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13.06.2024

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Finanzgerichtliche Annäherung an die niederländische Stichting Administratiekantoor: Transparent oder intransparent?

Stiftungen können in der Vermögens- und Nachfolgeplanung im In- und Ausland eine Rolle spielen. Dementsprechend sind nicht nur die deutsche Stiftung, sondern auch ihre Äquivalente anderer Rechtsordnungen in den Blick zu nehmen. Im Gegensatz bspw. zur liechtensteinischen Stiftung wurde die niederländische Stiftung (Stichting) bislang aus Sicht des deutschen (Steuer-)Rechts in Rechtsprechung, Literatur und Praxis vergleichsweise wenig behandelt. Jüngst äußerten sich nun aber das FG Münster und das FG Düsseldorf zu der steuerlichen Beurteilung der Stichting Administratiekantoor (im Folgenden „STAK“). Die STAK ist eine besondere Ausprägung der niederländischen Stiftung, die im deutschen Stiftungsrecht kein Pendant hat. Grund genug, sich die Entscheidungen einmal näher anzusehen.

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RA/StB Dr. Marcus Niermann
ist Counsel bei POELLATH, Berlin

RA Joshua Fisher
ist Associate bei POELLATH, Frankfurt/M.

Die niederländische Stichting Administratiekantoor (STAK): Kurzer Überblick

Bei der STAK übertragen Gesellschafter das zivilrechtliche Eigentum an Vermögensgegenständen – in der Regel Gesellschaftsanteile – auf diese Stiftung. Die STAK erwirbt hierdurch die Gesellschafterrechte einschließlich der Stimmrechte. Der übertragende bisherige Gesellschafter erhält sog. Zertifikate, welche der wirtschaftlichen Anspruchsberechtigung an den Anteilen entsprechen. Die STAK ist satzungsgemäß zur Überlassung der Dividenden und sonstigen Erträge der Gesellschaft an den Zertifikatsinhaber verpflichtet. Die STAK fungiert lediglich als eine Art treuhänderische Verwalterin der Gesellschaftsanteile, wobei der Inhalt der Verwaltung sowie die Art und Weise der Stimmrechtsausübung in ihrer Satzung festgelegt sind. Es erfolgt damit eine Trennung von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum (zum Ganzen auch Wischott/Grassner/Lottermoser, Ubg 2021 S. 331 [337]). Insofern sind Parallelen zu bestimmten Ausprägungen von Trusts des anglo-amerikanischen Rechtskreises erkennbar.

Nach niederländischem Steuerrecht gilt die STAK im Ergebnis grundsätzlich als transparent. Es erfolgt in der Regel letztlich eine Zurechnung der Erträge aus den Gesellschaftsanteilen bei den Inhabern der Zertifikate und nicht bei der STAK.

Steuerliche Einordnung in Deutschland: Intransparent wie eine Stiftung oder doch nicht?

Aus deutscher Sicht stellt sich aufgrund der besonderen Ausgestaltung der Gewährung von Zertifikaten die Frage, wie die Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf eine STAK sowie die daraus folgende Anteilseignerstellung der STAK steuerlich zu behandeln ist. Das betrifft sowohl die Ertragsteuer (Veräußerung nach § 17 EStG? Wer ist hernach wirtschaftlicher Eigentümer?), die Schenkungsteuer (Schenkungsteuerpflicht der Übertragung?) als auch die Grunderwerbsteuer, falls Grundstücke im Spiel sind (Steuerpflichtiger Vorgang? Befreiung?).

Sowohl das FG Münster als auch das FG Düsseldorf haben sich kürzlich mit der Frage der Grunderwerbsteuerbarkeit bei Anteilsübertragung an eine STAK auseinandergesetzt. Dies sind – soweit ersichtlich – die ersten finanzgerichtlichen Urteile, die sich intensiv mit der steuerlichen Einordnung einer niederländischen Stichting im Allgemeinen und einer STAK im Besonderen aus deutscher Sicht befasst haben. Das gibt Anlass, sich diese Urteile näher anzusehen. Denn womöglich lassen sich hieraus allgemeinere Schlüsse auch für andere Steuerarten ziehen.

FG Münster: Grundstücksübertragung mit STAK unterliegt Grunderwerbsteuer

Ausgangspunkt des Urteils des FG Münster vom 10.03.2022 (8 K 1945/19 GrE) war die Frage, ob die Übertragung von Anteilen an einer deutschen Grundbesitz haltenden Gesellschaft auf eine niederländische STAK der Grunderwerbsteuer unterliegt.

Vereinfacht sah der Sachverhalt wie folgt aus: Der niederländische Staatsangehörige A hielt Anteile an einer Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts („B.V.“) mit Sitz in den Niederlanden, die deutschen Grundbesitz hielt. Am Gründungstag der B.V. errichtete A eine STAK und brachte seine Anteile an der B.V. gegen die Ausgabe von Zertifikaten in die STAK ein.

Das FG entschied, dass der Vorgang der Grunderwerbsteuer unterliege. Durch den Vertrag über die Zertifizierung sei der STAK im Streitfall entweder ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übertragung der Anteile vermittelt (dann § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG) oder die Anteile bereits übergegangen (dann § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG, jeweils in der im Streitfall anwendbaren Fassung vom 20.12.2001).

Die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung seien nicht erfüllt: Zunächst stelle die Einbringung keine Schenkung unter Lebenden nach dem ErbStG dar, weshalb die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG nicht einschlägig gewesen sei. Die Übertragung der Anteile sei laut Zertifizierungsvertrag ausdrücklich gegen Ausgabe der Zertifikate erfolgt, mithin nicht unentgeltlich.

Auch die Steuerbefreiung bei Übergang auf eine vom Übertragenden gehaltene Gesamthand (§ 5 Abs. 2 GrEStG) sei nicht anwendbar. Die STAK entspreche nach einem Rechtstypenvergleich nicht einer Gesamthandsgemeinschaft nach deutschem Recht. Dies ergebe sich bereits aus dem Fehlen von Mitgliedern oder Gesellschaftern. Die ausgegebenen Zertifikate begründeten lediglich (Gewinnbezugs-)Rechte an der gehaltenen Gesellschaft und keine Beteiligung an der STAK. Die niederländische Stichting sei in ihrer Struktur grundsätzlich vielmehr mit einer deutschen Stiftung vergleichbar, wobei das Gericht insoweit eine konkrete auf die STAK bezogene Äußerung vermeidet.

Die Transparenz der STAK nach niederländischem Steuerrecht sei unerheblich, da der Rechtstypenvergleich auf die zivilrechtlichen Kennzeichen abstelle.

FG Düsseldorf: Bestätigung der Grunderwerbsteuerbarkeit

Auch in dem der Entscheidung des FG Düsseldorf vom 04.05.2023 (11 K 2851/21 GE) zugrunde liegenden Fall wurden Anteile an einer deutschen Grundbesitz haltenden B.V. übertragen. Das FG Düsseldorf bejaht den Tatbestand des Übergangs von mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzhaltenden Gesellschaft (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 oder Nr. 4 GrEStG in der im Streitfall anzuwendenden Fassung vom 02.11.2015). Dabei konnte auch hier offenbleiben, welcher der beiden Tatbestände (Verpflichtungsgeschäft oder unmittelbare Übertragung) einschlägig war. Jedenfalls sei die STAK zivilrechtliche Eigentümerin der Anteile geworden, mithin seien ihr die Anteile an der B.V. und der Grundbesitz der B.V. grunderwerbsteuerlich zuzurechnen.

Für die Übertragung ergebe sich auch keine Steuerbefreiung aus § 3 Nr. 2, § 5 oder § 6a GrEStG.

Eine Schenkung unter Lebenden i.S.d. ErbStG (§ 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG) scheide aus, da keine freigebige Zuwendung gegeben sei. Vielmehr handele es sich um eine treuhänderische Gestaltung. Die STAK habe weder eine tatsächliche noch rechtliche Verfügungsmacht über die erhaltenen Gesellschaftsanteile an der B.V. Ihr komme nur die im Interesse der Zertifikatsinhaber erfolgende Verwaltung der Rechte einer Gesellschafterin einschließlich eines Gewinnbezugsrechts zu. Die STAK dürfe insbesondere nicht die Anteile ohne Zustimmung der Zertifikatsinhaber veräußern. Die Zertifikatsinhaber wiederum könnten von der STAK die Auszahlung der Gewinnausschüttungen verlangen. An der Freigebigkeit mangele es auch in subjektiver Hinsicht aufgrund der Verpflichtung zur Zertifizierung.

Das FG Düsseldorf schließt sich auch hinsichtlich einer möglichen Steuerbefreiung bei Übergang auf eine vom Übertragenden gehaltene Gesamthand (§ 5 Abs. 2 GrEStG) der Entscheidung des FG Münster an: Die STAK entspreche nach Rechtstypenvergleich nicht der deutschen Gesamt­handsgemeinschaft.

Schließlich sei auch die Steuerbefreiung bei Umstrukturierungen im Konzern (§ 6a GrEStG) zu verneinen, da die STAK nicht mit einer inländischen Kapital- oder Personengesellschaft vergleichbar sei.

Das FG Düsseldorf kommt im Rahmen des Rechtstypenvergleichs zu dem Ergebnis, dass die STAK am ehesten einer deutschen Stiftung entspreche. Dies ergebe sich aus folgenden Erwägungen:

  • Die Regelungen der Stichting im niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuch „Burgerlijk Wetboek“ seien abstrakt-generell mit dem Stiftungsrecht des BGB vergleichbar.
  • Die STAK habe auch in ihrer vorliegenden konkreten Ausgestaltung keine Mitglieder oder Anteilseigner und kenne keine Erfordernisse der Selbstorganschaft oder persönlichen Haftung.
  • Steuerungsmöglichkeiten der Zertifikatsinhaber entsprächen einem Aufsichtsrat oder Kuratorium einer Stiftung.
  • Es bestünden zwar manche Ähnlichkeiten zur Kapitalgesellschaft hinsichtlich der Tätigkeiten des Vorstands, die Macht des Vorstandes der STAK zu Satzungsänderungen habe der Vorstand einer deutschen Kapitalgesellschaft aber nicht.

Mögliche Schlussfolgerungen für die Schenkung- und Ertragsteuer

Die Finanzgerichte Münster und Düsseldorf haben im Ergebnis sowie in weiten Teilen der Begründung übereinstimmend entschieden, dass der Erwerb von Anteilen an Gesellschaften mit Grundbesitz durch eine STAK der Grunderwerbsteuer unterliegen kann. Beide Gerichte sind sich einig, dass die Übertragung aufgrund der im Gegenzug erfolgenden Ausgabe von Zertifikaten keine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG darstellt, die zu einer Grunderwerbsteuerbefreiung geführt hätte.

Obwohl beide Gerichte – das FG Düsseldorf klarer als das FG Münster – die STAK als einer deutschen Stiftung ähnlich einordnen, ging keines auf die Frage näher ein, ob die Übertragung ggf. ein schenkungsteuerpflichtiger Übergang von Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäfts (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG) sein konnte. Dies hätte eine Grunderwerbsteuerpflicht ebenfalls ausgeschlossen (siehe Pahlke, GrEStG, 7. Aufl. 2023, Rn. 147). Allerdings ist auch der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG nur bei Unentgeltlichkeit erfüllt (vgl. Oberste Finanzbehörden der Länder, DStR 2014 S. 103). Die Ähnlichkeit bei Errichtung einer deutschen Stiftung, die ihren Begünstigten bestimmte Ansprüche gewährt, liegt dennoch nahe.

Letztlich sprechen die vorliegenden Urteile aber dagegen, dass eine Übertragung von Vermögen auf eine STAK Schenkungsteuer auslöst. Umgekehrt liegt es allerdings nahe, dann eine entgeltliche Veräußerung i.S.d. Ertragsteuerrechts anzunehmen, also bspw. § 17 EStG bei Kapital­gesellschaftsanteilen im Privatvermögen. Insoweit stellen sich Anschlussfragen im Zusammenhang mit den erhaltenen Zertifikaten, z.B. ob das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen tatsächlich übergeht und ob diese (oder ggf. die Zertifikate selbst) bspw. für Zwecke der Wegzugsteuer (§ 6 AStG) weiterhin dem übertragenden Zertifikatinhaber zuzurechnen sind. Die finanzgerichtlichen Urteile sprechen dagegen. Viel dürfte jeweils auch von der konkreten Ausgestaltung abhängen.

Ausblick / Empfehlung

Ob die STAK nach deutschem Steuerrecht als intransparent oder transparent zu behandeln ist, bleibt hingegen weiterhin offen und lässt sich vermutlich auch nicht pauschal für alle Steuerarten (und für alle konkreten Ausgestaltungen) beantworten.

Zwar lehnen beide Gerichte in den vorliegenden Fällen im Rahmen des Rechtstypenvergleichs eine Vergleichbarkeit mit einer deutschen Personen- oder Kapitalgesellschaft ab und tendieren dazu, dass die STAK der deutschen Stiftung entspreche. Indes bleibt es dabei, dass für einen Rechtstypenvergleich stets die konkret-individuelle vertragliche Ausgestaltung der STAK, insbesondere die wirtschaftliche Berechtigung am verwalteten Vermögen und der Einfluss der Zertifikatsinhaber, entscheidend ist. Es wird also auf den jeweiligen Einzelfall ankommen.

In beiden Verfahren wurde Revision zum BFH eingelegt (Az. II R 11/22 sowie II R 14/23). Das oberste deutsche Steuergericht wird somit Gelegenheit haben, sich ausführlich mit der STAK zu befassen. Neben den hier vorgestellten dogmatischen Fragen nach Transparenz und Intransparenz (im Grunderwerbsteuerrecht) wird es auch um die Frage der Europarechtskonformität gehen.

Bis auf Weiteres ist die dringende Empfehlung für die Praxis, bei Umstrukturierungen unter Einbeziehung einer STAK eine verbindliche Auskunft einzuholen. Es ist denkbar, dass sich die STAK bei sorgfältiger Planung auch aus deutscher Sicht als attraktives Gestaltungsinstrument erweist.

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