Sachverhalt
Die Klägerin, eine AG, hatte in US-Dollar notierte Anteile einer US-Kapitalgesellschaft erworben. Nach eigenen Angaben beabsichtigte die Klägerin bereits im Erwerbszeitpunkt, die Anteile wieder zu veräußern. Zur Absicherung gegen Währungskursrisiken schloss die Klägerin bereits bei Erwerb mehrere Devisentermingeschäfte ab.
Bei Veräußerung der Anteile bezog die Klägerin die Erträge aus den Kurssicherungsgeschäften in die Berechnung des Veräußerungsgewinns ein und behandelte den Gesamtgewinn nach § 8b KStG im Ergebnis zu 95 % als steuerfrei. Das Finanzamt beanstandete dies.
Die hiergegen erhobene Klage blieb erfolglos. Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht stützten sich dabei auf die Rechtsprechung des IX. Senats des BFH, welcher die Einbeziehung von Devisentermingeschäften bei der Ermittlung des Veräußerungspreises nach § 17 EStG ausdrücklich ablehnt (Urteil vom 02.04.2008 – IX R 73/04).
Entscheidung des I. Senats des BFH
Der I. Senat sieht dies anders und äußert explizit Zweifel, ob er der Auffassung des IX. Senats im Anwendungsbereich des § 17 EStG folgen würde, ohne jedoch eine Divergenzanfrage zu stellen. Jedenfalls im Rahmen des § 8b Abs. 2 KStG sei bei der Ermittlung des steuerfreien Veräußerungsgewinns der Ertrag aus einem Kurssicherungsgeschäft zu berücksichtigen, soweit dieses tatsächlich zur Absicherung des Währungsrisikos in Bezug auf die zu erwartende Veräußerung abgeschlossen wurde. Entscheidend sei allein, ob die Erträge aus dem Kurssicherungsgeschäft durch die Anteilsverkäufe veranlasst worden sind und diesen konkret zugeordnet werden können.
In seiner Argumentation stellt der I. Senat darauf ab, dass Gewinne aus Kurssicherungsgeschäften zu berücksichtigen seien, da Verluste aus selbigen als Bestandteil der Veräußerungskosten zu einer Gewinnminderung führen würden. Veräußerungskosten seien Aufwendungen, für die die Anteilsveräußerung das „auslösende Moment“ darstelle und die eine größere Nähe zur Veräußerung als zum laufenden Gewinn aufwiesen. Dies sei im Fall von Verlusten eines Anteilsverkäufers aus gegenläufigen Devisentermingeschäften, die ausschließlich zur Absicherung von Währungsschwankungen abgeschlossen wurden, der Fall. Der I. Senat verweist hierbei auf seine Rechtsprechung zu Aktienzertifikaten (Urteil vom 09.04.2014 – I R 52/12, DB 2014 S. 2140). Soweit er dort entschieden habe, dass Zertifikatgeschäfte nicht mit Kurssicherungsgeschäften in Form von Devisengeschäften vergleichbar seien, gebe er diesen Standpunkt nun auf. Aufgrund der gesetzgeberischen Intention einer „symmetrischen“ Freistellung von Veräußerungsgewinnen und Wertminderungen im Rahmen des § 8b KStG müssten sich Erträge aus Kurssicherungsgeschäften genau wie Verluste auf die Höhe des Veräußerungsgewinns auswirken. Auch die Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 2 ff. EStG spreche nach Ansicht des I. Senats dafür, dass auf den Veranlassungszusammenhang abzustellen sei. Dieser stelle für die Frage, ob Verluste aus (Devisen-) Termingeschäften einer Verlustausgleichs- oder -abzugsbeschränkung unterliegen, ebenfalls auf den Sicherungszweck und den Zusammenhang mit dem Grundgeschäft ab.
Schließlich seien die Erträge aus Kurssicherungsgeschäften nach Auffassung des I. Senats auch aus europarechtlichen Gründen zu berücksichtigen. Die europäische Niederlassungsfreiheit lasse nur solche mitgliedsstaatlichen Regelungen zu, die bei Nichtberücksichtigung umrechnungsbedingter Wechselkursverluste spiegelbildlich entsprechende Wechselkursgewinne steuerfrei stellten (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 02.12.2015 – I R 13/14, DB 2016 S. 867). Gleiches gelte im Rahmen der auch in Drittstaatensachverhalten anwendbaren Kapitalverkehrsfreiheit.
Im Ergebnis seien danach Kurssicherungsgeschäfte, die ausschließlich der Absicherung eines konkret erwarteten Veräußerungserlöses dienten (sog. „Micro Hedges“), bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen. Etwas anderes gelte dann, wenn das Kurssicherungsgeschäft zur unspezifischen Absicherung einer unbestimmten Vielzahl von Grundgeschäften erfolge (sog. „Macro Hedges“ oder „Portfolio Hedges“).
Fazit
Die Entscheidung des I. Senats ist zu begrüßen, da es nicht der wirtschaftlichen Realität entspricht, Kurssicherungsgeschäfte losgelöst von dem abgesicherten Veräußerungsgeschäft als eigeneständiges Geschäft zu betrachten und eine Trennung von Grund und Sicherungsgeschäft systematisch künstlich erscheint. Jedoch bringt die offenkundig divergierende Rechtsprechung des I. und IX. Senats in der Praxis erhebliche Unsicherheiten mit sich. Die Argumentation des I. Senats dürfte so auch im Anwendungsbereich des § 17 EStG gelten, was auch der I. Senat selbst annimmt, indem er andeutet, die Auffassung des IX. Senats zu § 17 EStG nicht zu teilen. Es bleibt daher zu hoffen, dass es hier zu einer baldigen Vereinheitlichung der Rechtsprechung auf der Linie des I. Senats kommt.