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28.03.2017

Arbeitsrecht, Meldung

Dynamische Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag

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Wirkt eine Bezugnahmeklausel in einem Arbeitsvertrag auch nach dem Betriebs- bzw. Unternehmensübergang beim Erwerb von Anteilen an einem Unternehmen noch dynamisch? Mit dieser Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht beschäftigt.

Der Kläger war seit 1984 bei einer Rehabilitationsklinik beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrages galten für das Arbeitsverhältnis die Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) von 1961. Die beklagte Reha-Klinik war und ist nicht tarifgebunden. Mit Wirkung zum 1. Januar 2002 wurde die M-AG Gesellschafterin der Beklagten. Bereits seit Jahren streiten die Parteien darüber, ob dem Kläger Entgelt nach den Entgelttabellen des Tarifvertrages für den Öffentlichen Dienst (TVöD) zusteht. Mit Urteil vom 15.02.2007 hat das Arbeitsgericht Essen in einem Vorprozess festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis die Vorschriften des TVöD Anwendung finden. Das Urteil ist rechtskräftig.

Steht Europarecht der Anwendung entgegen?

Der Kläger hat die Beklagte u. a. auf Zahlung rückständigen Entgelts für die Monate Januar bis November 2013 auf der Grundlage einer im Jahr 2013 geltenden Entgelttabelle des TVöD in Anspruch genommen. Zur Begründung hat er sich auf das rechtskräftige Urteil des Arbeitsgerichts Essen berufen. Die Beklagte hat geltend gemacht, aus dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Alemo-Herron u. a. (EuGH 18.07.2013 – C-426/11 -) sowie aus Art. 16 der Charta der Grundrechte (GRC) folge, dass sie nicht dynamisch an den TVöD gebunden sei; vielmehr gelte der BAT statisch mit dem Stand 31.01.2003. Dies führe zu einer Durchbrechung der Rechtskraft des arbeitsgerichtlichen Urteils in dem Vorprozess.

Bloßer Anteilserwerb ist kein Unternehmensübergang

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte vor Bundesarbeitsgericht Erfolg (Urteil 8 AZR 89/15 vom 23.03.2017). Das Landesarbeitsgericht durfte dem Kläger nicht das eingeklagte Entgelt zusprechen. Zwar hat der Kläger für die Monate Januar bis November 2013 nach § 2 des Arbeitsvertrages i. V. m. § 15 TVöD Anspruch auf das monatliche Tabellenentgelt nach der für diese Zeit für ihn maßgeblichen Tabelle. Aufgrund des Urteils des Arbeitsgerichts Essen steht rechtskräftig fest, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Vorschriften des TVöD einschließlich der diese Vorschriften ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Daran ändern weder das Urteil des EuGH in der Rechtssache Alemo-Herron noch Art. 16 GRC etwas, da der vorliegende Sachverhalt weder in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12.03.2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- und Betriebsteilen noch in den von Art. 16 GRC fällt. Der bloße Erwerb von Anteilen an einem Unternehmen stellt nach der Rechtsprechung des EuGH keinen Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- bzw. Betriebsteilen i. S. d. Richtlinie 2001/23/EG dar.

Anspruchshöhe bleibt unklar

Das angefochtene Urteil erweist sich allerdings insoweit als rechtsfehlerhaft, als das Landesarbeitsgericht nicht geprüft hat, ob dem Kläger Entgelt nach der von ihm reklamierten Entgeltgruppe KR 7a Stufe 6 zustand. Aufgrund der vom Landesarbeitsgericht bislang getroffenen Feststellungen konnte der Senat nicht abschließend beurteilen, nach welcher Entgeltgruppe und welcher Stufe welcher Tabelle sich das monatliche Entgelt des Klägers bemisst, und damit nicht entscheiden, in welcher Höhe dem Kläger Ansprüche auf rückständiges Entgelt zustehen. Dies führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht.

(BAG, PM vom 23.03.2017 / Viola C. Didier)


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