21.02.2020

Arbeitsrecht, Meldung

Einsetzung des Wahlvorstands durch Gericht

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Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat entschieden, dass die Einsetzung des Wahlvorstands für die Betriebsratswahl durch das Arbeitsgericht auch dann erfolgen kann, wenn die Betriebsversammlung zur Wahl des Wahlvorstands vertagt wird.

Besteht weder ein Betriebsrat noch ein Gesamt- oder Konzernbetriebsrat, kann der Wahlvorstand zur Wahl des Betriebsrats in einer Betriebsversammlung gewählt werden. Findet diese trotz Einladung hierzu nicht statt oder wird dort kein Wahlvorstand gewählt, bestellt ihn das Arbeitsgericht auf Antrag von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern (§ 17 Abs. 4 BetrVG).

Dies gilt auch dann, wenn die Teilnehmenden der Betriebsversammlung mehrheitlich eine Vertagung dieser Versammlung mit der Folge beschließen, dass kein erster Wahlgang zustande kommt. Die Fortsetzung der vertagten Wahlversammlung ist keine Voraussetzung für die gerichtliche Bestellung. Dies hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein am 22.01.2020 (3 TaBV 23/19) entschieden.

Wahlversammlung war objektiv erfolglos

In einem Unternehmen bestand noch kein Betriebsrat. Drei wahlberechtigte Arbeitnehmer luden zu einer Betriebsversammlung für den 18.04.2019 ein, um dort durch die Teilnehmenden einen Wahlvorstand wählen zu lassen. Auf der Betriebsversammlung   diskutierten  die  Anwesenden   kontrovers  und  beschlossen schließlich mehrheitlich, die Betriebsversammlung – ohne konkrete Verabredung eines weiteren Termins – zu vertagen.

Hiergegen haben sich die drei einladenden Arbeitnehmer zumindest nicht gewehrt. Im Anschluss haben sie sich aber an das Arbeitsgericht Lübeck (1 BV 36/19) gewandt und die Bestellung des Wahlvorstands durch das Gericht beantragt, ohne die vertagte Betriebsversammlung abzuwarten. Diese hat allerdings bis zum 22.01.2020 auch noch nicht stattgefunden.

Bestellung des Wahlvorstands durch Gericht bestätigt

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat die Bestellung des Wahlvorstands durch das Arbeitsgericht Lübeck bestätigt. Die gerichtliche Bestellung eines Wahlvorstands kann nach § 17 Abs. 4 BetrVG nur, aber auch stets dann erfolgen, wenn es den Arbeitnehmern des Betriebs nicht gelungen ist, auf einer Wahlversammlung einen Wahlvorstand zu wählen. Dadurch ist der Vorrang der Belegschaft des Betriebs gesichert, selbst einen Wahlvorstand nach ihren Vorstellungen einzusetzen. Nach § 17 Abs. 3 BetrVG sollen alle betroffenen Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, ihre eigenen kollektiven Interessen durch eine Beteiligung an der Initiative zur Bildung eines Betriebsrats selbst wahrzunehmen, bevor es zur gerichtlichen Bestellung eines Wahlvorstands kommt.

Gründe für Nichtwahl eines Wahlvorstandes irrelevant

Im Streitfall hatte die Betriebsversammlung keinen Wahlvorstand gewählt, hatte jedoch die Chance dazu. Durch den letztendlich mehrheitlich gefassten Beschluss, die Versammlung ohne Festlegung eines konkreten „Fortsetzungstermins“ zu „vertagen“, ist die ordnungsgemäß einberufene Wahlversammlung objektiv erfolglos geblieben. Das ist ausreichend, denn auf die Gründe der Nichtwahl eines Wahlvorstandes kommt es nach dem Willen des Gesetzgebers nicht an.

Im Übrigen bleibt es den Arbeitnehmern des Betriebs bis zur Rechtskraft der durch das Arbeitsgericht erfolgten Bestellung eines Wahlvorstands unbenommen, selbst in einer weiteren Betriebsversammlung einen Wahlvorstand zu wählen. Durch diese Subsidiarität sind die Rechte der Belegschaft auf Selbstorganisation weiterhin geschützt.

(LAG Schleswig-Holstein, PM vom 20.02.2020 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)

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