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09.01.2024

Steuerboard

Der neue Außensteueranwendungserlass vom 22.12.2023: Ausgewählte Aspekte zur Hinzurechnungsbesteuerung im Fondskontext

Am 22.12.2023 hat das BMF als verfrühtes Weihnachtsgeschenk und etwas überraschend das finale Anwendungsschreiben zum neuen AStG veröffentlicht, welches auch spannende Aussagen zur Hinzurechnungsbesteuerung beinhaltet. Aufgrund der Vielzahl ungeklärter Fragen, der hohen Relevanz der Hinzurechnungsbesteuerung sowie der deutlichen Kritik am Entwurf des Anwendungsschreibens aus Juli 2023 wurde das finale Schreiben mit Spannung erwartet. Die hohen Erwartungen erfüllt der Erlass im Hinblick auf die Hinzurechnungsbesteuerung im Fondskontext aber nur zum Teil.

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StB, Fachberater für Internationales Steuerrecht, Dipl-Fw. (FH), M.A. (Taxation) Raphael Baumgartner
ist Counsel bei POELLATH, München

Beherrschungskriterien bei schuldrechtlichen Beteiligungsformen

Die Änderungen durch das ATADUmsG haben die Diskussion, ob auch schuldrechtliche Beteiligungsformen (z.B. Genussrechte) die Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung auslösen können, neu entfacht. Im Entwurf des Anwendungsschreibens vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass auch fremdkapitalähnliche Genussrechte zu einer Beherrschung (§ 7 Abs. 2 AStG) sowie einer Zurechnung (§ 7 Abs. 1 Satz 3 AStG) von Zwischeneinkünften führen können. Diese Auffassung wurde zu Recht scharf kritisiert, da sie zu wirtschaftlich unzutreffenden Ergebnissen führen kann. Im finalen Schreiben vertritt die Finanzverwaltung nur noch die Meinung, dass schuldrechtliche Beteiligungsformen zu einer Beherrschung führen können (jedenfalls beinhaltet das Schreiben keine gegenteilige Aussage), jedoch soll zumindest rechtsfolgenseitig eine Zurechnung beim Inhaber des Finanzinstruments nur dann erfolgen, wenn Ausschüttungen auf das Instrument das Einkommen der leistenden Gesellschaft unter Anwendung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht mindern. Diese Interpretation ist hinsichtlich der Zurechnung zutreffend, könnte bei fremdkapitalähnlichen Genussrechten aber zu dem wenig sinnhaften Ergebnis führen, dass Erklärungen nach § 18 AStG abzugeben sind, obwohl keine Rechtsfolge eintreten würde. Zeitgleich beinhaltet der Erlass keine Aussagen zu gängigen ausländischen Beteiligungsformen wie zum Beispiel „Tracking Shares“, weshalb in solchen Fällen weiterhin besondere Vorsicht geboten ist.

Acting in Concert nach § 7 Abs. 4 AStG

Seit den ersten Entwürfen des ATADUmsG erfreut sich das sog. „Acting in Concert“ einer hohen „Beliebtheit“ in der Literatur – inhaltlich wurde das Acting in Concert aufs Schärfste kritisiert.

Das Acting in Concert nach § 7 Abs. 4 Satz 1 AStG interpretiert die Finanzverwaltung trotz aller Kritik am Entwurfsschreiben weiterhin überschießend, sieht aber immerhin die Nachweispflicht bei sich selbst. Ein Zusammenwirken läge bereits bei einer Abstimmung über Modalitäten eines Erwerbs oder einer Übertragung einer Beteiligung sowie sonstiger Rechtsbeziehungen (z.B. zur Finanzierung), die Ausübung von Stimmrechten oder mit dem Ziel der Änderung der unternehmerischen Ausrichtung vor. Diese Regelbeispiele gehen deutlich zu weit, da sie sich überwiegend auf die Gesellschafterstellung beziehen statt auf die Aktivitäten der Gesellschaft. Dass nur Letzteres entscheidend sein kann, ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm sowie der Gesetzesbegründung. § 7 Abs. 4 AStG spricht anders als § 7 Abs. 1 AStG von einer „Zwischengesellschaft“. Zwischengesellschaft kann eine ausländische Gesellschaft nur für passive und niedrig besteuerte Einkünfte (§ 8 AStG) sein, weshalb auch ein abgestimmtes Verhalten i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 1 AStG nur vorliegen kann, wenn sich dieses auf entsprechende Tätigkeiten der Gesellschaft bezieht. Andernfalls hätte der Gesetzgeber auch in § 7 Abs. 4 Satz 1 AStG von ausländischen Gesellschaften sprechen müssen. In der Gesetzesbegründung wird außerdem auf die Randnummern 27 und 28 des BMF-Schreibens zu § 8c KStG (DB 2017 S. 2898) verwiesen. Danach erfordert das Vorliegen einer Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen i.S.d. § 8c KStG mehr als reine Absprachen, die auf den Erwerb der Gesellschaft gerichtet sind. Da die Gesetzesbegründung explizit darauf verweist, sollten diese Grundsätze auch im Bereich des § 7 Abs. 4 AStG gelten.

Immerhin lenkt die Finanzverwaltung bei der Widerlegbarkeit nach § 7 Abs. 4 Satz 2 AStG bei Beteiligungen über Personengesellschaften ein. Diese widerlegbare Vermutung führte insbesondere im Fonds-Kontext für Unsicherheit und Unverständnis, da ein passiver (Klein-)Anleger mitnichten Einfluss auf die Geschäfte der Portfoliounternehmen nehmen kann. Im Entwurf aus dem Juli war insoweit – wenig überzeugend und zu Recht kritisiert (Buge, DB Steuerboard vom 25.08.2023) – vorgesehen, dass eine Widerlegung möglich sei, wenn sich der gemeinsame Zweck in einer Vermögensanlage erschöpft, bei der das Anlageobjekt zunächst nicht konkret bestimmt ist und die Anleger sich nicht kennen und diesen ausschließlich Informationsrechte zustehen. Im finalen Schreiben stellt die Finanzverwaltung nicht mehr auf das Bekanntsein des Anlageobjektes ab und lässt es ausreichen, dass sich die Anleger entweder nicht kennen oder ihnen nur Informationsrechte zustehen. In klassischen Private-Equity-Strukturen wirken die Investoren schlicht nicht durch abgestimmtes Verhalten auf eine Zwischengesellschaft zusammen und insbesondere ein bloßes „Sich-Kennen“ erscheint nicht geeignet, eine Widerlegung zu entkräften. Dies scheint auch die Verwaltung anzuerkennen und hat eine „Nichtaufgriffsgrenze“ aufgenommen. Danach ist das Zusammenwirken bei Beteiligungen über eine Personengesellschaft regelmäßig widerlegt, wenn die (ggf. durchgerechnete) Beteiligungshöhe an der Personengesellschaft fünf Prozent nicht übersteigt. In solchen Fällen tritt eine Beweislastumkehr ein und die Finanzverwaltung hätte ein tatsächliches Zusammenwirken nachzuweisen. Die Ausnahme bedeutet aber nicht, dass eine Widerlegung nicht möglich ist, wenn die Beteiligung mehr als fünf Prozent beträgt – vorausgesetzt, die Gesellschafter wirken, wie in den meisten Private Equity Strukturen, nicht tatsächlich zusammen. Selbst wenn keine Beherrschung vorliegt, wären noch immer die Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung für Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter (§ 13 AStG) zu beachten, da diese keine Mindestbeteiligungsquote voraussetzen.

Motivtest

Da auch Einkünfte eines Investmentfonds i.S.d. InvStG der Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen können (Berg, DB Steuerboard vom 15.08.2023) und solche Investmentfonds durch eine Verwaltungsgesellschaft (§ 1 Abs. 14 KAGB) verwaltet werden, war unklar, ob ein Investmentfonds überhaupt den Motivtest nach § 8 Abs. 2 AStG erfüllen kann. Befeuert wurde diese Sorge durch die sehr deutlichen Aussagen der Finanzverwaltung im Entwurf zum sog. Outsourcing-Verbot. Aufgrund europarechtlicher Bedenken schränkte die Finanzverwaltung ihren Ansatz ein und stellte mit dem finalen BMF-Schreiben klar, dass zumindest ein Outsourcing auf nahestehende Personen in dem Staat der Zwischengesellschaft unschädlich sei. Diese Ausnahme wendet die Finanzverwaltung auch auf (Spezial-)Investmentfonds an, wenn die Verwaltungsgesellschaft im selben Staat ansässig ist. Der Motivtest kann somit bei kapitalistisch strukturierten Private Equity Fonds (z.B. Luxemburger SCA oder Niederländische Cooperatief) ein letzter Ausweg aus der Hinzurechnungsbesteuerung sein, vorausgesetzt, die sonstigen (teilweise zu) strengen Substanzanforderungen werden erfüllt.

Verfahrensrechtliche Besonderheiten

Zu weitreichenden verfahrensrechtlichen Änderungen kommt es – unabhängig von einem Acting in Concert – nach den Vorstellungen des BMF bei mittelbaren Beteiligungen über in- und ausländische Personengesellschaften. Gesetzlich nicht geregelt ist, ob der Hinzurechnungsbetrag zunächst bei der Personengesellschaft und damit auch im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung zu erfassen ist oder direkt den Gesellschaftern der Personengesellschaft zuzurechnen ist. Der aktuellen Fassung des § 9 Nr. 2 Satz 2 GewStG und dem darin enthaltenen Verweis auf § 7 Satz 7 GewStG lässt sich entnehmen, dass der Hinzurechnungsbetrag der Personengesellschaft zuzurechnen ist, da andernfalls keine Anpassung der Norm erforderlich gewesen wäre. Dies entsprach auch dem bisherigen Verständnis der Finanzverwaltung und ermöglichte eine verfahrensrechtliche Administrierbarkeit. Der Hinzurechnungsbetrag war somit im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen enthalten und fand dadurch den Weg in die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerbescheide sowie Gewerbesteuerbescheide der Gesellschafter. Mit dem neuen Anwendungserlass gibt die Verwaltung ihre bisherige Praxis auf und sieht vor, dass der Hinzurechnungsbetrag auch für verfahrensrechtliche Zwecke nicht mehr auf Ebene der Personengesellschaft erfasst werden soll, was im Private-Equity-Kontext mit einer Vielzahl von Beteiligten zu nahezu unmöglich zu erfüllenden Deklarationspflichten führen wird. Allein aus diesem praktischen Blickwinkel sollte der Hinzurechnungsbetrag zumindest für verfahrensrechtliche Zwecke weiterhin der Personengesellschaft hinzugerechnet werden. Flankiert wird dieses Spannungsfeld von der Pflicht zur eigenhändigen Unterschrift mit sehr eingeschränkten Vertretungsmöglichkeiten, die in Fällen mit vielen Gesellschaftern und in mehrstufigen Personengesellschaftsstrukturen nahezu unmöglich erfüllt werden kann. Es bleibt zu hoffen, dass die Finanzverwaltung diese verfahrensrechtlichen Probleme anerkennt und eine praktikable Lösung ermöglicht.

Erfreulich ist indes, dass nach Auffassung der Finanzverwaltung Gesellschafter, die im Inland von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit sind, nicht zur Abgabe einer Erklärung nach § 18 AStG verpflichtet sind. Diese Ausnahme gilt dabei auch für (Spezial-)Investmentfonds, soweit der Hinzurechnungsbetrag auf Ebene des Fonds nicht steuerpflichtig ist. In einem solchen Fall muss der Investmentfonds selbst den Hinzurechnungsbetrag auch nicht in seiner Körperschaftsteuererklärung angeben. Der Verwaltung stehe jedoch die Möglichkeit zu, eine Erklärung nach § 18 AStG von solchen Gesellschaftern zu verlangen. In Fällen mit mehreren deutschen Gesellschaftern, in denen ohnehin eine Erklärung nach § 18 AStG abzugeben ist, sollten steuerbefreite Gesellschafter auch nicht Beteiligte des Feststellungsverfahrens werden müssen.

Fazit

In der Praxis wurden das finale BMF-Schreiben und die Änderungen im Vergleich zur Fassung aus dem Juli 2023 mit Spannung erwartet. Das BMF hat in dem insgesamt 254 Seiten umfassenden finalen Schreiben nochmals detailliert zur Neufassung des AStG Stellung bezogen. Wie nicht anders zu erwarten war, ist die Auffassung des BMF zu einigen Punkten noch immer überschießend. Insbesondere das Acting in Concert, das Vorliegen passiver niedrig besteuerter Einkünfte sowie der Motivtest werden ständige Brennpunkte bleiben, die durch verfahrensrechtliche Unsicherheiten immer wieder neu entfacht werden könnten. Die bisherige Kritik hat jedoch auch gefruchtet und bereits zu einigen Änderungen des Anwendungserlasses geführt. Besonders die Anpassungen beim Motivtest geben Anlass zur Freude, obwohl die Vorstellungen der Finanzverwaltung noch immer nicht vollumfänglich mit den europäischen Grundfreiheiten vereinbar sind. Trotz aller Aussagen im Anwendungserlass bleiben noch immer zahlreiche Themen unklar oder zumindest umstritten, weshalb die Anwendbarkeit der Hinzurechnungsbesteuerung weiterhin im Rahmen von Strukturierungsprozessen beleuchtet werden sollte, um entsprechende Informationsrechte zu vereinbaren oder die Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung strukturell zu vermeiden.

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