04.09.2025

Rechtsboard

Homeoffice individualvertraglich gestalten

Die Arbeit im „Homeoffice“ ist inzwischen ein fester Bestandteil des Arbeitsalltags der meisten Unternehmen. Der Begriff selbst ist gesetzlich nicht definiert, sodass in der Vertragsgestaltung bisweilen zahlreiche individuelle Modelle und Regelungen existieren.

Nachhaltigkeitsbericht: Die Herausforderung erfolgreich meistern

RA/FAArbR Benjamin Onnis
ist Partner bei der Kanzlei FPS in Berlin

RAin Lena Grebe
ist tätig im Team Arbeitsrecht bei der Kanzlei FPS in Berlin

Einordnung: Homeoffice ist nicht gleich Homeoffice

In der Praxis haben sich bei der Gestaltung des Homeoffice drei Grundformen herausgebildet. Bei der ausschließlichen Homeoffice-Tätigkeit haben die Beschäftigten keinen Arbeitsplatz mehr im Betrieb und erbringen ihre Tätigkeit vollständig von zu Hause. Bei der alternierenden Homeoffice-Tätigkeit bleibt der betriebliche Arbeitsplatz bestehen und für einen festgelegten Teil der Zeit wird zusätzlich das häusliche Büro genutzt. Außerdem gibt es die spontane Homeoffice-Nutzung, bei der Beschäftigte im Einzelfall flexibel entscheiden können, ob sie ihre Arbeit zu Hause erledigen, ohne dass eine feste Quote oder Vorabregelung besteht.

Häufig synonym zum Homeoffice verwendet, rechtlich jedoch zwingend zu unterscheiden ist der Begriff der mobi-len Arbeit. Der Arbeitsort richtet sich hier flexibel nach der jeweiligen Situation der Beschäftigten. Gearbeitet werden kann dann nicht nur zu Hause, sondern flexibel auch im Zug, im Café oder in einem Co-Working-Space. Weil der Arbeitsort hier nicht festgelegt ist, unterscheiden sich Rechte und Pflichten des Arbeitgebers teilweise erheblich von denen im Homeoffice.

Für die Vertragsgestaltung empfiehlt es sich daher, das gewählte Modell klar zu definieren und die Rahmenbedingungen präzise festzulegen: Zulässige Einsatzorte, Anforderungen an IT-Sicherheit und Vertraulichkeit, klare Vorgaben zu Erreichbarkeit und Zeiterfassung sowie eine transparente Regelung zur Kostentragung und Bereitstellung von Arbeitsmitteln durch den Arbeitgeber.

Zwei Entscheidungsebenen: „Ob“ und „Wie“

Zentral für die Formulierung der Homeoffice-Vereinbarung ist ein zweistufiges Vorgehen: Zunächst geht es um die Frage, ob Homeoffice überhaupt erlaubt sein soll. In einem zweiten Schritt ist zu regeln, wie die Arbeit im Homeoffice konkret ausgestaltet wird.

Die Grundsatzentscheidung, ob Homeoffice überhaupt zulässig ist, kann unproblematisch im Arbeitsvertrag bei der Bestimmung des Arbeitsortes geregelt werden. Das „Wie“ betreffend Umfang und Verteilung der Homeoffice-Tage, Erreichbarkeit, Ausstattung, Datenschutz, Zutrittsrechte, Arbeitszeit, Kostentragung, mögliche Auslandseinsätze oder die Beendigung der Vereinbarung erfordern dagegen eine differenzierte Ausgestaltung. All diese Nebenabreden unterliegen der AGB-Kontrolle und müssen daher transparent, angemessen und im ausgewogenen Interesse beider Vertragsparteien formuliert sein.

Die drei Grundmodelle der Vertragsgestaltung

  • Wahlrecht des Arbeitnehmers

Das arbeitsvertragliche Wahlrecht erlaubt es, die Arbeitsleistung innerhalb eines bestimmten Rahmens auch von zu Hause zu erbringen. Dieses Modell ist beliebt, weil es planbar und wenig konfliktträchtig ist. Wichtig ist es, klare Grenzen durch eine Tagesanzahl oder Quote zu setzten, sodass die Nutzung des Homeoffice stets in Abstimmung mit der Führungskraft und unter Berücksichtigung betrieblicher Belange erfolgt. Der Arbeitgeber muss sich im Rahmen der Vertragsgestaltung entscheiden, wie viel Flexibilität für ihn sinnvoll ist. So kann die Vereinbarung fester Homeoffice-Tage zwar die Anwesenheit im Betrieb je nach Bedarf erschweren, bietet dafür aber ein hohes Maß an Planungssicherheit für beide Seiten. Außerdem kann die Benennung einer „Fall-back-Lösung“ hier sinnvoll werden.

Formulierungsbeispiel: „Die Arbeit kann bis zu zehn Wochenarbeitsstunden außerhalb der Betriebsstätte erbracht werden. Die Festlegung der Lage der Homeoffice-Tage erfolgt im Einvernehmen unter Berücksichtigung betrieblicher Belange.“

  • Homeoffice-Pflicht oder Mindestquote

Vereinbart werden kann weiterhin, dass ein verbindlicher Anteil der Tätigkeit im Homeoffice (z.B. drei Tage pro Woche) erbracht wird. Bei einer festen Vereinbarung ist eine saubere Ausstattungs- und Datenschutzregelung unumgänglich. Zudem sollte geregelt werden, wie mit Projektspitzen, Einarbeitung oder Präsenzterminen umzugehen ist, und wann Abweichungen möglich sind.

  • Leistungsbestimmungsrecht

Schließlich kann vertraglich einem der Vertragspartner ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt werden. In der Praxis ist vor allem das Arbeitgeber-Bestimmungsrecht relevant. Der Arbeitgeber kann hier die Arbeit im Homeoffice oder in Präsenz anordnen. Diese Anordnung muss dabei zwingend an billiges Ermessen gebunden sein, darf also nicht nach freiem Belieben ausgeübt werden. Eine transparente Interessenabwägung zwischen betrieblichen Gründen und persönliche Belangen sowie eine angemessene Ankündigungsfrist sind die tragenden Elemente einer AGB-festen Klausel.

Praxistipp: Beispielhafte Anlässe („Team-Workshops, Vertraulichkeit, Einarbeitung, Störungen im Betriebsablauf“) sollten in der Vereinbarung genannt werden, ohne sich darauf abschließend festzulegen. So wird die Ausübung kalkulierbar, ohne dass Handlungsspielraum verloren geht.

Kostentragung: Wer bezahlt was?

Häufig bleibt in Homeoffice-Vereinbarungen offen, wer die Kosten für den häuslichen Arbeitsplatz trägt. Dabei gilt es gerade dies in Anbetracht fehlender gesetzlicher Vorschriften zum Homeoffice zu regeln. Denn im Ausgangspunkt schuldet der Arbeitnehmer grds. nur seine Arbeitskraft; die Organisation des Arbeitsortes ist Sache des Arbeitgebers. Daraus wird in der Praxis häufig ein Aufwendungsersatzan-spruch hergeleitet, jedenfalls wenn die Homeoffice-Nutzung überwiegend im Interesse des Arbeitgebers liegt oder er sie anordnet.

Wird hingegen nur ein Wahlrecht gewährt und bleibt ein vollwertiger Arbeitsplatz im Betrieb vorhanden, spricht viel dafür, dass keine gesetzliche Pflicht zur Übernahme typischer laufender Privatkosten wie Strom, Heizung und Internet entsteht. In diesem Fall kann vertraglich eine maßvolle Pauschale vorgesehen oder die Kostentragung ausgeschlossen werden, ohne gegen AGB-Recht zu verstoßen. Vorausgesetzt, die Regelung ist transparent, verhältnismäßig und beschreibt klar, welche Kosten vom Arbeitgeber weiterhin getragen werden z.B. Hardware, notwendige Software, Lizenzen und IT-Support.

Praxistipp: Sachausstattung wie Laptop, Monitor, Headset als Eigentum des Arbeitgebers sollten auf einer Inventarliste von laufenden Nebenkosten getrennt werden. Die Kostentragung der Nebenkosten sollte eindeutig geregelt werden.

Arbeitszeit, Erreichbarkeit und Zeiterfassung

Homeoffice entzieht sich weder dem Arbeitszeitrecht noch der Pflicht zur verlässlichen Arbeitszeiterfassung. Vertrauensarbeitszeit bleibt möglich, betrifft aber nur die Lage der Arbeit. Der Arbeitsvertrag sollte deshalb auf ein konkretes Erfassungssystem verweisen und Zuständigkeiten im Hin-blick auf die Dokumentation enthalten. Weiterhin gilt es zur Einhaltung des Arbeitszeitgesetztes die Erreichbarkeit zu regeln.

Praxistipp: Empfehlenswert sind Kernzeitfenster für die Zusammenarbeit und der ausdrückliche Hinweis, dass außerhalb der verein-barten Zeiten keine ständige Erreichbarkeit geschuldet ist. Auch die Leistung von Überstunden sollte ausdrücklich geregelt werden.

Arbeitsschutz und Zutrittsrechte

Auch wenn der Arbeitnehmer von zu Hause arbeitet, bleibt der Arbeitgeber für den Arbeitsschutz verantwortlich. Praktikabel sind Selbstaudits per Checkliste, kurze Online-Unterweisungen und Foto- oder Videonachweise der ergonomischen Einrichtung des Arbeitsplatzes. Ein Zutrittsrecht zur Wohnung ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nur mit vorheriger Einwilligung, zu einem konkreten Zweck, mit Terminabstimmung und auf den Arbeitsbereich beschränkt durchsetzbar.

Wird ein Arbeitsplatz im Homeoffice vereinbart, müssen Einrichtung und regelmäßige Beurteilung des Arbeitsplatzes verlässlich organisiert sein; hier bietet sich eine enge Verzahnung mit dem betrieblichen Arbeitsschutzmanagement an.

Praxistipp: Selbstaudit, Fotos und Remote-Begehung per Video, sollten vorrangig und in Kombination genutzt werden, bevor ein körperliches Zutrittsrecht in Erwägung gezogen wird. Das wahrt die Privatheit und reduziert Konfliktpotenzial.

Datenschutz, IT-Sicherheit und Geheimhaltung

Homeoffice erhöht die Angriffsflächen auf vertrauliche betriebliche Information: Familienmitglieder, Gäste, private Geräte und Cloud-Dienste. Der Vertrag sollte ein striktes Verbot privater Speichermedien vorsehen und die Nutzung dienstlicher Geräte verpflichtend machen. BYOD ist nur mit Mobile-Device-Management und enger Zweckbindung vertretbar; die risikoärmste Lösung bleibt die ausschließliche Nutzung von Arbeitgeber-Hardware.

VPN-Nutzung, Passwortrichtlinien, Bildschirmsperre und „Clean Desk at Home“ sollten ausdrücklich geregelt sein, genauso wie der Umgang mit Papierakten betreffend die Aufbewahrung, den Transport und die Vernichtung. Bei einer Fernwartung muss die Einsichtnahme in personenbezogene Daten minimiert und protokolliert werden.

Rückruf in den Betrieb und Beendigung der Vereinbarung

Trotz aller Digitalisierung ist die Anwesenheit im Betrieb manchmal unumgänglich. Ein Rückrufrecht aus dem Homeoffice kann daher sinnvoll sein, ist aber nur zulässig, wenn es an billiges Ermessen gebunden ist und eine Ankündigungsfrist vorsieht. Sinnvoll sind zwei Stufen: Ein geplanter Rückruf für konkrete Termine mit z.B. zwei Wochen Vorlauf für Workshops, (Re-)Onboarding oder Vertraulichkeitskonstellationen. Ein Eilrückruf mit kurzer Frist kann für betriebliche Notfälle, und vor allem bei Sicherheitsvorfällen vereinbart werden. Die Gründe sind in jedem Fall zu benennen und die Interessen des Arbeitnehmers abzuwägen.

Für die Beendigung einer freiwilligen Homeoffice-Option empfiehlt sich eine Kündigungsmöglichkeit mit angemessener Frist und Begründung. Bei Pflichtmodellen sollten die Voraussetzungen für eine Änderung wie z.B. dauerhafte Leistungs- oder Compliance-Probleme oder geänderte betriebliche Anforderungen umschrieben werden.

Praxistipp: Die Ermessensentscheidung sollte knapp unter „Anlass, Al-ternativen, Abwägung“ dokumentiert werden. Diese Notiz hilft im Streitfall und diszipliniert die Praxis.

Auslandseinsatz: Kurz und klar

Arbeit aus dem Ausland kann steuer- und sozialversicherungsrechtliche Folgen bis hin zur Einordung als Betriebsstätte haben. Für den Standardfall sollte der Vertrag die Erlaubnis zur Tätigkeit aus dem Homeoffice auf das Inland beschränken und Ausnahmen nur nach vorheriger Genehmigung und Prüfung zulassen. Erforderlich wird dann die Angabe von Ort, Zeitraum, Tätigkeiten und konkreten IT-Zugriffen. Das schützt vor unbeabsichtigten Dauerlösungen und signalisiert Compliance.

Mitbestimmung und Schnittstellen

In mitbestimmten Betrieben ist die Ausgestaltung mobiler Arbeit und der Arbeit aus dem Homeoffice mitbestimmungspflichtig. Die arbeitsvertragliche Homeoffice-Vereinbarung sollte daher klarstellen, dass eine bestehende Betriebsvereinbarung vorrangig gilt. Schnittstellen zu IT-Richtlinien, Datenschutz- und Informationssicherheitsrichtlinien, Reisekosten- oder Spesenordnungen sind ausdrücklich zu benennen, damit die Regelungsarchitektur für Beschäftigte und Führungskräfte durchschaubar bleibt.

Praxistipp: Es ist sinnvoll, mit einer Vertragskaskade zu arbeiten: Arbeits-vertrag als Grundsatz zur Festlegung des Modells, Verweis auf BV/Richtlinie für Details und Anlagen für TOM, Checklis-ten und Inventar. Flexible Regelungsgegenstände wandern in die BV/Richtlinie und der Vertrag bleibt bei Änderungen stabil.

Fazit

Gute Homeoffice-Verträge folgen einem einfachen Dreischritt: Modellwahl, AGB-feste Ausgestaltung (Transparenz, billiges Ermessen, angemessene Fristen, klare Kostenregel) und Schnittstellenklarheit (Arbeitsschutz, Arbeitszeit, Datenschutz, IT-Security, Ausland). Wer das „Ob“ als Bestandteil der Hauptleistung sauber festlegt und das „Wie“ realistisch und verständlich regelt sowie die Ermessensausübung dokumentiert, erhält ein praxistaugliches Gefüge mit einfacher Handhabung für den Arbeitgeber.

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