver Steuervollzug durch Abgeltungsteuer

Nach Auffassung des 7. Senats sei die Abgeltungsteuer jedoch nicht dazu geeignet, einen effektiven Steuervollzug oder die Beseitigung eines etwaigen strukturellen Vollzugsdefizits zu verwirklichen. Unabhängig von der Frage der grundsätzlichen Geeignetheit, sei zudem die Erforderlichkeit dieser Regelung in der Zwischenzeit entfallen, da sich die Möglichkeiten der Finanzverwaltung, im Ausland befindliches Vermögen zu ermitteln, stark verbessert hätten.

Fazit

Würde das BVerfG der Auffassung des Niedersächsischen FG folgen und die Abgeltungsteuer als verfassungswidrig ansehen, würde dies weitreichende Folgen nach sich ziehen. Eine Abschaffung dieser Regelung würde im Ergebnis dazu führen, dass Kapitalerträge, wie Zinsen oder Dividenden, nicht wie bisher einer Besteuerung mit 25% unterliegen, sondern abhängig vom Einkommen des Steuerpflichtigen mit einer tariflichen Einkommensteuer von bis zu 45% besteuert würden. Die Stellungnahme des BVerfG bleibt daher mit Spannung abzuwarten.

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