Wird aufgrund eines Vergleichs ein Teil des Kaufpreises gegen Rückübertragung von GmbH-Anteilen zurückgezahlt, so stellt dies kein rückwirkendes Ereignis dar, das zu einer Änderung der ursprünglich auf die Anteilsveräußerung entfallenden Einkommensteuer geführt hätte.
In einem vor dem Finanzgericht Münster verhandelten Fall klagte der alleinige Gesellschafter einer GmbH, die Grillverkaufswagen betrieb. Im Jahr 2003 veräußerte er sämtliche GmbH-Anteile für insgesamt 250.000 Euro an zwei Erwerber. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer unter Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns fest.
Liegt ein rückwirkendes Ereignis vor?
Die Käufer erhoben eine Zivilklage gegen den Kläger, weil er sie unter Vorlage unrichtiger Bilanzen der GmbH getäuscht hatte. Das Landgericht verurteilte ihn zur Rückerstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückabtretung der Anteile. Im Berufungsverfahren 2010 schlossen die Vertragsparteien einen Vergleich, wonach der Kläger gegen Rückabtretung der Anteile lediglich 200.000 Euro zurückzahlen musste, wovon ihm 75.000 Euro bei rechtzeitiger Zahlung des Restbetrages erlassen wurden. Da der Kläger 125.000 Euro fristgerecht zahlte, blieb es bei der Rückzahlung dieser Summe. Das Finanzamt lehnte seinen Antrag auf Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 2003 ab, weil kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorliege, sondern ein Rückkauf der Anteile vereinbart worden sei.
Rechtsgeschäft muss vollständig rückabgewickelt werden
Dies bestätigte auch das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 15.04.2015 (Az. 13 K 2939/12) und wies die Klage ab. Der im Jahr 2010 geschlossene Vergleich stelle kein rückwirkendes Ereignis dar. Bei Rückabwicklung eines bereits vollzogenen Rechtsgeschäfts sei § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nur anwendbar, wenn diese im Kaufvertrag selbst angelegt sei und das Rechtsgeschäft tatsächlich vollständig rückabgewickelt werde. Die Parteien müssten sich so stellen, als wäre der Kaufvertrag nicht abgeschlossen worden. Im Streitfall seien die wirtschaftlichen Folgen der bereits vollzogenen Anteilsveräußerung nicht vollständig beseitigt worden, denn die Käufer hätten gerade nicht die vollständige Rückzahlung des Kaufpreises verlangen können. Der Vergleich stelle vielmehr eine neue vertragliche Vereinbarung dar. Der aufgrund des Vergleichs gezahlte Betrag in Höhe von 125.000 Euro sei beim Kläger im Fall einer späteren Auflösung der GmbH allerdings gewinnmindernd zu berücksichtigen.
(FG Münster / Viola C. Didier)