27.10.2015

Meldung, Wirtschaftsrecht

EuGH-Vorlage zur Aufsichtsratsbesetzung

Beitrag mit Bild

Wer darf in den Aufsichtsrat?

Das KG Berlin hat den EuGH gefragt, ob es mit Artikel 18 AEUV (Diskriminierungsverbot) und Artikel 45 AEUV (Freizügigkeit der Arbeitnehmer) vereinbar ist, dass ein Mitgliedstaat das aktive und passive Wahlrecht für die Vertreter der Arbeitnehmer in das Aufsichtsorgan eines Unternehmens nur solchen Arbeitnehmern einräumt, die in Betrieben des Unternehmens oder in Konzernunternehmen im Inland beschäftigt sind.

Dem KG Berlin liegt ein Beschwerdeverfahren vor, in dem es um die Frage geht, ob der Aufsichtsrat eines großen, weltweit tätigen Konzernunternehmens ordnungsgemäß besetzt ist. Der Antragsteller ist Anteilseigner der Antragsgegnerin, bei der es sich um ein sog. herrschendes Unternehmen im Sinne des Mitbestimmungsgesetzes handelt. Der Antragsteller hat beim LG Berlin ein Statusverfahren eingeleitet und beantragt, festzustellen, dass der Aufsichtsrat ausschließlich aus Mitgliedern bestehen dürfe, die von den Anteilseignern bestimmt würden.

Wer ist wahlberechtigt?

Derzeit ist der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin je zur Hälfte (paritätisch) mit Vertretern, die von den Anteilseignern bestimmt worden sind, und solchen Personen, die von den Arbeitnehmern bestimmt worden sind, besetzt. Das Landgericht sah dies als rechtmäßig an und wies den Antrag zurück. Nach Auffassung des Kammergerichts, das über die Beschwerde des Antragstellers zu entscheiden hat, liege die Problematik darin, dass nach dem Verständnis des geltenden deutschen Rechts, nämlich den Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes und des Betriebsverfassungsgesetzes, nur in Deutschland beschäftigte Arbeitnehmer aktiv und passiv wahlberechtigt seien. Dies bedeute, dass sie als Deutsche weder die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer wählen könnten noch selbst in den Aufsichtsrat wählbar seien, wenn sie im Ausland bei dem Konzern beschäftigt seien. In Rechtsprechung und Literatur sei umstritten, ob dadurch gegen geltendes Recht der Europäischen Union verstoßen werde.

KG hält Diskriminierung für möglich

Das KG Berlin hält einen solchen Verstoß für möglich. Arbeitnehmer könnten durch die deutschen Mitbestimmungsregelungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit diskriminiert werden. Bei unternehmerischen Entscheidungen der Antragsgegnerin, an denen der Aufsichtsrat beteiligt sei und die über das Inland hinauswirkten, bestehe die Gefahr, dass einseitig die Interessen der im Inland beschäftigen Arbeitnehmer berücksichtigt würden. Dies sei vorliegend von besonderem Gewicht, da ca. 4/5 der Arbeitnehmer im Ausland tätig seien. Auch könne das Recht auf Freizügigkeit beeinträchtigt sein, da Arbeitnehmer wegen des drohenden Verlusts ihrer Mitgliedschaft in einem Aufsichtsorgan davon abgehalten werden könnten, einen Arbeitsplatz im übrigen Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten anzunehmen. Das Kammergericht hat das Verfahren über die Beschwerde ausgesetzt und dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt (Beschluss vom 16.10.2015, Az. 14 W 89/15).

(KG Berlin / Viola C. Didier)


Weitere Meldungen


Meldung

©jat306/fotolia.com


15.12.2025

Bundesregierung startet digitales Bürokratiemeldeportal

Über eine neues Portal können bürokratische Hürden beschrieben und konkrete Verbesserungsvorschläge mit nur sieben Klicks eingereicht werden.

weiterlesen
Bundesregierung startet digitales Bürokratiemeldeportal

Meldung

©stockWERK/fotolia.com


15.12.2025

Arbeitnehmerhaftung bei Millionenrisiko begrenzt

Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln unterstreicht die Bedeutung der eingeschränkten Arbeitnehmerhaftung auch bei grob fahrlässigem Verhalten.

weiterlesen
Arbeitnehmerhaftung bei Millionenrisiko begrenzt

Steuerboad

Sarah Roßmann / Kim Socher


12.12.2025

Stufenweise Senkung des Körperschaftsteuersatzes ab 2028 – was es bereits jetzt im handelsrechtlichen Jahresabschluss zu beachten gilt

Mit dem Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland wurde eine stufenweise Absenkung des Körperschaftsteuersatzes von 15% auf 10% in den Jahren 2028 bis 2032 beschlossen.

weiterlesen
Stufenweise Senkung des Körperschaftsteuersatzes ab 2028 – was es bereits jetzt im handelsrechtlichen Jahresabschluss zu beachten gilt

Haben wir Ihr Interesse für DER BETRIEB geweckt?

Sichern Sie sich das DER BETRIEB Gratis Paket: 4 Hefte + Datenbank