Doch inwiefern gilt dieser Grundsatz, wenn die Zweckbefristung eines Arbeitsverhältnisses an einen Umstand anknüpft, der die Betriebsänderung bedingt? Erleiden befristet beschäftigte Arbeitnehmer dann doch Nachteile durch die Umsetzung der Betriebsänderung und dürfen nicht mehr aus dem Anwendungsbereich eines Sozialplans – durch Gruppenbildung oder Stichtagsklauseln – herausgenommen werden?
Vorinstanz sorgte noch für Unsicherheit
Hier bestand nach der Entscheidung der Vorinstanz (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.09.2022 – 8 Sa 425/22) zunächst Unsicherheit. Die Parteien stritten über die Zahlung einer Sozialplanabfindung. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete aufgrund Befristung, sodass die Beklagte mit Verweis auf den Ausschluss im Sozialplan eine Zahlung verweigerte. Der Kläger argumentierte, die Gruppenbildung und die Stichtagsregelung des streitgegenständlichen Sozialplans verstießen gegen das Diskriminierungsverbot nach § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG und seien deswegen unwirksam.
Die Beklagte sah in den Regelungen des Sozialplans keine ungerechtfertigte Diskriminierung. Das Arbeitsverhältnis habe nicht aufgrund der Betriebsänderung geendet, sondern die Beendigung sei aufgrund der Schließung des Flughafens eingetreten. Dies sei bereits bei Abschluss des Anstellungsvertrages bekannt gewesen. Das Arbeitsverhältnis habe aufgrund der wirksamen Befristung geendet und nicht aufgrund der Betriebsänderung. Somit handele es sich um eine zulässige unterschiedliche Behandlung zwischen befristeten und unbefristeten Arbeitnehmern.
Erfolgte Klarstellungen durch das BAG: Stichtagsregelung und Gruppenbildung wirksam
Das BAG hat nun klargestellt, dass die Herausnahme von zweckbefristeten Arbeitsverhältnissen aus dem Anwendungsbereich jedenfalls dann wirksam ist, wenn der Arbeitgeber den Eintritt des Zwecks nicht selbst beeinflussen kann, weil dieser im Einflussbereich einer dritten Partei liegt. Der erste Senat gab der Revision statt, hob das Urteil des LAG auf und wies die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurück.
Das BAG hält die Stichtagsregelung für wirksam. Die Gruppenbildung sei eine personenbezogene Differenzierung. Diese sei mit Blick auf den vom Sozialplan verfolgten Zweck sachlich gerechtfertigt, denn sie diene dem Ausgleich oder der Milderung solcher wirtschaftlichen Nachteile, die infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen. Es entspreche einem allgemeinen sozialpolitischen Interesse, dass Sozialpläne danach unterscheiden können, welche wirtschaftlichen Nachteile den Arbeitnehmern drohen, die ihren Arbeitsplatz durch eine Betriebsänderung verlieren. Somit könnten die Betriebsparteien der Notwendigkeit Rechnung tragen, die nur begrenzt zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel gerecht zu verteilen.
Die Betriebsparteien durften im Streitfall typisierend annehmen, dass die Arbeitnehmer, die ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nach dem Datum der – ursprünglich – beabsichtigten Betriebsstilllegung begründet haben, keine durch den Sozialplan auszugleichenden wirtschaftlichen Nachteile haben. Zum Einstellungszeitpunkt habe bereits festgestanden, dass die Beklagte ihren Betrieb ab Neueröffnung des anderen Flughafens stilllegen würde. Folglich konnten befristet Beschäftigte nicht erwarten, im Anschluss an ihren befristeten Arbeitsvertrag in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden.
Etwas anderes folge auch nicht aus der vorübergehenden Fortführung des Betriebs, denn die bereits geplante Betriebsstilllegung habe zu keinem Zeitpunkt infrage gestanden. Lediglich die Dauer der Betriebsfortführung sei unklar gewesen; sie habe ausschließlich vom Zeitpunkt der Eröffnung des neuen Flughafens und damit von einem außerhalb des Einflussbereichs der Beklagten liegenden Umstand abgehangen. Schließlich sei der von den Betriebsparteien gewählte Stichtag nicht allein wegen der nachfolgenden Dauer der befristet vereinbarten Arbeitsverhältnisse – hier sieben Jahre –unwirksam.
Fazit und Handlungsempfehlungen
Dementsprechend sind derartige Regelungen in Sozialplänen also weiterhin zulässig, entweder durch eine Gruppenbildung oder eine Stichtagsklausel. Vorsicht geboten ist jedoch bei der Herausnahme von zweckbefristeten Arbeitsverhältnissen, bei denen der Arbeitgeber tatsächlich Einfluss auf den Eintritt des Zwecks nehmen kann.
Generell gilt die Empfehlung, Ausschlüsse oder Anspruchskürzungen aufgrund bestimmter Privilegierungen in Sozialplänen sorgfältig zu prüfen, bevor sie vereinbart werden. Prüfungsmaßstäbe bieten alle Diskriminierungsverbote. Neben dem Diskriminierungsverbot bei Teilzeit spielt die Altersdiskriminierung bei Sozialplangestaltungen eine wesentliche Rolle. Die sorgfältige Prüfung ist auch deshalb geboten, weil unwirksame Ausschlüsse zu zusätzlichen Kosten führen, die das geplante Sozialplanvolumen sprengen.