Die Europäische Kommission hat gegen Crédit Agricole, HSBC und JPMorgan Chase Geldbußen in Höhe von insgesamt 485 Mio. Euro wegen Teilnahme an einem Euro-Zinsderivatekartell verhängt. Die Banken sprachen sich bei der Preisfestlegung von Euro-Zinsderivate-Bestandteilen ab und tauschten sensible Informationen aus. Damit verstießen sie gegen das EU-Kartellrecht.
Bei Zinsderivaten handelt es sich um Finanzprodukte wie Forward Rate Agreements, Zinsswaps oder Zinsoptionen, die Unternehmen zur Handhabung der Zinsfluktuationen oder zu Spekulationszwecken nutzen. Ihr Wert wird vom Stand eines Referenzzinssatzes wie dem Euro Interbank Offered Rate (EURIBOR) und/oder dem Euro Over-Night Index Average (EONIA) für Euro-Zinsderivate abgeleitet. Der EURIBOR-Referenzzinssatz soll die Kosten der Interbank-Ausleihungen in Euro widerspiegeln und basiert auf Einzelnotierungen in Euro, die täglich von Panel-Banken an eine Berechnungsstelle weitergegeben werden.
Banken trafen Absprachen auf dem Euro-Derivatemarkt
Die Kommission kam bei ihrer Untersuchung zu dem Schluss, dass zwischen September 2005 und Mai 2008 ein Kartell aus insgesamt sieben Banken bestand (Barclays, Crédit Agricole, HSBC, JPMorgan Chase, Deutsche Bank, RBS und Société Générale), die sich über unterschiedliche Zeiträume daran beteiligten. Es deckte den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ab. Die beteiligten Händler der Banken standen über Chat-Räume in den Banken oder Instant Messaging-Dienste in regelmäßigem Kontakt. Ziel der Händler war es, die normale Entwicklung der Preisbestandteile von Euro-Zinsderivaten zu verzerren. Sie informierten einander über ihre gewünschte oder geplante Einreichung von EURIBOR-Angeboten und tauschten sensible Informationen über ihre Handelspositionen oder ihre Handels- oder Preisfestsetzungsstrategien aus.
Geldbußen gegen Crédit Agricole, HSBC und JPMorgan Chase
Dies bedeutet, dass die sieben Banken auf dem Euro-Derivatemarkt Absprachen trafen anstatt miteinander zu konkurrieren. Dieser Markt ist nicht nur für Banken, sondern auch für viele im Binnenmarkt tätige Unternehmen, die Euro-Zinsderivate zur Absicherung ihres Finanzrisikos nutzen, sehr bedeutend. Die EU-Kommission verhängte nun Geldbußen gegen Crédit Agricole, HSBC und JPMorgan Chase für ihre Teilnahme an diesem Kartell. Dies erfolgt nach einem Vergleich von Dezember 2013 mit Barclays, Deutsche Bank, RBS und Société Générale im Rahmen desselben Kartells. Der Beschluss beendet eine Kartelluntersuchung, die die erste mehrerer Untersuchungen im Finanzdienstleistungssektor war.
Schadensersatzklagen möglich
Alle Personen und Unternehmen, die durch das beschriebene wettbewerbswidrige Verhalten geschädigt wurden, können nun vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs und der Kartellverordnung 1/2003 sind Kommissionsbeschlüsse ein bindender Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Die Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen, die die Mitgliedstaaten bis zum 27.12.2016 in nationales Recht umsetzen müssen, macht es für die Opfer von Kartellrechtsverstößen einfacher, Schadensersatz durchzusetzen.
(EU-Kommission vom 07.12.2016/ Viola C. Didier)