24.08.2023

Meldung, Steuerrecht

Gesetzeslücke bei der Schenkungsteuer

Gesetzeslücke bei der Schenkungsteuer

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Das Finanzgericht Hamburg hat entschieden, dass die disquotale Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) keinen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang darstellt.

Im Streitfall hatten der Kläger und sein Vater eine KGaA gegründet. Das Grundkapital wurde vollständig vom Vater als alleinigem Kommanditaktionär übernommen. Der Kläger leistete als persönlich haftender Gesellschafter (phG) eine Vermögenseinlage in die KGaA. Nach der Satzung der KGaA sind die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Kapitalkonten zum Gesamtkapital, das sich aus dem Grundkapital und der Vermögenseinlage zusammensetzt, am Gewinn und an den Rücklagen der KGaA beteiligt. Vorliegend betrug das Verhältnis 90 % zu 10 % zugunsten des Klägers.

Finanzamt setzt Schenkungsteuer fest

Kurz nach der Eintragung der KGaA erbrachte der Vater eine Einlage in mehrstelliger Millionenhöhe in eine ungebundene Kapitalrücklage der KGaA, die nach der Satzung nicht zu den Kapitalkonten zählt (disquotale Einlage).

Das Finanzamt sah darin einen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang gemäß § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG, erließ einen entsprechenden Schenkungsteuerbescheid gegenüber dem Kläger und wies seinen Einspruch als unbegründet zurück.

Erfolg vor dem Finanzgericht

Die dagegen erhobene Klage war erfolgreich. Nach Ansicht des Finanzgerichts Hamburg (Urteil vom 11.07.2023 – 3 K 188/21) ist der vom Finanzamt herangezogene Schenkungsteuertatbestand nicht erfüllt.

Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt. Diese Voraussetzungen hält das Gericht nicht für gegeben. Bei der KGaA handele es sich zwar um eine Kapitalgesellschaft. Auch habe sich der Wert der Beteiligung des Klägers durch die disquotale Einlage des Vaters erhöht. Jedoch sei die Beteiligung des Klägers, weil er nicht an dem Grundkapital der KGaA beteiligt sei, kein „Anteil an einer Kapitalgesellschaft“ im Sinne des Gesetzes. Das ErbStG habe in § 13a und § 13b bereits vor Einführung von § 7 Abs. 8 ErbStG zwischen dem Anteil eines pHG an einer KGaA einerseits und dem Anteil an einer Kapitalgesellschaft andererseits unterschieden. Dieselbe Unterscheidung liege auch Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) und des steuerrechtlichen Bewertungsgesetzes (BewG) zugrunde.

Das FG hält im Übrigen weder einen anderen Schenkungsteuertatbestand für erfüllt – nicht § 7 Abs. 6 ErbStG (übermäßige Gewinnbeteiligung bei einer Personengesellschaft) und nicht den Grundtatbestand in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG – noch sieht es einen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 der Abgabenordnung (AO).

Dem FG ist dabei bewusst gewesen, dass der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 7 Abs. 8 ErbStG die Besteuerungslücken in Fällen disquotaler Einlagen habe schließen wollen. Im Gesetz sei aber eine – vom Kläger genutzte – Lücke verblieben. Sie zu schließen, liege außerhalb der Kompetenz der Finanzverwaltung und ‑gerichte, sondern sei dem Gesetzgeber vorbehalten.

Gegen das Urteil ist Revision eingelegt worden (Az. des BFH II R 23/23).


FG Hamburg vom 23.08.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

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