DIPAT hatte für seinen Onlineservice zur Erstellung individueller Patientenverfügungen mit einer vermeintlichen Aussage des Bundesgerichtshofes (BGH) geworben. „Ärzte wissen seit Langem, was der Bundesgerichtshof im Juli 2016 bestätigte: Die meisten Patientenverfügungen sind nutzlos. Denn über 90 % aller Verfügungen sind medizinisch zu ungenau oder veraltet.“ Eine Patientenverfügung von DIPAT gebe dagegen „einzigartige Sicherheit“.
BGH hat vermeintliche Aussage nicht getroffen
Das OLG Dresden untersagte dem Unternehmen die strittige Werbeaussage mit Urteil vom 04.11.2022 (14 U 2095/20). Denn die Aussage war irreführend. In dem BGH-Beschluss, auf den sich das Unternehmen in der Werbung bezog, ging es um einen Einzelfall. Die Richter hatten sich gar nicht über die „meisten Patientenverfügungen“ und deren Nutzen geäußert.
Unzulässige Haftungsklauseln
Das OLG Dresden verbot dem beklagten Unternehmen außerdem drei von sechs Vertragsklauseln, die der vzbv als unzulässig beanstandet hatte. Unter anderem schloss DIPAT jede Haftung für einen Missbrauch von Kundeninformationen durch Dritte aus. Der vollständige Haftungsausschluss geht nach Auffassung des Gerichts deutlich zu weit. Denn damit wäre das Unternehmen selbst dann nicht haftbar, wenn es keinerlei geeignete Vorrichtungen für die Sicherheit des eigenen Rechnersystems trifft und dadurch einen Datenmissbrauch mitverschuldet.
Als unzulässig werteten die Richter auch eine Klausel, nach der das Unternehmen nicht gewährleistet, dass seine Dienste jederzeit ununterbrochen genutzt und erreicht werden können. Die Klausel stehe in diametralem Gegensatz zur Werbung mit einer „garantierten Online-Abrufbarkeit rund um die Uhr“ und schließe die Haftung selbst bei grobem Verschulden und monatelangen Ausfällen oder Einschränkungen aus. Darüber hinaus monierte das Gericht eine Klausel, nach der das Unternehmen Profildaten des Kunden nach zwölf Monaten einseitig löschen darf.
vzbv-Klage nur teilweise erfolgreich
Die Klage des vzbv hatte allerdings nur teilweise Erfolg. Das Unternehmen darf weiterhin damit werben, die von ihm erstellten Patientenverfügungen seien „im Ernstfall tatsächlich wirksam“. Die Verbraucherschützer hatten die Werbung vergeblich als irreführend kritisiert, weil die pauschale Zusage einer wirksamen Patientenverfügung gar nicht möglich sei. Das Oberlandesgericht Dresden schloss sich in diesem Punkt der Auffassung des Landgerichts Leipzig an und entschied, dass Verbraucher*innen bewusst sei, dass im Einzelfall ausnahmsweise eine Patientenverfügung aus den verschiedensten Gründen nicht wirksam sein könne.
Das Gericht lehnte außerdem die Anträge des vzbv auf Untersagung von drei Klauseln in den Geschäftsbedingungen als unbegründet ab, die der Verband unter anderem als nicht ausreichend verständlich kritisiert hatte.