Das Bundesarbeitsgericht hat den Gerichtshof der Europäischen Union um Rat ersucht in Bezug auf die Wirkung einer zwischen dem Betriebsveräußerer und dem Arbeitnehmer vereinbarten, dynamisch auf einen Tarifvertrag verweisende Klausel gegenüber dem Betriebserwerber.
Im Arbeitsvertrag eines als Hausarbeiter in einem Krankenhaus beschäftigten Arbeitnehmers ist eine Verweisung auf den Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter/Arbeiterinnen gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) und die diesen ergänzende bzw. ersetzenden Tarifverträge vereinbart. Träger des Krankenhauses war ursprünglich ein Landkreis, der Mitglied im kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) war. Als das Krankenhaus 1995 privatisiert wurde, betrieb es eine GmbH, die ebenfalls Mitglied im KAV war. Da eine Ausgliederung eines Betriebsteils, in welchem der Hausarbeiter beschäftigt war, geplant war, schloss die GmbH mit der K.FM GmbH i.G. einen Personalüberleitungstarifvertrag. Danach sollten der BMT-G II für die Arbeitsverhältnisse „weiterhin“ bei dem Betriebserwerber Anwendung finden.
Welche Tarifverträge gelten?
Ende 1997 ging der Betriebsteil auf die K. FM GmbH i.G. über, die nicht Mitglied im KAV war. In der Folgezeit wurde auf das Arbeitsverhältnis weiterhin der BMT-G II angewandt. Die K. FM GmbH gab allerdings die beiden tariflichen Lohnerhöhungen nicht weiter. Mit Wirkung zum 01.07.2008 ging das Arbeitsverhältnis des Hausarbeiters auf die Beklagte über. Diese wandte auf das Arbeitsverhältnis weiterhin die Vorschriften des BMT-G II an. Mit seiner Klage forderte der Hausarbeiter die Anwendung des TVöD-VKA und des TVÜ-VKA auf sein Arbeitsverhältnis. Er ist der Auffassung, diese seien als den BMT-G II ersetzende Tarifverträge auf sein Arbeitsverhältnis dynamisch anwendbar.
Bindung des Erwerbers an arbeitsvertragliche Vereinbarungen
Das Bundesarbeitsgericht geht davon aus, dass der Erwerber eines Betriebsteils nach nationalem Recht aufgrund von § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB an eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, die auf Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Bezug nimmt und deren Regelungen aufgrund privatautonomer Willenserklärungen zum Inhalt des Arbeitsvertrags gemacht hat (sog. dynamische Bezugnahmeklausel), vertraglich so gebunden ist, als habe er diese Vertragsabrede selbst mit dem Arbeitnehmer getroffen. Im Wege des Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV soll vom EuGH geklärt werden, ob dieser Auslegung des nationalen Rechts unionsrechtliche Vorschriften – insbesondere Art. 3 der Richtlinie 2001/23/EG und Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – entgegenstehen (BAG-Beschluss 4 AZR 61/14 vom 17.07.2015).
(BAG / Viola C. Didier)