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15.03.2022

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Das MoPeG und das Steuerrecht – zur Notwendigkeit gesetzgeberischer Handlungen

Am 24.06.2021 wurde das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) verabschiedet. Das MoPeG wird am 01.01.2024 in Kraft treten und beinhaltet die Änderung von 136 Gesetzen. Steuerrechtliche Vorschriften sind davon nicht umfasst. Dies mag auf den ersten Blick verwundern, erklärt sich jedoch vor dem Hintergrund, dass das BMF am Gesetzgebungsverfahren weder beteiligt noch diesbezüglich konsultiert wurde. Dem Vernehmen nach sind aktuell auch noch keine Änderungen von Steuergesetzen im Zusammenhang mit dem MoPeG geplant.

Das MoPeG und das Steuerrecht – zur Notwendigkeit gesetzgeberischer Handlungen

RA Dr. Sebastian Löcherbach, LL.M.,
ist Counsel bei Poellath in München

Abschaffung des Gesamthandsprinzips?

Im Fokus der steuerlichen Diskussion stehen insbesondere die für rechtsfähige Gesellschaften relevanten Streichungen der §§ 718 BGB (Gesellschaftsvermögen = gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter) und 719 BGB (gesamthänderische Bindung des Gesellschaftsvermögens) sowie die Einfügung eines neuen § 713 BGB, der regeln wird, dass die „Beiträge der Gesellschafter sowie die für oder durch die Gesellschaft erworbenen Rechte und die gegen sie begründeten Verbindlichkeiten“ Vermögen der Gesellschaft sind.

Auch wenn der Gesetzgeber des MoPeG keine Änderung des Steuerrechts im Sinn hatte –was insbesondere in der Begründung zum Regierungsentwurf deutlich wird (vgl. BT-Drucks. 19/27635, S. 106 f.) –, hat dieser Wille im Gesetz leider keinen Niederschlag gefunden.

Der Großteil des steuerrechtlichen Schrifttums schließt daraus, dass das Gesamthandsprinzip aufgegeben wurde und die steuerrechtlichen Regelungen, die Bezug auf das Gesamthandsprinzip nehmen, künftig leerlaufen. Darüber hinaus wird vertreten, dass durch die Aufgabe des Gesamthandsprinzips – bei konsequenter Anwendung der Auffassung des BVerfG (BVerfG vom 21.06.2006 – 2 BvL 2/99; vom 29.03.2017 – 2 BvL 6/11) – auch die maßgebliche Rechtfertigung der unterschiedlichen Besteuerung von Mitunternehmerschaften und Kapitalgesellschaften wegfalle.

Veränderung des Gesamthandsprinzips?

Prominente Stimmen des gesellschaftsrechtlichen Schrifttums (z.B. Karsten Schmidt, der auf die grundsätzlichen Arbeiten von Werner Flume Bezug nimmt) vertreten hingegen, dass das Gesamthandsvermögen weiter fortbesteht, allerdings in veränderter – jetzt richtiger – Form: Das Gesamthandsvermögen stehe nicht jedem Gesellschafter zu, sondern der Gesamtheit der Gesellschafter, also der Gesellschaft (Gesamthandsgesellschaft als Personenverband).

Diese Sichtweise eröffnet die Möglichkeit einer normspezifischen Prüfung, um die möglichen steuerlichen Auswirkungen durch die Veränderung des Gesamthandsvermögens feststellen zu können: Anhand des Zwecks der jeweiligen steuerrechtlichen Norm ist zu prüfen, ob eine Zurechnung eines Wirtschaftsguts zum Gesellschafter zwingend erforderlich oder eine solche zu der Gesellschaft ausreichend ist.

Einkommensteuer

§ 15 EStG:

Auswirkungen auf § 15 EStG wird das MoPeG nicht haben. § 15 EStG konkretisiert den Tatbestand der laufenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb und möchte den Personengesellschafter mit dem Einzelunternehmer gleichstellen. Der Wortlaut knüpft aber nicht an das Gesamthandsvermögen an. Auch der BFH verlangt keine Gesellschafterbezogenheit, wenn er sagt, dass der Gewinn einer Mitunternehmerschaft nicht als Bündel der Bilanzen der einzelnen Mitunternehmer, sondern auf Ebene der Personengesellschaft einheitlich und gesondert zu ermitteln ist (BFH vom 25.06.1984 – GrS 4/82). Ausreichend für die Besteuerung nach § 15 EStG ist daher ein Gesellschafts- (nicht: Gesellschafter-)vermögen.

§ 6 Abs. 5 EStG:

§ 6 Abs. 5 EStG trifft Regelungen zur Buchwertfortführung bei der Überführung und Übertragung von Wirtschaftsgütern und greift den durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 abgeschafften Mitunternehmererlass auf. An verschiedenen Stellen verwendet die Vorschrift den Begriff „Gesamthandsvermögen“. So verlangt z.B. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG eine Übertragung aus dem Vermögen des Einzelunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft. Der Begriff beschreibt hier also das Vermögen der Mitunternehmerschaft. Davon ausgehend, dass es auch nach Inkrafttreten des MoPeG ein (verändertes) Gesamthandsvermögen geben wird (s.o.), bleibt § 6 Abs. 5 EStG daher voraussichtlich ebenfalls weiter anwendbar.

Grunderwerbsteuer

§ 1 Abs. 2a GrEStG:

§ 1 Abs. 2a GrEStG bleibt weiter anwendbar. Das Gesetz fingiert hier die Selbstständigkeit der Personengesellschaft für grunderwerbsteuerliche Zwecke, um potentielle Steuerumgehungen durch Zwischenschaltung von (Personen-)Gesellschaften zu vermeiden. Die Veränderung des Gesamthandsprinzips wirkt sich hier nur so aus, dass die Selbstständigkeitsfiktion nicht mehr notwendig ist.

§§ 5 und 6 GrEStG:

Demgegenüber folgen die §§ 5 und 6 GrEStG nicht dieser Fiktion, sondern gehen vielmehr von einer Zuordnung des Gesamthandsvermögens zum Gesamthänder aus. Daher kann eine an sich steuerpflichtige Übertragung steuerfrei gestellt werden, soweit mit der Übertragung kein Wechsel (des Grundstücks) auf einen anderen Gesellschafter einhergeht. Wird nun aber das Vermögen ausschließlich der Gesellschaft zugeordnet, muss zwingend auch die Begünstigung entfallen, da kein Gesamthänder mehr ihm zugeordnetes Vermögen hat. Die §§ 5 und 6 GrEStG laufen daher – ohne gesetzgeberische Korrektur – ab dem 01.01.2024 leer.

Relevant ist diese Feststellung bereits heute. Es ist nämlich unklar, ob das Inkrafttreten des MoPeG unmittelbar zu einem Bruch der Nachbehaltensfristen der §§ 5 Abs. 3 und 6 Abs. 3 GrEStG führt. Konsequent zu Ende gedacht, wird dies so sein. Diesen Umstand sollte jeder Steuerpflichtige und jeder Berater bei Übertragungen unter Nutzung der §§ 5 und 6 GrEStG im Hinterkopf haben.

Erbschaftsteuer

Wurde zu § 15 EStG festgestellt, dass die Veränderung des Gesamthandsprinzips keine Auswirkungen auf dessen Anwendung hat, muss dies auch für § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG gelten. Danach gehört inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 Abs. 1 Satz 1 BewG) zum begünstigungsfähigen Vermögen. Der Anteil an einer Personengesellschaft stellt somit dann begünstigungsfähiges Vermögen dar, wenn es sich um eine Mitunternehmerschaft i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG handelt (§ 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG).

Darüber hinaus geht das BewG selbst davon aus, dass eine Personengesellschaft „eigenes“ Vermögen hat, wenn § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG formuliert, dass der „nach § 109 Abs. 2 ermittelte gemeine Wert des der Personengesellschaft gehörenden Betriebsvermögens  (Gesamthandsvermögen)“ nach bestimmten Maßstäben aufzuteilen ist.

Abgabenordnung

Auch wenn sich der Hauptanwendungsbereich des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO auf vermögensverwaltende Personengesellschaften beschränkt, soll nicht unerwähnt bleiben, dass diese Vorschrift künftig tatsächlich leerlaufen wird (unabhängig von einer normspezifischen Prüfung). Das Gesetz geht darin von Wirtschaftsgütern aus, „die mehreren zur gesamten Hand zustehen“. Die mit dem MoPeG vorzunehmenden Streichungen der §§ 718, 719 BGB sowie die Einführung des neuen § 713 BGB zeigen aber, dass kein Wirtschaftsgut mehr einem Gesellschafter zur gesamten Hand zusteht.

Fazit

Diese kurze, an der Oberfläche kratzende Darstellung zeigt bereits, dass sich der (vermeintliche) Wille des Gesetzgebers hinsichtlich der Auswirkungen des MoPeG auf das Steuerrecht nur teilweise erfüllt hat. Wie bereits die mögliche Unterscheidung zwischen „Abschaffung“ und „Veränderung“ des Gesamthandsvermögens zeigt, sollte nicht abgewartet werden, wie Finanzgerichte die sich aufdrängenden Fragen entscheiden werden. Die damit einhergehenden Unsicherheiten können auch nicht durch ein BMF-Schreiben aufgefangen werden. Die notwendige Sicherheit der Steuerpraxis im Umgang mit dem MoPeG kann nur durch eine gesetzliche Klarstellung gewährleistet werden, durch die der in der Begründung zum Regierungsentwurf ausgedrückte Wille des Gesetzgebers, dass das MoPeG keine Änderungen des Steuerrechts nach sich ziehen soll, in Gesetzesform gegossen wird.

Der Gesetzgeber sei daher aufgerufen, die Zeit bis zum Inkrafttreten (weniger als zwei Jahre!) für die Schaffung der notwendigen – und für die Praxis so wichtigen – Klarstellungen zu nutzen.

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