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01.03.2018

Arbeitsrecht, Meldung

EuGH: Befristete Weiterbeschäftigung über das Rentenalter hinaus?

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Der EuGH hat sich mit der Frage befasst, ob die Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses über die Regelaltersgrenze hinaus befristet werden darf und dies bejaht.

Im Streitfall war Herr Hubertus John von der Stadt Bremen (Deutschland) als Lehrer angestellt. Kurz vor Erreichen der Regelaltersgrenze beantragte er, über diesen Zeitpunkt hinaus weiterbeschäftigt zu werden. Die Stadt Bremen erklärte sich damit einverstanden, das Arbeitsverhältnis bis zum Ende des Schuljahres 2014/2015 zu verlängern. Den von Herrn John in der Folge gestellten Antrag, das Arbeitsverhältnis bis zum Ende des ersten Schulhalbjahres 2015/2016 zu verlängern, lehnte sie jedoch ab. Herr John erhob daraufhin Klage gegen die Stadt Bremen. Er macht geltend, die Befristung der gewährten Verlängerung des Arbeitsverhältnisses verstoße gegen Unionsrecht.

Altersdiskriminierung im SGB?

Das Landesarbeitsgericht Bremen (Deutschland), bei dem die Rechtssache anhängig ist, weist darauf hin, dass § 41 Satz 3 SGB VI es den Arbeitsvertragsparteien unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinauszuschieben, nur weil der Arbeitnehmer durch Erreichen der Regelaltersgrenze einen Anspruch auf Altersrente hat. Das Landesarbeitsgericht möchte wissen, ob eine solche Regelung mit dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters und der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (zur Verhinderung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge) vereinbar ist.

Befristung ist vorliegend zulässig

Mit seinem Urteil vom 28.02.2018 (C-46/17) stellt der EuGH fest, dass das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters einer nationalen Bestimmung wie der in Rede stehenden nicht entgegensteht, die bei Arbeitnehmern, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, das Hinausschieben des Zeitpunkts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von einer befristet erteilten Zustimmung des Arbeitgebers abhängig macht. Nach Auffassung des EuGH werden Personen, die das Rentenalter erreicht haben, durch eine solche Regelung nicht gegenüber Personen, die dieses Alter noch nicht erreicht haben, benachteiligt. Die Regelung, nach der das Ende des Arbeitsverhältnisses mehrfach hinausgeschoben werden kann, und zwar ohne weitere Voraussetzungen und zeitlich unbegrenzt, stellt eine Ausnahme vom Grundsatz der automatischen Beendigung des Arbeitsvertrags bei Erreichen der Regelaltersgrenze dar.

EuGH zur Rahmenvereinbarung bei Erreichen des Rentenalters

Was die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge angeht, hat der EuGH Zweifel, ob die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses, um die es hier geht, als Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge angesehen werden kann. Es erscheint nämlich nicht ausgeschlossen, sie als bloße vertragliche Verschiebung des ursprünglich vereinbarten Rentenalters aufzufassen. Der EuGH führt hierzu aus, dass aus den Akten nicht ersichtlich ist, dass die streitige Regelung geeignet ist, den Abschluss aufeinanderfolgender Arbeitsverträge zu fördern, oder eine Quelle potenziellen Missbrauchs zulasten der Arbeitnehmer darstellt. Jedenfalls kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Regelaltersgrenzen systematisch zu einer Prekarisierung der Lage der betreffenden Arbeitnehmer im Sinne der Rahmenvereinbarung führen, sofern die Arbeitnehmer in den Genuss einer abschlagsfreien Rente kommen und insbesondere wenn eine Verlängerung des fraglichen Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber zulässig ist. Für den Fall, dass das Landesarbeitsgericht zu der Auffassung gelangen sollte, dass die Herrn John zugestandene Verlängerung des Arbeitsverhältnisses einen Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge darstellt, entscheidet der EuGH, dass die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge einer nationalen Regelung wie der in Rede stehenden nicht entgegensteht, die es den Arbeitsvertragsparteien ohne weitere Voraussetzungen zeitlich unbegrenzt ermöglicht, den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses, gegebenenfalls auch mehrfach, hinauszuschieben, nur weil der Arbeitnehmer durch Erreichen der Regelaltersgrenze einen Anspruch auf Altersrente hat.

Kein Missbrauch befristeter Arbeitsverträge

Der EuGH verweist insoweit auf die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts, wonach sich ein Arbeitnehmer, der das Regelalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht, von anderen Arbeitnehmern nicht nur hinsichtlich seiner sozialen Absicherung unterscheidet, sondern auch dadurch, dass er sich regelmäßig am Ende seines Berufslebens befindet und damit im Hinblick auf die Befristung seines Vertrags nicht vor der Alternative steht, in den Genuss eines unbefristeten Vertrags zu kommen. Außerdem ist bei der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses, um die es hier geht, gewährleistet, dass der betreffende Arbeitnehmer zu den ursprünglichen Bedingungen weiterbeschäftigt wird und gleichzeitig seinen Anspruch auf eine Altersrente behält.

(EuGH, PM vom 28.02.2018 / Viola C. Didier)


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