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07.06.2021

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Gute Nachrichten für private Anleger – BFH hält Beschränkung der Verlustverrechnung für Aktien für verfassungswidrig!

Private Anleger können Verluste aus Kapitalvermögen bekanntermaßen lediglich mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnen. So ist es beispielsweise nicht möglich, dass Verluste aus Aktien mit gewerblichen Einkünften i.S.d. § 15 EStG ausgeglichen werden dürfen. Vielmehr kommt es nach § 20 Abs. 6 EStG zu einer sog. Schedulenbesteuerung. Darüber hinaus enthält die Regelung des § 20 Abs. 6 EStG für bestimmte Verluste weitere Einschränkungen, welche für private Anleger sehr ärgerlich sind.

Gute Nachrichten für private Anleger – BFH hält Beschränkung der Verlustverrechnung für Aktien für verfassungswidrig!

StBin Dipl.-Kffr. Dr. Katrin Dorn
Partnerin bei Möhrle Happ Luther sowie Fachberaterin für Unternehmensnachfolge (DStV. e. V.), Hamburg

Beschränkte Verlustverrechnung für Aktienveräußerungsverluste

Eine Einschränkung gilt für Verluste aus Aktien. So konnten diese Verluste bislang lediglich mit Gewinnen aus Aktienveräußerungen verrechnet werden. Liegen entsprechende Gewinne nicht vor, ist eine Verrechnung erst in späteren Jahren möglich. Die Banken halten dafür entsprechende Verlustverrechnungstöpfe vor, weil die Verluste aus Aktien insoweit von den „anderen Verlusten“ aus Kapitalvermögen zu separieren sind. Gegen diese Beschränkung wehrte sich ein Ehepaar mit der Klage vor dem Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht. Dieses hatte zwar mit Urteil vom 28.02.2018  (5 K 69/15) entschieden, dass die Beschränkung des Verlustausgleichs bei Verlusten aus der Veräußerung von Aktien verfassungsgemäß ist, diese Frage jedoch aufgrund ihrer grundsätzlichen Bedeutung dem BFH zur Entscheidung vorgelegt.

BFH hält Regelung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG a.F. für verfassungswidrig

Der BFH hat nun in dem Revisionsverfahren (VIII R 11/18) entschieden, dass er die Regelung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG a.F. (heutiger Satz 4) für verfassungswidrig hält und eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt. Für die Anleger sind dies gute Nachrichten. Denn sollte das BVerfG die Auffassung des BFH bestätigen (wofür vieles spricht), können Verluste aus Aktien (z.B. auch aus der Veräußerung von Wirecard-Aktien) auch mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen (wie z.B. Dividenden und Zinsen) verrechnet werden. In vielen Fällen dürfte dies dazu führen, dass die Verluste „schneller“ steuerlich geltend gemacht werden können, zumindest, wenn der private Anleger auch andere Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt. Darüber hinaus würde es jedoch dabei bleiben, dass die Verluste aus Aktien nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten (z.B. aus Gewerbebetrieb oder selbstständiger/nichtselbstständiger Tätigkeit) steuerlich verrechnet werden können, weil der BFH insoweit die Abzugsbegrenzung im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit nicht beanstandet hat. Vorsorglich sollte gegen die derzeitige fehlende Verrechenbarkeit von Verlusten aus Aktien weiterhin Einspruch eingelegt werden.

Auswirkungen auf die weiteren Beschränkungen des § 20 Abs. 6 EStG wahrscheinlich

Darüber hinaus ist es wahrscheinlich, dass sich die Entscheidung des BVerfG auch auf die weiteren Beschränkungen in § 20 Abs. 6 EStG auswirkt. So sieht § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG vor, dass Verluste aus Termingeschäften lediglich mit Gewinnen aus diesen Geschäften sowie Stillhalterprämien und darüber hinaus nur in Höhe von 20.000 € p.a. steuerlich berücksichtigt werden können. § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG sieht zudem eine Einschränkung für den Ausfall und die Übertragung von wertlosen Wirtschaftsgütern (z.B. Ausbuchung von Aktien, Ausfall privater Darlehen) vor; auch diese Verluste sollen lediglich in Höhe von 20.000 € p.a. berücksichtigt werden können, wobei eine Verrechnung mit allen Einkünften aus Kapitalvermögen (z.B. Zinsen und Dividenden) möglich ist. Da diese Regelungen der Sätze 5 und 6 zum Teil mit der Einschränkung der Verlustberücksichtigung von Aktien in § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG vergleichbar sind und durch die Beschränkung auf einen jährlichen Höchstbetrag von 20.000 € über diese hinausgehen, ist es wahrscheinlich, dass dann auch diese Regelungen als verfassungswidrig anzusehen sind. Hier wäre es erfreulich, wenn der Gesetzgeber bereits im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG (gern auch vorher) reagiert und nicht erst weitere Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungen geführt werden müssen. Auch hier sollten die Steuerpflichtigen zunächst Einspruch einlegen, sofern sie von diesen Regelungen der § 20 Abs. 6 Sätze 5 und 6 EStG betroffen sind.

Keine Verrechnungsbeschränkungen für Verluste aus Zertifikaten und Optionsscheinen

Erfreulich ist für Anleger im Zusammenhang mit § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG bereits heute, dass nach Auffassung der Finanzverwaltung Zertifikate und Optionsscheine nicht als Termingeschäfte gelten (BMF-Schreiben vom 03.06.2021). Damit fallen die Verluste aus diesen Geschäften nicht unter die Regelung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG. Hier hat die Finanzverwaltung zugunsten der Anleger entschieden. Im Ergebnis unterliegen diese Verluste nicht der Beschränkung, wonach diese Verluste lediglich mit Gewinnen aus Termingeschäften oder sog. Stillhalterprämien und zwar nur in Höhe von 20.000 € p.a. verrechnet werden dürfen. Auch diese Regelung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG hat seit ihrer Einführung ab 2021 in der Praxis zu erheblicher Kritik geführt.

Fazit

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass sowohl der Vorlagebeschluss des BFH als auch das BMF-Schreiben vom 03.06.2021 gute Nachrichten für die privaten Anleger enthalten, auch wenn die finale Entscheidung des BVerfG noch aussteht. Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber zeitnah auf die aktuellen Entwicklungen reagiert und bestenfalls die Einschränkungen bzgl. der Verlustberücksichtigung des § 20 Abs. 6 Sätze 4, 5 und 6 EStG aufhebt

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