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20.02.2020

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Hinzurechnungsbesteuerung: Geplante Anpassungen durch das ATADUmsG

Die geplanten Änderungen des deutschen Steuerrechts durch das Gesetz zur Umsetzung der Anti-Tax-Avoidance-Directive (kurz: ATADUmsG) könnten zu gravierenden Auswirkungen führen. Ein wesentlicher Bestandteil des am 10.12.2019 veröffentlichten sind die geplanten Anpassungen im Bereich der Hinzurechnungsbesteuerung. Trotz der nur sehr kurzen Frist zur Stellungnahme von knapp drei Tagen, wurden die geplanten Anpassungen von den Verbänden (u.a. des BDI) scharf kritisiert. Im Laufe des weiteren Gesetzgebungsverfahrens und damit vor der unausweichlichen Anpassung der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung wäre eine tiefergehende fachliche Diskussion über den Referentenentwurf sinnvoll und wünschenswert. Nach dem geplanten Entwurf wären die angepassten Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung ansonsten rückwirkend ab dem 01.01.2020 anzuwenden.

Hinzurechnungsbesteuerung: Geplante Anpassungen durch das ATADUmsG

StB Dipl.-Fw. (FH) Raphael Baumgartner
P+P Pöllath + Partners Rechtsanwälte und Steuerberater mbB, München

Wieso sind die bestehenden Regelungen anzupassen und ab wann sind diese wirksam?

Getrieben von den Ergebnissen des BEPS-Projekts wurde im Juni 2016 die Anti-Tax-Avoidance-Directive (ATAD) beschlossen. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union waren hierdurch verpflichtet, bis spätestens zum 31.12.2018 Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung (sog. CFC-Taxation) in nationales Recht umgesetzt zu haben. Da die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung den Vorgaben der ATAD in wesentlichen Punkten nicht entspricht, hätte der Gesetzgeber diese fristgerecht angleichen müssen. Der Referentenentwurf des ATADUmsG sieht deswegen insoweit eine rückwirkende Anwendung der Neuregelung ab dem 01.01.2020 vor. Zwischen Veröffentlichung des Entwurfs und dem geplanten Inkrafttreten lägen somit nur 21 Tage. Allein aus diesem Grund und aufgrund der spannenden Frage einer verfassungsrechtlich zulässigen Rückwirkung, sollte die neue Hinzurechnungsbesteuerung frühestens ab 2021 Anwendung finden.

Das Beherrschungskonzept

Im geltenden Recht reicht eine „zufällige“ Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft von mehr als 50% von (allen) in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen aus. Im neuen Recht muss ein Inländer die ausländische Gesellschaft „beherrschen“ (§ 7 Abs. 1 AStG-E). Eine Beherrschung in diesem Sinne liegt vor, wenn dem Inländer alleine oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen (i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG) mehr als die Hälfte der Anteile, Stimmrechte, des Kapitals oder des Gewinnanspruchs zuzurechnen sind (§ 7 Abs. 2 AStG-E). Ungeachtet dessen sind Personen einander nahestehend, wenn sie durch abgestimmtes Verhalten zusammenwirken, was bei Gesellschaftern einer Personengesellschaft widerlegbar vermutet wird. Dem folgend kann es auch zu einer Hinzurechnungsbesteuerung kommen, wenn ein Inländer zu weniger als 50% an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist, wie nachfolgendes Beispiel zeigt:

Die deutsche A-GmbH ist zu 30% an der ausländischen Z-Ltd. beteiligt. An der A-GmbH ist die luxemburgische B-S.á r.l. zu 100% beteiligt. Daneben ist die B-S.á r.l. zu 21% an der Z-Ltd. beteiligt. Während im aktuellen Recht die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 AStG nicht erfüllt sind, wären die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 AStG-E erfüllt, da die Beteiligung der B-S.á r.l. an der Z-Ltd. bei der Ermittlung der Beherrschung der Z-Ltd. durch die A-GmbH zu berücksichtigen wäre (30% + 21% = 51%).

Besonders interessant ist die Neuregelung auch hinsichtlich des Zusammenwirkens durch abgestimmtes Verhalten. Hier wären sowohl eine detaillierte Erläuterung zu einem „abgestimmten Verhalten“ sowie der Möglichkeit zur Widerlegung eines solchen bei den Gesellschaftern einer Personengesellschaft wünschenswert.

Gewinnausschüttungen im neuen „Aktiv-Katalog“

Bisher waren Gewinnausschüttungen ausnahmslos aktive Einkünfte (§ 8 Abs. 1 Nr. 8 AStG). Im neuen Recht sollen Dividenden grundsätzlich weiterhin aktiv sein. Hiervon soll es jedoch drei Ausnahmen geben:

1. Korrespondenzprinzip:

eine Dividende ist passiv, wenn sie das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert hat, es sei denn

  • die leistende Körperschaft ist mit den der Ausschüttung zugrunde liegenden Einkünften Zwischengesellschaft oder
  • eine verdeckte Gewinnausschüttung erhöht das Einkommen der ausländischen Gesellschaft oder einer nahestehenden Person und dieses Einkommen wird nicht niedrig besteuert;

2. Streubesitzbeteiligungen:

eine Dividende ist passiv, wenn die Beteiligung an der ausschüttenden Gesellschaft weniger als 10% beträgt;

3. Handelsbestand:

eine Dividende ist passiv, wenn sie im Handelsbestand von Kreditinstituten gehalten werden (§ 8b Abs. 7 KStG).

Das neue Recht „importiert“ somit die Vorschriften des § 8b KStG in die Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung. Folgendes Beispiel veranschaulicht mögliche Konsequenzen der Neuregelung:

A ist eine unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Person und zu 100% an der niedrig besteuerten ausländischen Z-Ltd. beteiligt, die wiederum zu 5% an der E-Ltd. (aktive Einkünfte) beteiligt ist. Die E-Ltd. schüttet eine Dividende an die Z-Ltd. aus.

Im aktuellen Recht wären die Dividendeneinkünfte als aktive Einkünfte nach § 8 Abs. 1 Nr. 8 AStG zu qualifizieren, während sie im neuen Recht nach § 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG-E als passive Einkünfte zu erfassen wären, die niedrig besteuert sind. A hätte die Dividende somit trotz fehlender Ausschüttung an ihn (dry-income) mit seinem individuellen Steuersatz von bis zu 48,5% (inkl. Solidaritätszuschlag) zu versteuern. Im Vergleich zur gültigen Rechtslage, in der ohne Ausschüttung keine Besteuerung des A erfolgen könnte, bedeutet dies eine signifikante Mehrbelastung. Anzumerken ist jedoch, dass die Dividende bei Direktbezug durch A „immerhin“ der Abgeltungssteuer (26,375%) unterliegen würde. Für A bestünde folglich akuter Handlungsbedarf.

Eine spätere Doppelbesteuerung bei einer tatsächlichen Ausschüttung der Z-Ltd. soll zeitlich unbegrenzt durch einen Kürzungsbetrag vermieden werden (§ 11 AStG-E). Die aktuell gültige Begrenzung auf sieben Jahre soll somit entfallen.

Auffällig ist außerdem, dass der Wortlaut nur „Gewinnausschüttungen von Kapitalgesellschaften (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG)“ erfasst. Bei einer strengen Auslegung am Wortlaut wären insbesondere Liquidationsausschüttungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG) immer passiv. Ein Ergebnis, welches aufgrund der strukturellen Vergleichbarkeit einer Liquidationszahlung mit einer Dividende nicht nachvollziehbar wäre. Gleiches gilt auch für eine Vermeidung der Doppelbesteuerung im Liquidationsfall, da auch § 11 AStG-E nicht auf § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG verweist.

Niedrigbesteuerung

Während man in der Vergangenheit immer wieder einen Steuersatz von 15% gelesen hat, sieht der Referentenentwurf als Niedrigsteuergrenze weiterhin einen Steuersatz von 25% vor. „ATAD-konform“ wären demgegenüber wohl auch eine Niedrigsteuergrenze von 7,5%, in jedem Fall aber die bekannten 15%. Da eine ausländische Steuer auch weiterhin nur auf die Körperschaftsteuer anrechenbar wäre, bliebe es nach dem aktuellen Entwurf bei einem Anrechnungsüberhang, wenn die ausländische Steuer mehr als 15% und weniger als 25% beträgt. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren dürfte diese Grenze daher steuersystematisch aber auch insbesondere symbolisch den Mittelpunkt der Diskussion darstellen.

Ausblick

Insbesondere unter Berücksichtigung der Vorgaben der ATAD und der sehr kurzen Frist zwischen Bekanntmachung und vermeintlichem Wirksamwerden der neuen Hinzurechnungsbesteuerung sollte

  • sich der Gesetzgeber intensiv mit dem Gesetzesvorhaben auseinandersetzen, um bestehende Verwerfungen zu beseitigen,
  • eine Anwendung der Regelungen frühestens ab 2021 stattfinden, damit bestehende Strukturen gegebenenfalls angepasst werden können und
  • der Niedrigsteuersatz auf (zumindest) 15% abgesenkt werden.

Weitere Autoreninformationen:


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