15.10.2020

Meldung, Steuerrecht

Erbschaftsteuer bei unbekannten Erben

Beitrag mit Bild

©Stockfotos-MG/fotolia.com

Wie der Bundesfinanzhof (BFH) jetzt entschieden hat, können auch unbekannte Erben zur Erbschaftsteuer herangezogen werden – zumindest dann, wenn ausreichend Zeit bestand, die wahren Erben zu ermitteln, dies aber nicht gelungen ist.

Im Streitfall war die Erbengemeinschaft nach dem im Februar 2014 verstorbenen Erblasser zunächst nicht ermittelbar. Es erfolgte die Bestellung eines Nachlasspflegers. Dieser gab eine Erbschaftsteuererklärung ab. Ca. 14 Monate nach dem Tod des Erblassers setzte das Finanzamt Erbschaftsteuer gegen „unbekannte Erben“ fest. Es schätzte, dass 20 Personen, die nicht näher mit dem Erblasser verwandt waren und deshalb in die Steuerklasse III fielen, den Erblasser zu gleichen Teilen beerbt hätten. Der Bescheid ging an den Nachlasspfleger.

Finanzamt schätzt Zahl der Erben

Der Nachlasspfleger legte dagegen in Vertretung der unbekannten Erben Einspruch ein und monierte, dass er nicht ausreichend Zeit gehabt hätte, die Erben zu ermitteln. Das Finanzamt könne nicht einfach schätzen, wie viele Erben etwas geerbt hätten und wie hoch die Freibeträge seien. Daraufhin änderte das Finanzamt die Anzahl der Erwerber auf 30 Erben ab. Ansonsten hielt es die Erbschaftsteuerfestsetzung unverändert aufrecht.

BFH: Schätzen bei der Erbschaftsteuer erlaubt

Der BFH gab der Finanzbehörde mit Urteil vom 17.06.2020 (VIII R 3/17) Recht. Sind die Erben noch nicht bekannt und ist eine Nachlasspflegschaft angeordnet, kann Erbschaftsteuer gegen die „unbekannten Erben“ festgesetzt werden. Bei diesen  handelt es sich zunächst um ein abstraktes Subjekt, das sich später als eine oder mehrere reale Personen herausstellen kann. Somit ist ein Schuldner für die Erbschaftsteuer vorhanden. Das Finanzamt kann sich an den bestellten Nachlasspfleger wenden, der für die  unbekannten Erben eine Erbschafsteuererklärung abzugeben hat.

Das Finanzamt darf dann die Anzahl der Erben, die Erbquoten, die Zugehörigkeit zu einer Steuerklasse und die anwendbaren Freibeträge schätzen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Nachlasspfleger nach dem Erbfall ausreichend Zeit hatte, zunächst die Erben zu ermitteln. Wieviel Zeit ihm dafür einzuräumen ist, kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Im Allgemeinen gilt die Faustregel, dass ein Jahr ausreichend ist.

BFH prüft nur grobe Fehler

Ruft der Nachlasspfleger das Finanzgericht an, dann muss dieses  die Schätzung des Finanzamts voll  überprüfen. Können die zunächst unbekannten Erben bis zum Schluss des Gerichtsverfahrens ermittelt werden, darf die Erbschafsteuer aber nicht mehr gegen die unbekannten Erben festgesetzt werden. Werden die Erben auch im Verfahren vor dem Finanzgericht nicht ermittelt, kann das Gericht die Erbschaftsteuerschätzung gegen die unbekannten Erben aufrechterhalten und als seine eigene übernehmen. Der BFH ist in solchen Fällen dann ebenfalls an die Schätzung gebunden und kann sie nur auf grobe Fehler überprüfen.

(BFH, PM vom 15.10.2020 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)

Unsere Empfehlung für tiefergehende Recherchen zum Thema Steuerrecht:
Owlit-Modul „Stotax First (Stollfuß Medien)“


Weitere Meldungen


Steuerboard

Jannis Lührs


23.04.2024

Steuerneutraler Roll-over: Buchwertantrag beim grenzüberschreitenden Anteilstausch

Im Rahmen von Reorganisationen und Transaktionen kommt regelmäßig im Zusammenhang mit der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften die Vorschrift des § 21 UmwStG zur Anwendung.

weiterlesen
Steuerneutraler Roll-over: Buchwertantrag beim grenzüberschreitenden Anteilstausch

Meldung

fabrikacrimea/123rf.com


23.04.2024

Berichtigung zum Set 1 der ESRS

Die am 18.04.2024 veröffentlichte Berichtigung nimmt einzelne Anpassungen an den ESRS vor, die im Wesentlichen redaktionelle Änderungen und Korrekturen betreffen.

weiterlesen
Berichtigung zum Set 1 der ESRS

Meldung

©liudmilachernetska/123rf.com


23.04.2024

In Deutschland wird so viel gearbeitet wie noch nie

Die abhängig Beschäftigten haben im vergangenen Jahr insgesamt rund 55 Milliarden Stunden gearbeitet – 1991 waren es noch 52 Milliarden, zeigt die DIW-Studie.

weiterlesen
In Deutschland wird so viel gearbeitet wie noch nie

Haben wir Ihr Interesse für DER BETRIEB geweckt?

Sichern Sie sich das DER BETRIEB Gratis Paket: 4 Hefte + Datenbank