Ordnet eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, beispielsweise eine Stadt, die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück auf sich selbst gegen Zahlung einer Entschädigung an, enteignet sie also den Grundstückseigentümer, ist ein hieraus erzielter Gewinn nicht steuerpflichtig. Dies hat das FG Münster entschieden.
Im zugrunde liegenden Streitfall hatte der Kläger im Jahr 2005 das Alleineigentum an einem unbebauten Grundstück erworben. Im Jahr 2008 führte die Stadt ein Bodensonderungsverfahren durch und erließ dabei in Bezug auf das Grundstück einen sog. Sonderungsbescheid gegenüber dem Kläger, infolgedessen das Eigentum auf die Stadt übergehen sollte. Als Entschädigung für den Eigentumsübergang zahlte die Stadt einen Betrag von 600.000 Euro an den Kläger.
Finanzamt geht von Spekulationsgewinn aus
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Enteignung des Grundstücks durch die Stadt ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft darstelle, da zwischen Erwerb und Enteignung weniger als zehn Jahre vergangen seien und deshalb ein Veräußerungsgewinn (sog. „Spekulationsgewinn“) von rund 175.000 Euro von den Klägern zu versteuern sei.
Erfolg vor Gericht
Das FG Münster gab der hiergegen erhobenen Klage mit Urteil vom 28.11.2018 (1 K 71/16 E) statt. Die hoheitliche Übertragung des Eigentums an dem streitgegenständlichen Grundstück auf die Stadt ist nicht als Veräußerungsgeschäft anzusehen. Ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft setzt voraus, dass die Eigentumsübertragung auf eine wirtschaftliche Betätigung des Veräußernden zurückzuführen ist. Hierzu muss ein auf die Veräußerung gerichteter rechtsgeschäftlicher Wille des Veräußernden vorhanden sein. Ein solcher Wille fehlt, wenn ein Grundstück – wie im Streitfall – enteignet wird.
Das FG Münster hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
(FG Münster, PM vom 17.12.2018 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)