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19.03.2024

Arbeitsrecht, Meldung

Fast jeder fünfte Arbeitnehmer hat innerlich gekündigt

Der jahrelange Krisenmodus, der Arbeits- und Fachkräftemangel sowie der demografische Wandel haben weiterhin massiven Einfluss auf den Arbeitsmarkt in Deutschland, zeigt eine aktuelle Studie.

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nialowwa/123rf.com

Die Zahl derjenigen, die emotional nicht an ihren Arbeitgeber gebunden sind, ist weiter gestiegen und erreicht mit 19 % den höchsten Stand seit 2012 (2022: 18 %). Gleichzeitig wächst auch die Gruppe der wechselbereiten Beschäftigten: Mit 45 % (2022: 42 %) sind mehr Arbeitnehmende denn je aktiv auf Jobsuche oder schauen sich um. Diese Erkenntnisse gehen aus dem Gallup Engagement Index Deutschland 2023 hervor.

Wechselbereitschaft auf Rekordstand

Auf dem deutschen Arbeitsmarkt herrscht zunehmende Dynamik. Während sich wie schon im Vorjahr die emotionale Bindung an den Arbeitgeber nach einem „Pandemie-Hoch“ auf einem sehr niedrigen Niveau einpendelt, erreicht die Wechselbereitschaft einen Rekordstand.

Nur 14 % der Befragten (2022: 13 %) erleben ein durch gute Führung geprägtes Arbeitsumfeld, das in einer hohen emotionalen Bindung resultiert. Der diesjährige Wert liegt zwar leicht über dem des Vorjahres, ist aber im Zeitverlauf der zweitniedrigste seit 2011. Der überwiegende Teil der Arbeitnehmenden (67 %, 2022: 69 %) ist nur gering gebunden und macht Dienst nach Vorschrift. Die Zahl der Arbeitnehmenden, die bereits innerlich gekündigt haben, nimmt weiter zu und liegt mit 19 % so hoch wie seit 2012 nicht mehr (2021: 14 %, 2022: 18 %).

Innere Kündigung ist aber nicht nur ein Problem für Unternehmen, deren Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit darunter leidet, sondern auch ein volkswirtschaftliches: Denn die dadurch entstehenden Kosten aufgrund von Produktivitätseinbußen belaufen sich für 2023 auf eine Summe zwischen 132,6 und 167,2 Milliarden Euro.

Fast die Hälfte will innerhalb eines Jahres den Arbeitgeber wechseln

Die Folge: Nur noch etwas mehr als die Hälfte (53 %, 2022: 55 %) der Beschäftigten will in einem Jahr mit Sicherheit noch bei ihrem jetzigen Arbeitgeber sein. Damit setzt sich der konsequente Abwärtstrend der letzten fünf Jahre weiter fort: 2018 hatten noch 78 % diese Aussage ohne Einschränkung bejaht. Bei der mittelfristigen Wechselbereitschaft hat sich die Tendenz ähnlich besorgniserregend entwickelt.

Der Anteil derjenigen, die fest davon überzeugt sind, in drei Jahren noch in ihrem Unternehmen sein zu wollen, ist im Laufe der Jahre auf jetzt 40 % (2022: 39 %) kontinuierlich geschrumpft. 2018 lag der Wert noch bei 65 %. Dabei scheinen sich die Wechselwilligen mehr am Arbeitsmarkt zu orientieren als an der angespannten wirtschaftlichen Lage. Denn sieben von zehn Befragten (71 %) schätzen den Arbeitsmarkt positiv ein, auch wenn die Wahrnehmung nach dem Rekordhoch 2022 (81 %) etwas abgekühlt ist. Ablesen lässt sich das auch daran, dass etwas weniger nach Arbeitskräften „gejagt“ wird. Ein Viertel der Befragten (25 %) gab an, dass sie in den zurückliegenden zwölf Monaten von einem Headhunter oder einer Headhunterin eine Stelle angeboten bekommen haben (2021: 31 %, 2022: 27 %).

Unternehmensführungen verbreiten wenig Zuversicht

Neben der Bindung sinkt auch das Vertrauen der Beschäftigten in die Perspektiven ihres Unternehmens. Nur 40 % (2022: 41 %) haben uneingeschränktes Vertrauen in dessen finanzielle Zukunft. Im Corona-Jahr 2020 erreichte die Zustimmung den höchsten jemals gemessenen Wert von 55 %, ist aber seitdem erst rapide und dann konstant unter das Vor-Corona-Niveau gesunken (2019: 48 %, 2018: 46 %). Analog zum Vertrauen in die Perspektiven bröckelt auch die Zuversicht in die Krisenfestigkeit der Geschäftsleitung: Nur noch ein Viertel (25 %) ist ohne Einschränkungen davon überzeugt, dass sie das Zeug dazu hat, zukünftige Herausforderungen erfolgreich zu meistern. Seit 2019 hat die Zuversicht der Arbeitnehmenden in ihre Unternehmensführung damit um 16 Prozentpunkte abgenommen – und liegt jetzt unter dem Wert vor der Pandemie.

Gute Führung als Motivationsturbo im Arbeitsalltag

Der entscheidende Faktor für Wechselwilligkeit ist die erlebte Führung. Nur 22 % sind uneingeschränkt mit ihrem oder ihrer direkten Vorgesetzten zufrieden (2022: 25 %). Darüber hinaus haben Beschäftigte nicht das Gefühl, dass ihre Führungskräfte ihre Stärken wahrnehmen und wertschätzen. Nur 27 % geben an, dass diese in ihrem Arbeitsalltag im Mittelpunkt stehen. Von denjenigen Befragten, die von einer klaren Stärkenorientierung berichten, sind 29 % emotional hoch gebunden (5 % keine emotionale Bindung). Im Gegensatz dazu haben nur 3 % derjenigen, deren Stärken nicht im Mittelpunkt stehen, eine hohe Bindung (40 % keine emotionale Bindung).

Eine weitere spürbare Folge geringer bzw. fehlender emotionaler Mitarbeiterbindung sind Fehlzeiten. Waren Beschäftigte, die sich emotional bereits von ihrem Arbeitgeber verabschiedet haben, 2023 im Schnitt 9,1 Tage krank, reduzierte sich die Fehlzeit bei hoch gebundenen Mitarbeitenden mit 4,8 Tagen auf fast die Hälfte. Auch bei den im Moment in vielen Unternehmen stattfindenden Umbruchprozessen ist hohe Bindung einer der Bausteine für Erfolg. So stimmen 68 % der emotional hoch gebundenen Mitarbeitenden – aber nur 20 % derjenigen ohne emotionale Bindung – der Aussage „Grundsätzlich unterstütze ich anstehende Veränderungen in meinem Unternehmen“ uneingeschränkt zu.


Gallup vom 14.03.2024 / RES JURA Redaktionsbüro

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