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29.07.2020

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Haftungsrisiken bei Wechsel von Kurzarbeit zum Personalabbau vermeiden

Während der Coronakrise haben viele Unternehmen von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Kurzarbeitergeld zu beantragen. Damit konnten die laufenden Kosten reduziert und Liquiditätsengpässe überwunden werden. Die neue Normalität nach dem Lockdown zwingt nun jedoch viele Unternehmen, ihr Geschäftsmodell anzupassen. Das hat auch Auswirkungen auf die Arbeitsplätze. Teilweise müssen Betriebe sogar komplett geschlossen werden. Die Hoffnung, nach dem Lockdown wie bisher weiterzuarbeiten, bestätigt sich in vielen Fällen nicht. Wenn dies einen Wechsel von Kurzarbeit auf betriebsbedingte Kündigungen erforderlich macht, muss sorgfältig gearbeitet werden. Sonst droht, dass das Kurzarbeitergeld zurückgezahlt werden muss. Dies wiederum würde das Überleben vieler Unternehmen gefährden.

Nachhaltigkeitsbericht: Die Herausforderung erfolgreich meistern

Dr. Lars Mohnke
Partner, Hogan Lovells, München

Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld

Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht, wenn ein

erheblicher Arbeitsausfall

mit Entgeltausfall vorliegt, die betrieblichen und persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist (§ 95 SGB III). Ein Arbeitsausfall ist erheblich, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, er vorübergehend und nicht vermeidbar ist und mindestens 10 % der Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von mehr als 10 % betroffen sind (§ 96 Abs. 1 SGB III). Die Bundesagentur für Arbeit erkennt die Coronakrise als

unabwendbares Ereignis

an. Allerdings muss die begründete Annahme bestehen, dass der

Arbeitsausfall nur vorübergehend

und nicht endgültig ist.

Voraussetzungen für betriebsbedingte Kündigungen

Voraussetzung für betriebsbedingte Kündigungen ist dagegen unter anderem, dass der

Beschäftigungsbedarf dauerhaft entfallen

ist. Der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs kann auf inner- oder außerbetrieblichen Ursachen beruhen. Die inner- oder außerbetrieblichen Ursachen führen allein nicht zum Wegfall von Arbeitsplätzen. Vielmehr bedarf es einer gestaltenden

unternehmerischen Entscheidung

(z.B. einen Betrieb oder eine Abteilung zu schließen).

Vorgehen

Wenn Mitarbeiter abgebaut werden müssen, für die Kurzarbeitergeld beantragt wurde, könnte die Agentur für Arbeit vermuten, dass gar kein vorübergehender, sondern von Anfang an ein dauerhafter Arbeitsausfall vorlag. Das

Kurzarbeitergeld

müsste dann ggf.

zurückgezahlt

werden. Um schnell auszahlen zu können, wurde Kurzarbeitergeld häufig vorläufig gewährt. Bei späteren Prüfungen der Bescheide oder im Rahmen einer Betriebsprüfung könnten unangenehme Rückfragen gestellt werden, wenn zwischenzeitlich Kündigung erfolgt sind. Für die Geschäftsleitung können sich zudem

erhebliche strafrechtliche Risiken

ergeben. Die Einführung von Kurzarbeit ist nach den zugrunde liegenden Betriebsvereinbarungen oder Individualvereinbarungen häufig davon abhängig, dass Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht. Wenn dies nicht der Fall ist, könnten die Mitarbeiter

die Zahlung der

ausgefallenen Vergütung

und zwar in voller Höhe verlangen. Wenn

betriebsbedingte Kündigungen

ausgesprochen werden, könnten sich Mitarbeiter im Kündigungsschutzverfahren auf den Standpunkt stellen, dass diese mangels dauerhaften Wegfalls des Beschäftigungsbedarfs

nicht wirksam

sind. Als Indiz würden sie im Zweifel die Kurzarbeit anführen. Eine

gute Vorbereitung

ist der Schlüssel, um die dargestellten Risiken zu vermeiden. Die Prognose zum Arbeitsausfall zum Zeitpunkt der Einführung der Kurzarbeit kann sich ändern. Die Folgen der Coronakrise für das Geschäftsmodell ließen sich im März und April nur schwer prognostizieren. Dies kann eine

neue Prognose

rechtfertigen, die zu einer Anpassung des Geschäftsmodells mit entsprechenden Auswirkungen auf den Beschäftigungsbedarf führt. Die Situation zum Zeitpunkt der

Einführung von Kurzarbeit

sollte bereits sauber aufgearbeitet sein. Es sollte sorgfältig dokumentiert sein, welche Annahmen der Prognose zugrunde lagen, dass der Arbeitsausfall nur vorübergehend ist. Nunmehr sollte dokumentiert werden, welche Tatsachen sich geändert haben, die nun zu einer

anderen Betrachtung

führen. Dies kann beispielsweise die Annahme sein, dass der Absatz nicht nur vorübergehend während und unmittelbar nach dem Lockdown, sondern langfristig einbricht und deshalb die Produktion dauerhaft gedrosselt oder ein Produkt oder eine Produktlinie komplett eingestellt werden muss. Die

unternehmerische Entscheidung

und deren Auswirkungen auf die Arbeitsplätze (z.B. Schließung eines Betriebs oder von Betriebsabteilungen) sollte

schriftlich dokumentiert

werden. Dies ist ohnehin erforderlich, um sich in Kündigungsschutzverfahren verteidigen zu können. Liegt eine solche saubere Fakten- und Aktenlage vor, lässt sich begründen, dass ursprünglich die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld gegeben waren. Die

Agentur für Arbeit

muss über relevante Änderungen informiert werden. Eine

enge Abstimmung

empfiehlt sich, um keine bösen Überraschungen zu erleben. Denkbar ist es auch, dass in einem Teil des Betriebs weiter Kurzarbeit durchgeführt und in einem anderen Teil (z.B. weil ein Produkt oder eine Produktlinie eingestellt wird) abgebaut wird. Die Hintergründe für eine solche

Kombination von Kurzarbeit und Personalabbau

sollten sorgfältig geprüft und dokumentiert werden.

Timing

Wichtig ist auch das Timing. Die Agentur für Arbeit geht davon aus, dass die

Grundlage für die Gewährung des Kurzarbeitergelds entfällt

, wenn der Arbeitgeber die unternehmerische Entscheidung, einen Betrieb oder Betriebsteile zu schließen oder einen erheblichen Personalabbau durchzuführen, trifft und konkrete Umsetzungsschritte einleitet (z.B. Ausspruch von Kündigungen oder Abschluss eines Interessenausgleichs). Das bedeutet, dass

während der Kündigungsfristen kein Kurzarbeitergeld

in Anspruch genommen werden kann. Besondere Herausforderungen ergeben sich, wenn vor dem Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen noch mit dem

Betriebsrat

wegen Vorliegens einer Betriebsänderung über einen Interessenausgleich und Sozialplan verhandelt werden muss. Da dies gewisse Zeit in Anspruch nehmen wird, empfiehlt es sich, ergebnisoffen in die Verhandlungen zu starten und deren Ergebnis erst später mit dem Abschluss des Interessenausgleichs zu dokumentieren und erst zu diesem Zeitpunkt eine endgültige unternehmerische Entscheidung zu treffen. Dies kann helfen, dass das Kurzarbeitergeld noch bis zur Unterzeichnung des Interessenausgleichs weitergewährt wird.

Fazit

Der Wechsel von Kurzarbeit zum Personalabbau muss

gut überlegt und vorbereitet

werden. Eine

saubere Dokumentation

der angestellten Prognosen hinsichtlich der Entwicklung des Beschäftigungsbedarfs und eine Niederlegung der getroffenen

unternehmerischen Entscheidung

sind wesentliche Grundlagen, damit das Kurzarbeitergeld nicht wegen eines zwischenzeitlich erforderlich gewordenen Personalabbaus zurückgezahlt werden muss. 


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