Der EuGH hat sich in einem aktuellen Urteil mit dem bulgarischen anwaltlichen Gebührenrecht befasst, das Mindesthonorare vorsieht. Diese könnten eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs im Binnenmarkt darstellen.
Das bulgarische anwaltliche Gebührenrecht ermächtigt den Obersten Rat der Anwaltschaft Bulgariens – bestehend aus Rechtsanwälten, die von ihren Berufskollegen gewählt werden – Mindesthonorare für anwaltliche Tätigkeiten ohne staatliche Kontrolle festzulegen. Unter Androhung eines Disziplinarverfahrens bei Zuwiderhandlung darf ein Rechtsanwalt mit seinem Mandanten keine Vergütung vereinbaren, die unter dem Mindesthonorar liegt. Auch Gerichte sind nicht befugt, die Erstattung eines unter diesem Mindestbetrag liegenden Honorars anzuordnen.
Bulgarische Regelungen als Beeinträchtigung des Wettbewerbs?
Der EuGH hat nun mit Urteil vom 23.11.2017 (C-427/16 und C-428/2016) seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, dass der Oberste Rat der Anwaltschaft eine Unternehmensvereinigung im Sinne von Art. 101 AEUV ist und die in Frage stehenden Regelungen eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs im Binnenmarkt darstellen können. Er erklärt die in Frage stehenden Vorschriften indessen weder für zulässig noch für unzulässig, sondern stellt fest, dass es den bulgarischen Gerichten obliegt, zu beurteilen, ob die Vorschriften notwendig sind, um die Umsetzung eines legitimen Zieles sicherzustellen.
Zur Mehrwertsteuer auf anwaltliche Tätigkeit
Die bulgarische Regelung, nach der einer Partei eines gerichtlichen Verfahrens bei Obsiegen auch dann Anwaltsgebühren zugesprochen werden können, wenn sie von einem bei ihr angestellten Justiziar vertreten wurde, sei zulässig. Ferner erklärte der EuGH die in Bulgarien geltenden Regelungen zur Anwendung der Mehrwertsteuer auf anwaltliche Tätigkeit für unionsrechtswidrig, insoweit diese zur Folge haben, dass Rechtsanwälte einer doppelten Mehrwertbesteuerung unterliegen.
(BRAK, NL vom 01.12.2017 / Viola C. Didier)