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22.05.2023

Arbeitsrecht, Meldung

Entgelttransparenzgesetz: Nur Minderheit der Unternehmen ist aktiv geworden

Das Entgelttransparenzgesetz soll die Benachteiligung von Frauen beseitigen. Doch es entfaltet bislang nur wenig Wirkung.

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Im Zeitraum von 2019 bis 2021 haben in mehr Betrieben Beschäftigte ihren individuellen Auskunftsanspruch genutzt als im Vergleichszeitraum kurz nach Inkrafttreten des Gesetzes 2018. Allerdings ist der Anteil der Betriebe, in denen mindestens eine Auskunftsanfrage gestellt wurde, mit gut einem Viertel bei mitbestimmten Betrieben der Privatwirtschaft und etwa 10 % im Öffentlichen Dienst weiter niedrig. Und nur bei knapp der Hälfte der Betriebe in Unternehmen ab 501 Beschäftigten und mit Betriebsrat haben bislang die Arbeitgeber die gesetzliche Aufforderung umgesetzt, die Entgelte von Frauen und Männern auf Ungleichheit zu prüfen.

Betriebe mit Mitbestimmung schneiden besser ab

Betriebliche Mitbestimmung spielt bei der Entgelttransparenz eine positive Rolle. Betriebe tun beispielsweise deutlich mehr, wenn es Betriebsvereinbarungen zu Gleichstellung oder verwandten Themen zwischen Management und Betriebsrat gibt und wenn das Verhältnis von Betriebsrat und Geschäftsführung generell gut ist. Es ist daher wahrscheinlich, dass die Situation in Betrieben ohne Betriebsräte und effektive Mitbestimmung noch deutlich schlechter ist. Das ergibt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.

So soll das Entgelttransparenzgesetz gestärkt werden

Um die bislang geringe Wirkung des Gesetzes zu erhöhen, sind strengere Auflagen, spürbare Sanktionen sowie niedrigere Hürden bei der Wahrnehmung des Transparenzanspruchs nötig, schreiben die Forschenden Dr. Helge Emmler und Dr. Christina Klenner. Die neue EU-Richtlinie zur Lohntransparenz – kürzlich beschlossen, aber noch nicht in Kraft getreten – sei sinnvoll, um der im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehenen Reform für ein wirksameres Gesetz Schub zu geben. „Gerade in Deutschland mit seinem hohen Gender Pay Gap erscheint das dringlich“, so Emmler und Klenner.

Frauen müssen im gleichen Betrieb für gleiche und gleichwertige Arbeit den gleichen Lohn erhalten wie Männer. Diesen Grundsatz soll das seit Mitte 2017 geltende Entgelttransparenzgesetz fördern. In Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten – also für etwa ein Drittel aller Arbeitnehmer*innen in Deutschland – gilt ein „individueller Auskunftsanspruch“, der in einem zweiten Schritt Anfang 2018 in Kraft getreten ist. Danach können Beschäftigte verlangen, dass ihnen der Arbeitgeber das durchschnittliche Gehalt der Kolleginnen oder Kollegen des jeweils anderen Geschlechts nennt, die eine ähnliche Arbeit leisten. Dadurch sollen bestehende Ungerechtigkeiten offengelegt und schließlich beseitigt werden. Für privatwirtschaftliche Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten gelten weitere Vorgaben: Dort soll der Arbeitgeber regelmäßig überprüfen, wie es um die Entgeltgleichheit im Unternehmen steht. Diese Aufforderung gilt nicht für den Öffentlichen Dienst. Generell sieht das Gesetz keine Sanktionen bei Nichtbefolgung vor.

Weitere Kernergebnisse der Studie

In der Mehrheit der privaten Betriebe mit Betriebsrat, in denen Beschäftigte den gesetzlichen Auskunftsanspruch haben, hat zwischen 2019 und 2021 niemand diesen Anspruch genutzt. Allerdings ist der Anteil der Betriebe, in denen mindestens ein*e Beschäftigte*r Auskunft begehrte, gestiegen: von 17 % 2018 auf nun 26 %. Im öffentlichen Dienst berichten nur 10 % der befragten Personalräte, dass Beschäftigte ihrer Dienststelle Anfragen zur Überprüfung ihres Entgelts gestellt haben.

Eine betriebliche Prüfung der Entgelte von Frauen und Männern auf Ungleichheit durch den Arbeitgeber wurde nach Angaben der Betriebsräte in rund 49 % aller Betriebe durchgeführt. Das ist zwar spürbar mehr als 2018, als das nur für knapp 37 % der Betriebe galt, gleichwohl weiterhin die Minderheit. Zudem lässt sich mit der Befragung nicht klären, ob die Prüfung aussagekräftig, umfangreich und systematisch oder nur oberflächlich war, zeigt die Untersuchung.

Die Instrumente des Gesetzes werden häufiger genutzt, wenn im Betrieb der Anteil von hochqualifizierten und/oder von jungen Beschäftigten überdurchschnittlich ist.

 


Hans-Böckler-Stiftung vom 16.05.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

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