25.01.2022

Steuerboard

Grundsteuerreform – Jetzt wird‘s ernst

Seit dem Urteil des BVerfG vom 10.04.2018 (1 BvL 11/14, 1 BvR 889/12, 1 BvR 639/11, 1 BvL 1/15, 1 BvL 12/14) steht die Finanzverwaltung vor der Mammutaufgabe alle wirtschaftlichen Einheiten in Deutschland neu bewerten zu müssen, um die Grundsteuer durch Anpassung auf den aktuellen Bewertungsstand besteuerungsgerecht zu machen. Der Steuerpflichtige wird hierbei mit in die Verantwortung genommen. Die Grundsteuerreform dürfte daher auch für Immobilienunternehmen viel Arbeit mit sich bringen. Auch wenn die neue Grundsteuer erst ab dem 01.01.2025 veranlagt wird, beginnt der vielleicht entscheidendste Teil der Arbeit jetzt! Bevor die Gemeinden ihre Hebesätze für das vom Gesetzgeber vorgegebene Ziel der „Aufkommensneutralität“ festsetzen können (wahrscheinlich erst im Jahr 2024), braucht es zunächst neue Grundbesitzwerte. Daher beginnt ab diesem Jahr für ca. 36 Millionen wirtschaftliche Einheiten die Neubewertung.

Grundsteuerreform – Jetzt wird‘s ernst

RA Dr. Per-Eric Eulau
, Associate bei POELLATH, Berlin

Erklärungsabgabe ab Mitte 2022

Ab voraussichtlich Mitte des Jahres müssen sich Steuerpflichtige darauf einstellen, dass die Finanzverwaltung zur Abgabe der „Erklärung zur Feststellung der Grundsteuerwerte“ auffordert. Ob die Aufforderung mittels persönlichem Anschreiben oder nur im Rahmen einer öffentlichen Bekanntmachung erfolgt, bleibt abzuwarten und dürfte auch in den einzelnen Bundesländern variieren. Ab Juli 2022 soll, zumindest nach Angaben der Finanzverwaltung, eine digitale Berechnungs- und Verarbeitungsmatrix bei den Finanzämtern eingerichtet sein, sodass dann auch eine elektronische Übermittlung der Daten möglich sein soll. In ganz mutigen Verwaltungen geht man daher sogar davon aus, dass die ersten Feststellungsbescheide theoretisch schon ab Juli 2022 erlassen werden könnten.

Ob jedoch länderübergreifend schon Mitte des Jahres zur Erklärungsabgabe aufgefordert wird, kann durchaus bezweifelt werden, da Bundesländer, die von der sog. Länderöffnungsklausel Gebrauch machen und eine vom Bundesmodell abweichende Bewertungssystematik (und damit ein landeseigenes Gesetz) anstreben, teilweise noch keine administrierbare Lösung vorweisen können. Inwieweit das von der Finanzverwaltung ausgegebene allgemeine Ziel der Erklärungseinreichung mit Frist bis zum 31.10.2022 gehalten werden kann, bleibt je nach Bundesland abzuwarten.

Welche Angaben sind zu machen?

Das Bundesmodell ist in das Bewertungsgesetz in den §§ 218 bis 263 BewG eingefügt worden. Die Mehrzahl der Bundesländer – Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen und eigentlich auch das Saarland und Sachen (nur mit abweichenden Messzahlen) – machen vom Bundesmodell gebrauch. Nach diesem Modell benötigt die Finanzverwaltung vom Steuerpflichtigen Angaben, die sich zum einen unproblematisch dem Grundbuch entnehmen lassen und zum anderen aber auch Angaben zum Gebäude, welche teilweise nicht alltäglich sind und daher weiterer Nachforschungen bedürfen. Die von der Finanzverwaltung benötigten Gebäudeangaben könnten durchaus für den Steuerpflichtigen einen Gang in den Aktenkeller bedeuten, da das genaue Baujahr und Angaben zur Bruttogrundfläche möglicherweise seit dem einstigen Bauantrag keine Rolle mehr für das Vermietungsunternehmen gespielt haben. Daneben wird eine Auswertung der Mieterliste fällig sein, um die Anzahl von Stellplätzen/Garagen und Wohneinheiten in die Erklärung überführen zu können.

Koordinierte Ländererlasse – aber nur für das Bundesmodell

Das BMF hat nunmehr zuvor nur als Entwurfsfassung vorliegende Anwendungs- und Auslegungshinweise, Formulare und Ausfüllanleitungen veröffentlicht (BStBl. I 2021 S. 2334; 2369; 2391). Zu beachten ist jedoch, dass diese Hilfestellungen nicht für Bundesländer gelten, die von der Länderöffnungsklausel Gebrauch machen. Im Laufe des Jahres sind daher eigene Formulare und darauf zugeschnittene Verwaltungsanweisungen aus Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Hamburg zu erwarten. Je länger diese Bundesländer jedoch brauchen, um Ausfüllanleitungen und Formulare zu veröffentlichen, desto mehr verkürzt sich die Vorbereitungszeit zur Sachverhaltsermittlung. Die Ungewissheit, dass nach Veröffentlichung der Formulare erneut der Aktenkeller aufgesucht werden muss, weil das spezielle Bewertungssystem eines Landes eine Angabe benötigt, die im Zuge der Datensammlung zuvor nicht ermittelt wurde, wächst dadurch.

Die Datensammlung sollte jetzt beginnen

In den letzten Monaten haben immer mehr Dienstleister digitale Hilfen entwickelt, die nach und nach auf dem Markt angeboten werden. Erfahrungsberichte zu Einfachheit und Geeignetheit für den einzelnen Steuerpflichtigen oder auch das große Immobilienunternehmen gibt es aktuell nicht – hier wird sich leider erst im Laufe der nächsten Monate zeigen, für wen welche Lösung am nutzerfreundlichsten ist. Digitale Lösungen dürften den Erklärungsprozess erleichtern, jedoch können die Programme nicht von der Datensammlung an sich und dem möglichen Wälzen alter Bauunterlagen befreien.

Als kleiner Trost bleibt, dass nicht nur dem Steuerpflichtigen Mehraufwand entsteht, sondern Gleiches auch für die ohnehin personell unterbesetzten Finanzämter gilt – man sitzt also im selben Boot, was eventuell die Bitte um Fristverlängerung erleichtert.


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