• Home
  • /
  • Meldungen
  • /
  • Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung – Neues von der Finanzgerichtsbarkeit

12.03.2025

Steuerboard

Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung – Neues von der Finanzgerichtsbarkeit

Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung (§ 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG) stellt sicher, dass die vermögensverwaltende Immobilienverwaltung steuerlich gleichbehandelt wird mit der – lediglich technisch als gewerblich eingestuften – Vermietung eigenen Grundbesitzes. Gewerbliche Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können ihren Gewerbeertrag insoweit kürzen. Die Regelung ist in ihren Details höchst streitanfällig und geprägt von einer komplexen Kasuistik, die sich einer systematischen Einordnung entzieht. Der nachfolgende Rückblick auf neuere Entscheidungen der Finanzgerichte sowie ein Ausblick auf anhängige Verfahren beim BFH sollen helfen, einen Eindruck über die aktuelle Entwicklungen zu erhalten.

Nachhaltigkeitsbericht: Die Herausforderung erfolgreich meistern

RA/StB Dr. Hardy Fischer
ist Partner bei POELLATH in Berlin

Rückblick: Auswahl an jüngsten Entscheidungen der Finanzgerichte und des BFH

Die Finanzgerichte und der BFH hatten in jüngster Zeit mehrfach Gelegenheit, Rechtsfortbildung zur erweiterten Kürzung zu betreiben:

  • umgekehrte Betriebsaufspaltung (BFH vom 22.02.2024 – III R 13/23): Eine gewerbliche Tätigkeit einer Besitzkapitalgesellschaft kann nicht über eine Betriebsaufspaltung abgeleitet werden bei mittelbarer Beteiligung der Betriebspersonengesellschaft über eine Kapitalgesellschaft. Das Urteil bestätigt den Fortbestand des Durchgriffsverbots bei kapitalistischen Betriebsaufspaltungssituationen, nachdem hierzu aufgrund neuerer Rechtsprechung (BFH vom 16.09.2021 – IV R 7/18) Zweifel aufgekommen waren.
  • Betriebsverpachtung (BFH vom 30.10.2024 – IV R 19/22): Eine Betriebsverpachtung ist nicht kürzungsschädlich, wenn die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände vermietet werden und es sich hierbei ausschließlich um eigenen (bebauten) Grundbesitz handelt.
  • Weitervermietung im Organkreis (BFH vom 11.7.2024 – III R 41/22): Die erweiterte Kürzung entfällt jedoch, wenn eine Organgesellschaft Grundstücke an eine andere Organgesellschaft derselben Organschaft verpachtet – selbst wenn diese von dort an Dritte weitervermietet werden.
  • „Ausschließlichkeitsgrundsatz“ der Grundstücksverwaltung: Die Rechtsprechung legt dieses Merkmal weiterhin sehr streng aus. So verstößt etwa die Vermittlung vergünstigter Serviceverträge durch den Vermieter von Senioren-Appartements gegen den Ausschließlichkeitsgrundsatz, wenn zugleich das Doppelte der ortsüblichen Miete erzielt wird (BFH vom 13.06.2024 – III R 26/21). Außerdem schließt ein nur eintägiger Zeitraum ohne Grundbesitz (BFH vom 17.10.2024 – III R 1/23) oder der Erwerb einer Immobilie erst im Laufe des Jahres die erweiterte Kürzung weiterhin aus (FG Berlin-Brandenburg vom 05.11.2024 – 8 K 8179/22 mit Revision anhängig beim BFH unter Az. III R 40/24).
  • Betriebsvorrichtungen: Ihre Vermietung ist (jedenfalls bis 2021) grundsätzlich kürzungsschädlich. Betriebsvorrichtungen können jedoch, wenn sie wesentliche Gebäudebestandteile sind, Gegenstand gesonderter schuldrechtlicher Vereinbarungen sein (BFH vom 19.12.2023 – IV R 5/21), d.h. zum Beispiel gesondert vermietet werden oder wirtschaftliches Eigentum kann daran begründet werden. Außerdem stellte der BFH (Urteil vom 11.01.2024 – IV R 24/21) zuletzt klar, dass Betriebsvorrichtungen nicht isoliert übertragen werden können, wenn sie wesentlicher Bestandteil eines Gebäudes sind. Dies steht nicht im Widerspruch zum erstgenannten Urteil, auch wenn die Urteilsbegründung teilweise missverständlich formuliert ist.
  • Lastenaufzüge: Erstinstanzliche Urteile deuten auf eine mögliche Entspannung hin (FG Münster vom 28.08.2024 – 2 K 1046/22; FG Schleswig-Holstein vom 28.03.2024 – 1 K 134/22 und FG Düsseldorf vom 23.11.2023 – 14 K 1037/22). Die Mitvermietung eines Lastenaufzugs (also potentielle Betriebsvorrichtung) kann danach zwingender Bestandteil einer wirtschaftlich sinnvollen Grundstücksverwaltung und damit unschädlich für die erweiterte Kürzung sein. Zwei wesentliche neue Aspekte haben die Finanzgerichte hierzu ausgeführt: Wesentliche Gebäudebestandteile führen im Regelfall dazu, dass die Betriebsvorrichtung als zwingend notwendig für eine wirtschaftlich sinnvolle Grundstücksverwaltung und -nutzung zu qualifizieren sei, sofern nicht besondere Umstände im Einzelfall eine anderen Bewertung erzwingen. Außerdem sei dem Steuerpflichtigen zudem ein begrenzter unternehmerischer Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen zuzugestehen. Falls der BFH in den anhängigen Revisionsverfahren (IV R 9/24, IV R 31/23) diese Sichtweise bestätigt, wird dies die Anwendungspraxis künftig erheblich erleichtern  (vgl. hierzu bereits Märker, Steuerboard vom 04.06.2024, DB1462884).

Ausblick: Anstehende Entscheidungen des BFH

Der BFH wird auch künftig die Kasuistik zur erweiterten Kürzung weiterentwickeln. Besonders spannend sind anstehende Entscheidungen zur Abgrenzung kürzungsschädlicher gewerblicher Tätigkeiten – insbesondere zur Frage, ab wann eine gewerbliche Betätigung nach § 15 Abs. 2 EStG die erweiterte Kürzung ausschließt.

  • Gründung und Verkauf von Tochtergesellschaften (III R 29/23): Der BFH hat zu klären, ob die planmäßige Gründung, Ausstattung mit Grundstücken und der anschließende Verkauf von Tochtergesellschaften die Kürzung ausschließt. Das FG Berlin-Brandenburg hatte dies in erster Instanz verneint (Urteil vom 19.09.2023 – 8 K 8162/21).
  • Mehrstufige Beteiligungsstrukturen (III R 14/23, III R 12/22): Offen ist die Frage, ob für die Einordnung als gewerblicher Grundstückshändler und damit für die Versagung der erweiterten Kürzung die persönlichen Verhältnisse der Geschäftsführer berücksichtigt werden können – etwa wenn diese auch in anderen grundstückshandelnden Gesellschaften tätig sind. Während erstinstanzlich das FG Münster die Kürzung in einem Sonderfall gewährte (Urteil vom 26.04.2023 – 13 K 3367/20 G), deutet das FG Berlin-Brandenburg auf eine konzernweite Betrachtung hin (Urteil vom 18.01.2022 – 8 K 8008/21).
  • Oldtimer als Kapitalanlage (III R 23/23): Der BFH wird zu entscheiden haben, ob das ertraglose Halten von Oldtimern kürzungsschädlich ist oder ob für die Annahme einer schädlichen Tätigkeit tatsächlich Erträge generiert werden müssen. Das FG Baden-Württemberg versagte die Kürzung (Urteil vom 28.03.2023 – 6 K 878/22). Die anstehende Entscheidung des BFH könnte grundlegende Auswirkungen haben – etwa auf sonstige unentgeltliche Tätigkeiten, die bisher in der Anwendungspraxis der Finanzverwaltung als unschädlich qualifiziert wurden (z. B. Breitbandkabelüberlassung). Nachdem der BFH diese Frage bisher offengelassen hat, könnte er nun im Verfahren III R 23/23 hierzu ein grundlegendes Fundament legen.

Es gibt zudem noch zahlreiche weitere Fälle, die hier nicht aufgeführt sind, und auch künftig wird es neue Verfahren geben. Berater und Steuerpflichtige sollten die Entwicklungen aufmerksam verfolgen, da sich die Rechtslage fortlaufend verändert. Die alleinige Lektüre des Gesetzestextes oder eines Kommentars reicht längst nicht aus, um stets auf dem neuesten Stand bei der erweiterten Kürzung zu sein.

Weitere Autoreninformationen:


, , , , ,

Weitere Meldungen


Meldung

©DOC RABE Media/fotolia.com


12.03.2025

Entgeltumwandlung: Tarifvertrag kann Arbeitgeberzuschuss ausschließen

Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt: Ältere Tarifverträge können den gesetzlichen Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung wirksam ausschließen.

weiterlesen
Entgeltumwandlung: Tarifvertrag kann Arbeitgeberzuschuss ausschließen

Meldung

©liudmilachernetska/123rf.com


12.03.2025

Viertagewoche: Vollzeitkräfte nicht erschöpfter als Teilzeitkräfte

Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Verkürzung der Arbeitszeit kein wirksames Mittel zur Gesundheitsförderung von Mitarbeitern ist.

weiterlesen
Viertagewoche: Vollzeitkräfte nicht erschöpfter als Teilzeitkräfte

Rechtsboard

Christian Rolf


11.03.2025

Schlussantrag des Generalanwalts in der Sache C-134/24

Am 27. Januar schrieben wir den 20. Jahrestag der „Junk“-Entscheidung des EuGH zur Massenentlassungsrichtlinie (RL 97/59/EG) und deren deutsche Umsetzung in § 17 KSchG (C-188/03). Wir erinnern uns: Im Jahr 2005 hatte der EuGH das deutsche System der Massenentlassungsanzeigepflicht gründlichst auf den Kopf gestellt.

weiterlesen
Schlussantrag des Generalanwalts in der Sache C-134/24

Haben wir Ihr Interesse für DER BETRIEB geweckt?

Sichern Sie sich das DER BETRIEB Gratis Paket: 4 Hefte + Datenbank