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25.01.2024

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Invalidenrente bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis?

Für die Zahlung einer betrieblichen Invalidenrente kann eine Versorgungsordnung verlangen, dass das Arbeitsverhältnis beendet ist. Doch wenn es bei der Prüfung des Anspruchs durch den Arbeitgeber oder einen anderen Versorgungsträger zu Verzögerungen von mehr als zwei Monaten kommen kann, muss die Invalidenrente auch rückwirkend gezahlt werden, soweit dieser Zwei-Monats-Zeitraum überschritten wird und das Arbeitsverhältnis beendet ist.

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Dr. Thomas Frank
ist tätig in der Praxisgruppe Pensions der internationalen Kanzlei Hogan Lovells.

Dies ist das Ergebnis zweier Urteile des BAG vom 10.10.2023 (3 AZR 250/22) und vom 13.07.2021 (3 AZR 298/20, DB 2021 S. 2159).

Interessenabwägung als Maßstab

Beide Urteile betrafen Versorgungsordnungen in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Diese sind unwirksam, wenn Arbeitnehmer*innen unangemessen benachteiligt werden. Doch dürfen Arbeitgeber die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangen, weil sie Doppelleistungen aus dem Versorgungsverhältnis und dem ruhenden Arbeitsverhältnis (z.B. Urlaubsansprüche, Erhöhung von Betriebsrentenanwartschaften) vermeiden wollen. Zudem dient dies der Planungssicherheit für den Arbeitsplatz.

Der Druck auf die Arbeitnehmer*innen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist demgegenüber zumutbar. Zu diesem Ergebnis kommt das BAG selbst dann, wenn die gesetzliche Erwerbsminderungsrente nur befristet bewilligt wird und somit auch die Zahlung der Invalidenrente befristet ist.

Das BAG formuliert zwei Bedingungen:

  • Arbeitnehmer*innen dürfen nicht gezwungen sein, ihr Arbeitsverhältnis zu beenden, wenn noch nicht feststeht, ob sie Invalidenrente erhalten und
  • sie dürfen nicht gezwungen sein, ihr Arbeitsverhältnis zu beenden, wenn noch nicht feststeht, wie lange der Versorgungsträger (bei der Direktzusage der Arbeitgeber) für die Prüfung der Zahlung benötigt.

Beides sei nach Ansicht des BAG gewährleistet, wenn die Invalidenrente (allein) an den Bezug der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente anknüpfe.

Verzögerung bei der Prüfung der Invalidenrente

Schon 2021 hatte das BAG präzisiert, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses selbst bei Ungewissheit über die Leistungsvoraussetzungen verlangt werden könne, wenn sichergestellt sei, dass die Prüfung des Versorgungsfalles durch den Versorgungsträger nicht länger als zwei Monate dauere. Werde während des Arbeitsverhältnisses ein Antrag auf Invalidenrente gestellt, sei eine Verzögerung von mehr als zwei Monaten unangemessen. Praktisch lässt sich eine solche Verzögerung wohl nie ganz ausschließen, so dass die Zwei-Monats-Grenze immer zu beachten ist.

Zahlungen ab Ende des Arbeitsverhältnisses

Im Ergebnis gewährte das BAG gleichwohl in beiden Fällen die Invalidenrente erst ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Im Fall von 2021 war die Klausel zur Beendigung zwar unwirksam. Doch belässt es das BAG nicht dabei, sondern nimmt eine ergänzende Vertragsauslegung vor, mit der es die entstandene Lücke schließt. Auf diesem Weg kommt das Gericht doch zu dem Ergebnis, dass eine Invalidenrente erst ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt wird. Allerdings schränkt es ein, dass Invalidenrente rückwirkend zu zahlen ist, soweit die Prüfung der Voraussetzungen zwei Monate übersteigt. Allerdings beginnt auch die rückwirkende Zahlung erst ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Entscheidung über die Invalidität

Das BAG erklärt, dass im Fall aus 2021 der Kläger das Arbeitsverhältnis hätte beenden müssen, ohne zu wissen, ob er einen Anspruch auf die Invalidenrente hätte. Doch bestand in beiden Fällen theoretisch ein Anspruch ab Erhalt des Rentenbescheids. Denn der Rentenbescheid war entweder Leistungsvoraussetzung oder zumindest hinreichender Beweis für die Invalidität. Um den vollen Leistungszeitraum der Invalidenrente zu nutzen, müsste das Arbeitsverhältnis gekündigt werden, ohne zu wissen, ob ein Anspruch besteht. Entgegen den vom BAG aufgestellten Anforderungen scheint es dennoch unschädlich zu sein, wenn Arbeitnehmer*innen schon vor Erhalt des Rentenbescheids kündigen müssen.

Der maßgebliche Unterschied beider Fälle liegt darin, ob der Versorgungsträger selbst eine Entscheidung über die Invalidität treffen muss oder nicht. Eine Verzögerung ist – so offenbar die Ansicht des BAG – ausgeschlossen, wenn der Versorgungsfall ohne weiteres eintritt, sobald eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente gezahlt wird. Enthält die Versorgungsordnung dagegen eine eigene Definition der Invalidität, muss der Versorgungsträger dies prüfen. Das kann zu Verzögerungen führen und die Klausel zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist unwirksam (mit der Folge der ergänzenden Vertragsauslegung). Der (bloße) Beweis der Invalidität durch Vorlage eines Rentenbescheids reichte dem BAG nicht aus, um eine Verzögerung bei der Prüfung auszuschließen.

Doch auch die Anknüpfung an eine solche Verzögerung überzeugt nicht. Denn eine Verzögerung bei der Zahlung der Invalidenrente kann auch bei einer Entscheidung des Rentenversicherungsträgers eintreten. Diese Verzögerung nimmt das BAG aber offenbar hin, ohne sie als unangemessen anzusehen. Zudem ist den Arbeitnehmer*innen auch bei einer schnellen Entscheidung des Versorgungsträgers wenig geholfen, wenn die Entscheidung negativ ausfällt, das Arbeitsverhältnis aber (insbesondere wegen langer Kündigungsfristen) bereits beendet wurde.

Schlussfolgerung für Arbeitgeber

Das BAG stellt recht undurchsichtige Regeln auf für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Voraussetzung für eine Invalidenrente. Doch ist für Arbeitgeber entscheidend, dass im Ergebnis die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangt werden kann. Dafür reicht es nicht aus, wenn das Arbeitsverhältnis nur ruht. Wenn aber für den Versorgungsfall eine eigenständige Definition der Invalidität zu prüfen ist, sollte vor dem Hintergrund der BAG-Rechtsprechung vorsorglich einmal hinterfragt werden, unter welchen Voraussetzungen und wann Versorgungsberechtigte zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gezwungen sind.

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