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25.05.2023

Steuerboard

Entwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes: Modernisierung der Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen

Lange musste die Start-up-Branche in Deutschland auf eine Anpassung der gesetzlichen Regelungen zur Mitarbeiterbeteiligung warten. Am 12.04.2023 hat das BMF nun den Referentenentwurf (RefE) für das Gesetz zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftsfinanzierungsgesetz – ZuFinG) veröffentlicht. Neben einer Reihe weiterer gesetzlicher Anpassungen enthält der RefE vielversprechende Änderungen zur steuerlichen Behandlung von Mitarbeiterbeteiligungen.

Entwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes: Modernisierung der Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen

Dr. Gesine von der Groeben
ist Partnerin bei Dentons in Frankfurt/M.

Dr. Andreas Berberich
ist Partner bei Dentons in München

Philipp Seimel
ist Associate bei Dentons in Frankfurt/M.

Aktuelle Rechtslage und Kritikpunkte der steuerlichen Behandlung von Mitarbeiterbeteiligungen

Gerade bei Start-ups ist die Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmen weit verbreitet, da junge Unternehmen in der Anfangsphase qualifizierte Fachkräfte nur selten mit attraktiven Gehältern für sich gewinnen können. Oftmals gehört daher eine Beteiligung am Unternehmen zum Gesamtvergütungspaket für qualifizierte Mitarbeiter, die diese dann im Falle eines erfolgreichen Verkaufs des Unternehmens (Exit) zu Geld machen können. Dies hat den attraktiven Nebeneffekt, dass sich eine gute Gesamtentwicklung des Unternehmens positiv auf die Mitarbeiter und deren Motivation auswirkt. Bereits 2021 hatte der Gesetzgeber im Rahmen des sogenannten „Fondstandortgesetzes“ mit der Einführung des § 19a EStG einen Versuch unternommen, Mitarbeiterbeteiligungen steuerlich attraktiv zu gestalten. Schnell hat sich allerdings gezeigt, dass der § 19a EStG in der eingeführten und aktuell gültigen Fassung sein Ziel verfehlt hat, da die gesetzlichen Vorgaben bei der Umsetzung von Mitarbeiterbeteiligungen zu engen Grenzen führen.

Als geldwerter Vorteil sind vergünstigte Geschäftsanteile im Zeitpunkt ihrer Ausgabe grundsätzlich als Lohnbestandteil zum individuellen Einkommensteuersatz zu versteuern. Da bei der Ausgabe und dem Versteuerungszeitpunkt allerdings noch kein finanzieller Zufluss bei den Begünstigten zu verbuchen ist (sog. „Dry-Income“), versuchte der Gesetzgeber mit § 19a EStG den Besteuerungszeitpunkt zeitlich nach hinten zu verlagern („vorläufige Nichtbesteuerung“). Dieses Vorhaben wurde aus den folgenden Gründen nur unzureichend umgesetzt: Zum einen gilt der Anwendungsbereich des § 19a EStG als zu klein. § 19a Abs. 3 EStG sieht die Schwellenwerte der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) vor (250 Mitarbeiter, 50 Mio. € Umsatz, 43 Mio. € Bilanzsumme) und ist nur auf Unternehmen anwendbar, deren Gründung nicht mehr als zwölf Jahre zurückliegt. Erfolgreiche Start-ups wachsen schnell aus den Vorgaben für Kennzahlen von KMUs. Außerdem ist § 19a EStG auf die Gewährung von Anteilen am Unternehmen des Arbeitgebers beschränkt, sodass keine Anteile an Gruppengesellschaften gewährt werden können. Des Weiteren führt die Anwendung des aktuellen § 19a Abs. 1 und 4 EStG zwar dazu, dass die geldwerten Vorteile aus der Ausgabe einer Unternehmensbeteiligung bei den Mitarbeitern unter bestimmten Voraussetzungen zunächst nicht besteuert werden. Allerdings erfolgt die Besteuerung dann zu einem späteren Zeitpunkt entweder bei Verkauf, bei Beendigung des Dienstverhältnisses oder spätestens nach zwölf Jahren, also unter Umständen lange bevor den Mitarbeitern überhaupt tatsächlich Geld aus der Veräußerung ihrer Beteiligung zugeflossen ist, mit der sie den Steueranspruch begleichen können. Dieses latente Risiko schreckt viele Start-ups und deren Mitarbeiter von der Ausgabe echter Anteile unter Anwendung des § 19a EStG ab. Deshalb werden Mitarbeiterbeteiligungsprogramme derzeit über sog. Virtual Share Option Programs (VSOP) oder die Ausgabe von Geschäftsanteilen mit einer negativen Liquidationspräferenz (Hurdle Shares) aufgesetzt.

Wesentliche Änderungsansätze des Entwurfs

Der RefE sieht verschiedene Änderungen vor, die darauf abzielen, die steuerlichen Hürden zu beseitigen. Zunächst wird der Steuerfreibetrag für den vergünstigten Erwerb von Mitarbeiterbeteiligungen im Rahmen des Dienstverhältnisses gem. § 3 Nr. 39 EStG von derzeit 1.440 € auf 5.000 € pro Kalenderjahr angehoben. Die Anhebung kommt den Begünstigten unabhängig von der Inanspruchnahme der nachgelagerten Besteuerung des geldwerten Vorteils zugute. Vor allem Mitarbeiter mit kleineren Beteiligungen dürften im Ergebnis merklich von der Erhöhung des Freibetrags profitieren. Unverändert bleibt es aber dabei, dass der Freibetrag nur dann greift, wenn das Mitarbeiterbeteiligungsprogramm allen Mitarbeitern offensteht, die seit mehr als einem Jahr dem Unternehmen angehören. Da Mitarbeiterbeteiligungen oft nur ausgewählten Mitarbeitern gewährt werden, greifen die Freibeträge für die meisten Start-ups folglich ohnehin nicht. Zudem muss die Mitarbeiterbeteiligung nunmehr „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ gewährt werden, um unliebsame Gestaltungen zur Lohnoptimierung zu vermeiden.

Weiter soll der Anwendungsbereich der aufgeschobenen Besteuerung auf die doppelten KMU-Schwellenwerte (500 Mitarbeiter, 100 Mio. € Umsatzschwelle, 86 Mio. € Jahresbilanzsumme) und auf Unternehmen bis 20 Jahre seit Unternehmensgründung ausgeweitet werden. Die verdoppelten Schwellenwerte können zudem nach dem RefE sechs Jahre lang überschritten werden, ohne dass dies dazu führt, dass ein Unternehmen aus dem Anwendungsbereich des § 19a EStG herausfällt. Bislang sah § 19a Abs. 3 EStG in diesem Zusammenhang lediglich ein Jahr vor. Zusätzlich sollen darüber hinaus auch Beteiligungen an verbundenen Unternehmen erfasst werden.

Auch das in der Start-up-Szene häufig kritisierte Dry-Income-Problem wird im RefE angegangen. Die nachgelagerte Besteuerung soll bis zur Veräußerung der Anteile aufgeschoben werden, wenn der Arbeitgeber bereit ist, die Haftung für anfallende Lohnsteuer im Falle eines Wechsels des Arbeitgebers (Leaver-Fälle) oder Ablauf von 20 Jahren ab Ausgabe der Geschäftsanteile (Long-Stop Date) zu übernehmen. Mit dieser Änderung soll zum einen sichergestellt werden, dass der Mitarbeiter nicht besteuert wird, bevor er tatsächlich finanziell von der Beteiligung durch einen Verkauf profitiert (auch die anderen Realisierungstatbestände führen dann nicht zur Besteuerung). Zum anderen wird der Steueranspruch des Fiskus gesichert, indem der Arbeitgeber sich unwiderruflich verpflichtet, für den Steueranspruch einzustehen, falls dieser beim Arbeitnehmer nicht einzubringen ist.

Zudem räumt der RefE die Möglichkeit einer pauschalen Besteuerung von 25% des steuerlichen Vorteils aus der Gewährung der Mitarbeiterbeteiligung ein. Bislang wurde der aus der Gewährung zugeflossene geldwerte Vorteil von der Finanzverwaltung als aus dem Arbeitsverhältnis veranlasst bewertet und folglich mit dem persönlichen Einkommensteuersatz besteuert. Mit dieser Privilegierung soll nach der Gesetzesbegründung eine möglicherweise hohe steuerliche Belastung abgemildert werden. Sie wird für den absolut überwiegenden Teil der Begünstigten positive finanzielle Auswirkungen im Rahmen der aufgeschobenen Besteuerung haben.

Kritik & Ausblick

Obwohl der RefE bereits eine Reihe der seit Langem kritisierten Themen aufgreift, gibt es weiter Verbesserungsbedarf. So wird etwa das Problem der Bewertung des geldwerten Vorteils im Zeitpunkt der Ausgabe ausgeklammert: Sowohl Unternehmen als auch Finanzämter dürften Schwierigkeiten haben, den tatsächlichen Wert eines geldwerten Vorteils eines Geschäftsanteils im Zeitpunkt der Besteuerung zu ermitteln. Gerade bei Start-ups sind solche Bewertungen oftmals durch zukünftige Gewinnchancen getrieben und schwer für die Vergangenheit darzulegen.

Die Änderungen, die der RefE für die Mitarbeiterbeteiligungen vorsieht, knüpfen an den Schwachstellen der aktuellen Rechtslage an und würden einen positiven Effekt auf die Etablierung und Nutzung von Mitarbeiterbeteiligungen in Deutschland haben. Die Umsetzung des Entwurfs dürfte vielen jungen Unternehmen dazu verhelfen, hochqualifizierte Arbeitskräfte für sich zu gewinnen und den Start-up-Standort Deutschland insgesamt attraktiver machen. Es bleibt nun abzuwarten, wie und wann die Änderungen aus dem RefE tatsächlich umgesetzt werden.


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