Gewerkschaftsmitglieder sind auch dann verpflichtet, einen Teil ihrer eingenommenen Aufsichtsratstantiemen satzungsgemäß an die gewerkschaftseigene Stiftung abzuführen, wenn sie nicht über eine Liste der Gewerkschaft gewählt oder von dieser bei der Kandidatur unterstützt wurden. Dies hat das OLG Frankfurt am Main entschieden.
Der Beklagte war Mitglied der klagenden Gewerkschaft IG Metall. Nach § 3 der Gewerkschaftssatzung müssen Gewerkschaftsmitglieder, die Funktionen in einem übergeordneten Überwachungs- und Entscheidungsgremium (z.B. als Aufsichtsratsmitglied) wahrnehmen, einen Teil der dafür erhaltenen Vergütung an die gewerkschaftseigene Hans-Böckler-Stiftung abführen. Die Regelung setzt einen Beschluss über die Abführungsregelungen des Bundesausschusses des DGB um.
IG Metall verlangt Teil der Aufsichtsratsvergütung
Der Beklagte war drei Jahre Mitglied im Aufsichtsrat einer GmbH. Für dieses Amt hatte er nicht auf der von der IG Metall aufgestellten Liste kandidiert, sondern eigenständig. Die IG Metall nimmt den Beklagten nun auf Abführung eines Teils der erhaltenen Aufsichtsratsvergütung in Anspruch. Der Beklagte meint, er sei bereits deshalb nicht verpflichtet, einen Teil der Einkünfte abzuführen, weil er nicht über eine Liste der Klägerin in den Aufsichtsrat gewählt worden sei. Außerdem hätten die auf der Liste der Gewerkschaft kandidierenden Mitglieder versucht, seine Kandidatur zu verhindern und sich ihm gegenüber rassistisch und beleidigend geäußert.
Urteil: Abführungsverpflichtung ist wirksam
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG Frankfurt am Main keinen Erfolg (Urteil vom 18.12.2018 – 4 U 86/18). § 3 der Gewerkschaftssatzung enthalte eine wirksame Verpflichtung der Mitglieder, einen Teil der erlangten Aufsichtsratstantiemen an die gewerkschaftseigene Stiftung abzuführen. Die Bestimmung setze entsprechende Beschlüsse des DGB um, zu welchem auch die IG Metall gehöre. Das vom Beklagten geschilderte unangemessene Verhalten einzelner Gewerkschaftsmitglieder ihm gegenüber könne der IG Metall nicht in der Weise zugerechnet werden, dass ihre satzungsgemäßen Ansprüche verwirkt seien.
Fehlanreize für eine Kandidatur sollen verhindert werden
Das OLG betont: „Aus Gründen der Gleichbehandlung ist es geboten, dass sämtliche Mitglieder der Klägerin mit einem entsprechenden Mandat verpflichtet sind, die in der Richtlinie geregelten Anteile ihrer Bezüge an die Hans-Böckler-Stiftung abzuführen, unabhängig davon, ob ihre jeweilige Kandidatur von der Klägerin unterstützt wurde oder nicht.“ Mit der Regelung sollten „generelle Fehlanreize“ für eine Kandidatur verhindert werden, da sich andernfalls „Gewerkschaftsmitglieder deutlich besser stellen“ würden, wenn sie sich nicht auf Gewerkschaftslisten setzen oder in sonstiger Weise unterstützen lassen würden. Die Abführungspflicht stelle keine Gegenleistung für die Unterstützung bei der Wahl dar. Es gehe vielmehr darum, „einerseits zu verhindern, dass sich Kandidaten für den Aufsichtsrat wegen der dort gezahlten Vergütung bewerben und andererseits die Mitbestimmung durch die Unterstützung der Hans-Böckler-Stiftung zu fördern“.
(OLG Frankfurt am Main, PM vom 15.01.2019 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)