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27.01.2022

Meldung, Steuerrecht

EU-rechtswidrig einbehaltene Kapitalertragsteuer ist mit 6% zu verzinsen

Ein zu Unrecht unter Berufung auf EU-rechtswidrige Vorschriften versagter Steuererstattungsanspruch ist zu verzinsen – und zwar mit 6 %. Dies hat das Finanzgericht Köln im Hinblick auf einbehaltene Kapitalertragsteuer entschieden.

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Die Klägerin ist eine in Österreich ansässige Gesellschaft. Sie stellte in den Jahren 2009 bis 2012 beim Bundeszentralamt für Steuern in Bonn (BZSt) verschiedene Anträge auf Freistellung und Erstattung von deutscher Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag. Diese Anträge wurden zunächst unter Hinweis auf die Vorschrift des § 50d Abs. 3 EStG abgelehnt. Die hiergegen gerichteten Einsprüche hatten Mitte 2018 Erfolg. Sie führten zu Steuererstattungen, nachdem der EuGH die Unvereinbarkeit des § 50d Abs. 3 EStG mit dem Unionsrecht festgestellt hatte.

Bundeszentralamt lehnte Verzinsung ab

Im Anschluss beantragte die Klägerin zusätzlich die Festsetzung von Erstattungszinsen. Das Bundeszentralamt lehnte eine Verzinsung ab. Nachdem es über den hiergegen eingelegten Einspruch unter Verweis auf Erörterungen der Finanzverwaltung auf Bund-/Länderebene nicht entschieden hatte, wandte sich die Klägerin nach knapp 20 Monaten mit einer sog. Untätigkeitsklage an das Finanzgericht Köln.

Verzinsungsanspruch der einbehaltenen Kapitalertragsteuer

Die Klage hatte Erfolg. Das FG Köln bestätigte mit Urteil vom 17.11.2021 (2 K 1544/20) die Rechtsauffassung der Klägerin. Der Klägerin stehe ein unmittelbar aus dem EU-Recht begründeter Anspruch auf Verzinsung der unionsrechtswidrig einbehaltenen Kapitalertragsteuer in Höhe von 0,5 % pro Monat (entsprechend 6 % pro Jahr) zu. Da der deutsche Gesetzgeber diese Fälle nicht spezialgesetzlich geregelt habe, sei auf die allgemeinen Verzinsungsgrundsätze der Abgabenordnung zurückzugreifen.

Der Zinslauf beginne dabei regelmäßig an dem Tag der zu Unrecht geleisteten Abgabenzahlung. Sofern Steuerpflichtige für die Kapitalertragsteuer das gesetzlich vorgesehene Freistellungsverfahren nicht in Anspruch genommen hätten, sei dem BZSt vor dem Beginn der Verzinsung allerdings in entsprechender Anwendung der vom Bundesfinanzhof für den Bereich der Energiesteuerentlastung herausgearbeiteten Grundsätze (vgl. BFH-Urteil vom 22.10.2019 – VII R 24/18) ein angemessener Zeitraum von vier Monaten und zehn Arbeitstagen für die Bearbeitung des Erstattungsantrages zuzubilligen.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das Bundeszentralamt für Steuern hat gegen das Urteil Revision eingelegt, die unter dem Aktenzeichen I R 50/21 beim BFH geführt wird.

Zum Hintergrund

Nach der EuGH-Rechtsprechung verstößt § 50d Abs. 3 EStG gegen die Niederlassungsfreiheit und die Kapitalverkehrsfreiheit (vgl. EuGH-Urteile vom 20.12.2017 – Rs. C-504/16 (Deister Holding) und Rs. C-613/16 (Juhler Holding) sowie EuGH-Beschluss vom 14.06.2018 – Rs. C-440/17 (GS)) und ist daher nur eingeschränkt anwendbar. Die dort aufgestellte generelle Missbrauchsvermutung kann im Einzelfall durch den Steuerpflichtigen erfolgreich widerlegt werden.


FG Köln vom 25.01.2022 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

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