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27.02.2025

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De-Risking im Bereich der betrieblichen Altersversorgung: Das Zepter in die Hand nehmen und endlich Abhilfe schaffen

Gestiegene Zinsen, starke Teuerungsraten und die derzeit vor allem im Bau- und Automobilgewerbe zu beobachtende Krise regen Unternehmen an, sich mit den Risiken ihrer Versorgungsysteme in der betrieblichen Altersversorgung zu beschäftigen. Nun geht es um Risikominimierung und Schaffung einer wirtschaftlichen Entlastung und Planbarkeit. Sog. „De-Risking“-Maßnahmen bieten sich sowohl für die bereits erdiente Versorgung (past service) als auch die zukünftig noch zu erdienende Versorgung (future service) an.

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RA Christian Freiherr von Buddenbrock
ist Partner bei DLA Piper UK LLP (Düsseldorf)

In der betrieblichen Altersversorgung sehen sich Unternehmen regelmäßig bilanziellen Verpflichtungen ausgesetzt, wobei mit unterschiedlichen Verpflichtungsbewertungen nach internationalen Rechnungslegungsstandrads (IFRS) und nach dem deutschen handelsrechtlichen Bilanzierungsgebot umzugehen ist. In den Bilanzen deutscher Unternehmen befinden sich derzeit Rückstellungen im hohen dreistelligen Milliardenbereich. Neben dieser bilanziellen Belastung sind aufgrund des starken Anstiegs des Verbraucherpreisindexes (VPI) häufig hohe Rentenanpassungen zu bewältigen, die sich ebenfalls in der Bilanz niederschlagen. 

Diesen und weiteren Problemen kann mit unterschiedlichen „De-Risking“-Ansätzen begegnet werden. Hierhinter verbergen sich verschiedene Strategien, eine höhere wirtschaftliche und bilanzielle Planbarkeit in die Versorgungssysteme der betrieblichen Altersversorgung zu bringen sowie zugleich eine spürbare finanzielle Entlastung für den Arbeitgeber zu bewirken.
Bezogen auf die bereits erdiente Versorgung und die damit einhergehenden Rentenanpassungsverpflichtungen des Arbeitgebers nach § 16 Abs. 1 BetrAVG kann zunächst die Änderung der Anpassungspraxis auf eine jährliche und auf 1% begrenzte Anpassung in Betracht gezogen werden. Des Weiteren ist die Einführung von Kapitaloptionen denkbar, die – eine gewisse Annahmequote unterstellt – zu einer signifikanten bilanziellen Entlastung führen können. 

Besonders attraktiv für eine perspektivisch endgültige Entkopplung der Unternehmensbilanz von den Versorgungsverpflichtungen in der betrieblichen Altersversorgung und derzeit in der Branche viel diskutiert ist aber der sog. „Pension Buy-Out“. Hierunter wird regelmäßig die umwandlungsrechtliche Ausgliederung von Versorgungsverpflichtungen von aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Versorgungsanwärtern und Rentnern auf eine sog. „Rentnergesellschaft“ mit anschließendem Verkauf verstanden. 

Bei richtiger Ausgestaltung wird durch eine derartige Gestaltung, jedenfalls nach Ablauf der in § 133 Abs. 3 UmwG kodifizierten Nachhaftungszeit von 10 Jahren, eine „Entkonsolidierung“ nach handelsrechtlichen sowie internationalen Bilanzierungsstandards erreicht. In den ersten 10 Jahren ergibt sich bereits eine deutliche bilanzielle Entlastung. Zu der richtigen Ausgestaltung gehört nach Ansicht des BAG eine „angemessene“ finanzielle Ausstattung der „Rentnergesellschaft“. Anderenfalls drohen auch nach Ablauf der 10-jährigen Nachhaftungszeit Schadensersatzansprüche gegen den ausgliedernden Arbeitgeber wegen Verstoßes gegen seine Fürsorgepflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Eine eindeutige Antwort, was unter der angemessenen Ausstattung im Rahmen einer aktuell zeitgemäßen Beurteilung zu verstehen ist, liefert auch das maßgebliche Urteil des BAG vom 11.03.2008 (3 AZR 358/06, DB 2008 S. 2369) nicht. Reicht die finanzielle Ausstattung der Rentnergesellschaft nach anerkannten versicherungsmathematischen Grundsätzen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zur Erfüllung der lebenslangen Rentenzusagen nebst einer anzunehmenden durchschnittlichen Rentenanpassung auf Basis der Erfahrungswerte der letzten 20 Jahre aus, dürfte der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht genügt haben. Welches hier die „richtigen“ anzuerkennenden Grundsätze der Versicherungsmathematik sind, wird unter den Aktuaren derzeit intensiv diskutiert. Ein Ergebnis dieses Meinungsstreits dürfte dem jeweiligen Arbeitgeber Erleichterung bei der Antwort auf die Frage bringen, wie weit seine Fürsorgepflicht geht. 

Bezogen auf künftige, noch zu erdienende Versorgung eignet sich als Gestaltungsinstrument für den Arbeitgeber insbesondere die zum 01.01.2018 durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) eingeführte Zusageform der reinen Beitragszusage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG als sog. „Pay and Forget System“. Insbesondere eine tarifvertraglich flankierte Ablösung bestehender Versorgungssysteme mit Bilanzberührung ist hier als ein wirksamer „De-Risking-Baustein“ denkbar. 

Bei richtigem Umgang mit den derzeit bestehenden rechtlichen Herausforderungen dürften der „Pension Buy-Out“ und die reine Beitragszusage ein gutes „De-Risking-Team“ abgeben.

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