Urteilssachverhalt
Eine GmbH mit satzungsmäßigem Sitz in Deutschland ist Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftshauses in Deutschland, aus dem die GmbH entsprechende Mieterträge erwirtschaftete. Der alleinige Geschäftsführer dieser GmbH hatte seinen Wohnsitz in Luxemburg. Eigene Büroräumlichkeiten der GmbH gab es weder in Deutschland noch in Luxemburg. Die Vermietungseinkünfte der GmbH wurden in Deutschland im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht für Zwecke der Körperschaftsteuer berücksichtigt, da sich der Ort der Geschäftsleitung am Wohnsitz des Geschäftsführers in Luxemburg befindet.
Die GmbH hatte einer Dienstleistungsgesellschaft mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland eine umfangreiche „Hausverwaltungsvollmacht“ erteilt. Die Vollmacht umfasste alle Rechte und Pflichten, die im Zusammenhang mit der Verwaltung der Immobilie standen inkl. der Erfüllung von Verpflichtungen gegenüber Mietern und Pächtern der Immobilie als auch die Vertretung der GmbH gegenüber diversen Behörden (z.B. Finanzverwaltung). Nach den vorliegenden Angaben bestand keine Personenidentität bei den Geschäftsführern und den Gesellschaftern der beiden Gesellschaften bzw. auch sonst kein Näheverhältnis.
Neben der Hausverwaltungstätigkeit gab es zwischen der Eigentümergesellschaft und dem Dienstleister noch wechselseitige Gewährung von Darlehen.
Entscheidung des BFH
In den Leitsätzen des Besprechungsurteils bestätigt der erkennende Senat die ständige Rechtsprechung, wonach eine Betriebsstätte i.S. des § 12 Satz 1 AO eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche erfordert, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige (hier: die GmbH als Eigentümerin der Immobilie) eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat. An dem bisherigen Grundsatz, dass die bloße Verwaltung einer Immobilie als eigenes Vermögen inkl. der Vereinnahmung von entsprechenden Miet- oder Pachtzahlungen regelmäßig zu keiner gewerbesteuerlich relevanten Betriebsstätte führt, hat sich nichts geändert. Es müssen somit weiterhin zusätzliche Tätigkeiten durch eigenes Personal oder beauftragte Dienstleister erbracht werden, um eine Betriebsstätte i.S. des § 12 Satz 1 AO bejahen zu können.
Des Weiteren verweist der BFH auf frühere Urteile, wonach unter bestimmten Voraussetzungen auch (fremde) Räumlichkeiten dann eigene Betriebsstätten i.S. des § 12 S. 1 AO sein können, wenn es sich hierbei um solche einer eingeschalteten Dienstleistungs- oder Managementgesellschaft handelt und hierüber kein vertraglich eingeräumtes eigenes Nutzungsrecht besteht (BFH-Urteile vom 23.02.2011 – I R 52/10, BFH/NV 2011 S. 1354; vom 24.08.2011 – I R 46/10, BStBl. II 2014 S. 764). Dies gilt aber nur, wenn die fehlende Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung oder Anlage des Dritten durch eine eigene unternehmerische Tätigkeit vor Ort ersetzt wird (z.B. Identität der Leitungsorgane, fortlaufende nachhaltige Überwachung in den Räumlichkeiten des Auftragnehmers).
Ohne eine gewisse räumliche und zeitliche „Verwurzelung“ des Unternehmens vor Ort, fehlt es an dem für eine Betriebsstättenbegründung i.S. des § 12 Satz 1 AO erforderlichen Dienen der Geschäftseinrichtung oder Anlage für eigene unternehmerische Zwecke. Allein die Übertragung von auch umfassenden Aufgaben ohne gleichzeitig eigene betriebliche Tätigkeiten vor Ort, macht die Betriebsstätte des Dienstleisters nicht zur Betriebsstätte des Eigentümers der Immobilie.
Im vorliegenden Fall hatte die Eigentümergesellschaft der Immobilie unstrittig keine Verfügungsmacht über die Räumlichkeiten des Dienstleisters. Es bestand auch keine Identität der Leitungsorgane beider Gesellschaften, wodurch eine fortlaufende nachhaltige Überwachung allein wegen Personenidentität ausscheidet. Die Sachverhaltsangaben bzw. die Feststellungen im erstinstanzlichen FG-Urteil liefern keine Anhaltspunkte dafür, dass der Geschäftsführer der Eigentümergesellschaft die Tätigkeiten des Dienstleisters tatsächlich vor Ort in Deutschland überwacht hätte. Eine Überwachung des Dienstleisters aus dem Ausland sei nach Auffassung des erkennenden Senats nicht ausreichend, ebensowenig die bloße Möglichkeit zur Überwachung vor Ort in Deutschland.
Eine umfangreiche Vollmacht allein begründet grundsätzlich keine Betriebsstätte i.S. des § 12 Satz 1 AO, die für eine Gewerbesteuerpflicht zwingend erforderlich wäre. Eine Vollmacht kann zwar dazu führen, dass der Dienstleister als sog. ständiger Vertreter des Eigentümers der Immobilie i.S. des § 13 AO anzusehen ist. Für die Begründung einer Gewerbesteuerpflicht des Immobilieneigentümers ist das allerdings nicht ausreichend.
Das Vermietungsobjekt als solches kann im Ausnahmefall zu einer Betriebsstätte i.S. des § 12 Satz 1 AO des Immobilieneigentümers führen. Erforderlich wären hier allerdings Tätigkeiten, die den üblichen Verwaltungsaufwand der Immobilie überschreiten, z.B. dauerhafter Einsatz von Hausmeistern, Handwerkern und Empfangspersonal durch eigenes oder beauftragtes Personal. Hierzu gab es im entschiedenen Fall keine ausreichenden Feststellungen.
Des Weiteren kann auch die Geschäftsleitungsbetriebsstätte des Dienstleisters als eigene Betriebsstätte des Eigentümers der Immobilie angesehen werden. Voraussetzung dafür wäre jedoch, dass die Immobiliengesellschaft die tatsächliche Geschäftsführungstätigkeit (laufende gewöhnliche Entscheidungen des Tagesgeschäfts) auf den Dienstleister übertragen hätte. Im erstinstanzlichen Urteil wurden dazu nach Auffassung des BFH keine ausreichenden Feststellungen getroffen.
Der erkennende Senat hat das Urteil des FG Berlin-Brandenburg aufgehoben und an die Vorinstanz zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Das FG wird sich hier im Wesentlichen damit auseinandersetzen müssen, ob die GmbH als Eigentümerin der Immobilie die tatsächliche bzw. faktische Geschäftsführung auf den Dienstleister übertragen hat.
Sollte die Vorinstanz zu der Auffassung gelangen, dass der Dienstleister die faktische Geschäftsführung für die GmbH übernommen hat, wäre weiterhin zu klären, ob die GmbH in diesem Fall neben einer Betriebsstätte im Inland auch über eine (Geschäftsleitungs-) Betriebsstätte in Luxemburg verfügt und ob bzw. in welchem Umfang eine Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 3 GewStG für die GmbH in Deutschland infrage kommt.
Fazit
Das FG Berlin-Brandenburg wird im 2. Rechtsgang noch weitere Feststellungen zum Sachverhalt treffen und letztlich darauf basierend entscheiden müssen, ob die GmbH in Deutschland eine Betriebsstätte unterhielt und folglich der Gewerbesteuer unterlag. Vor diesem Hintergrund ist der Ausgang dieses konkreten Rechtsstreits weiterhin offen.
Der BFH gibt den Steuerpflichtigen und damit auch deren Beratern mit diesem Urteil jedoch Leitsätze an die Hand, die eine gewisse Orientierung für zukünftige Entscheidungen geben, sowohl bei Finanzgerichtsverfahren als auch bei der Strukturierung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Verwaltung von Immobilien. Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf dieses Urteil reagieren wird. Da die Entscheidung erst kürzlich vom BFH veröffentlich wurde, ist noch nicht abzusehen, ob eine Veröffentlichung im Bundessteuerblatt erfolgen wird und das Urteil damit über den entschiedenen Einzelfall hinaus Anwendung findet.
Für die Praxis gilt weiterhin die Empfehlung, diverse Verwaltungsaufgaben möglichst nicht bei einem einzigen Dienstleister zu konzentrieren. Zudem sollte bei der Ausgestaltung von Vollmachten, die Dienstleistern erteilt werden, darauf geachtet werden, dass der Asset Manager oder Hausverwalter nicht die faktische Geschäftsführung (Entscheidungen des gewöhnlichen Tagesgeschäfts) für den Eigentümer der Immobilie übernimmt. Bestehende Vollmachten sollten auf möglichen Anpassungsbedarf überprüft werden.
Die Leitsätze des Besprechungsurteils schaffen jedoch keine absolute Klarheit. In der Praxis wird jeder Fall weiterhin einzeln zu beurteilen sein. Vor dem Abschluss oder der Anpassung von Dienstleistungsverträgen sollte in jedem Fall eine steuerliche Beurteilung bzw. Risikoeinschätzung erfolgen, um die Begründung einer gewerbesteuerlich relevanten Betriebsstätte zu vermeiden.
Sollte im reinen Inlandsfall der Dienstleister eine (weitere) Betriebsstätte für den Eigentümer der Immobilie begründen, wäre der gesamte Gewerbeertrag des Eigentümers entsprechend nach allgemeinen gewerbesteuerlichen Grundsätzen zu zerlegen und auf die einzelnen Städte und Gemeinden zu verteilen, in denen Betriebsstätten i.S. des § 12 Satz 1 AO bestehen. Damit verbunden wäre aber vermutlich ein meist unverhältnismäßiger Arbeitsaufwand aufseiten der Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung bzw. der Kommunalverwaltung.