Die EU plant die Einführung eines präventiven Restrukturierungsrahmens für Unternehmen in finanzieller Schieflage. Damit besteht die Möglichkeit eines vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens. Dieses kann allerdings nur eine Ergänzung zu einem gerichtlichen Insolvenzverfahren sein, betont der DAV.
Der Europäische Insolvenzrechtstag, der jüngst in Brüssel stattfand, bot europäischen Insolvenzrechtsexperten und Mitgliedern der EU-Kommission die ideale Plattform, um das Thema intensiv zu diskutieren. Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV) vertritt eine klare Position: „Das gerichtliche Insolvenzverfahren mit einem qualifizierten fachkundigen Insolvenzverwalter und einem kompetenten, professionellen Insolvenzgericht bleibt unverzichtbar. Darüber hinaus gibt es aber im Bereich der außergerichtlichen Sanierung von Großunternehmen und Finanzstrukturen das Bedürfnis für weitergehende ‚Verhaltensregeln‘. Ein derart gestalteter präventiver Restrukturierungsrahmen wäre eine wünschenswerte Ergänzung“, erklärt Rechtsanwalt Jörn Weitzmann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft.
Knackpunkt: Fortführungswert des Unternehmens
„Es ist schon deswegen essentiell, weil bereits die Existenz der bestehenden Insolvenzantragspflichten einen katalysatorischen Effekt auf außergerichtliche Sanierungsverhandlungen ausübt“, so Weitzmann. Den Gläubigern wird der Liquidationswert als Mindestwert aufgezeigt. Der Schuldner droht aus dem ‚Driver Seat‘ gehoben zu werden. Soweit in einem vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahren Informationsasymmetrien ausgeschlossen werden können, können alle Beteiligte einen Mehrwert erzielen. Voraussetzung ist, dass der Fortführungswert des Unternehmens – einschließlich der Realisierung möglicher gesellschaftsrechtlicher und insolvenzrechtlicher Aktiva – höher ist.
Weniger Sanierungen in Großbritannien
In der Diskussion wiesen die Beteiligten auch darauf hin, dass zukünftige Sanierungen statt in Großbritannien verstärkt auch in Deutschland stattfinden könnten. Deutschland verfüge bereits über ein funktionsfähiges Konzerninsolvenzrecht und auch leistungsfähige, professionelle Insolvenzgerichte. Auch Deutschland wird nach Verabschiedung der EU-Richtlinie die Regelungen im Rahmen der Umsetzungsfrist in deutsches Recht transformieren. Es ist davon auszugehen, dass dabei auch die Ergebnisse der ESUG-Evaluation in das Verfahren mit einfließen.
(DAV, PM vom 09.07.2018 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)