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17.06.2020

Meldung, Wirtschaftsrecht

Bundesregierung setzt Sanktionsrecht für Unternehmen um

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©MH/fotolia.com

Die Bundesregierung hat den von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christine Lambrecht vorgelegten Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft beschlossen. Jetzt werden Bundestag und Bundesrat über das neue Sanktionsrecht beraten.

„Ich freue mich, dass wir meinen Gesetzentwurf zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft heute auf den Weg gebracht haben“, erklärte Christine Lambrecht am 16.06.2020. Nicht die Sanktionen stünden im Vordergrund, sondern verantwortungsvolle Unternehmensführung, wie sie in den größten Teilen der Wirtschaft längst gelebt werde. Der Gesetzentwurf zum neuen Sanktionsrecht für Unternehmen enthält folgende Kernpunkte:

Neues Sanktionsrecht

Sanktionen sollen abschrecken. Der Sanktionsrahmen (Ahndungsteil), der bislang maximal 10 Millionen Euro umfasste, soll – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – angehoben werden. Für große Wirtschaftsunternehmen mit mehr als 100 Millionen Euro Jahresumsatz sollen die Sanktionen wie im Kartellrecht bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes betragen können. Für Unternehmen mit weniger als 100 Millionen Euro Jahresumsatz soll es bei Sanktionen von höchstens zehn Millionen Euro bei vorsätzlichen Straftaten und höchstens fünf Millionen Euro bei fahrlässig begangenen Straftaten bleiben.

Entschädigung von Betroffenen

Künftig soll der Staat das strafbar Erlangte einziehen und Betroffene entschädigen können. Das wird insbesondere bei massenhaften Betrugstaten, bei denen Einzelne einen relativ geringen Schaden haben, den sie nicht selbst einklagen wollen, eine große Erleichterung für Verbraucherinnen und Verbraucher sein.

Neue Verfahrensrechte

Unternehmen sollen künftig Beschuldigtenrechte haben wie das Recht zu schweigen für den gesetzlichen Vertreter des Unternehmens, aber auch die Rechte auf rechtliches Gehör, zur Stellung von Beweisanträgen, zur Benennung von Zeugen und zur Einlegung von Rechtsbehelfen.

Rechtsrahmen für unternehmensinterne Untersuchungen

Unternehmensinterne Untersuchungen sind heute in größeren Unternehmen beim Verdacht auf Straftaten die Regel und auch kleine und mittlere Unternehmen bemühen sich häufig, mit den Staatsanwaltschaften zu kooperieren und zur Aufklärung beizutragen. Mit ihrer Durchführung werden heute oft Rechtsanwaltskanzleien oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften beauftragt. Bislang ist nicht geregelt, ob und wie diese Untersuchungen im Strafverfahren gegen das Unternehmen verwendet werden können. Hierfür wird ein klarer Rechtsrahmen geschaffen.

Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern

Nach geltendem Arbeits- und Dienstrecht ist unklar, inwieweit eine Aussageverpflichtung des Arbeitnehmers bei unternehmensinternen Untersuchungen besteht. Der Gesetzentwurf sieht ein Anreizmodell vor: Sanktionsmilderungen sind nur möglich, wenn die Mitarbeiterbefragungen fair und transparent erfolgt sind. Beschäftigte dürfen bei Befragungen nicht beeinflusst oder unter Druck gesetzt werden. Sie müssen vor ihrer Aussage den Hinweis erhalten, dass Auskünfte in einem Strafverfahren gegen sie verwendet werden können. Beschäftigte müssen das Recht haben, einen anwaltlichen Beistand oder ein Mitglied des Betriebsrats hinzuzuziehen. Sie müssen die Auskunft auf solche Fragen verweigern dürfen, die sie der Gefahr aussetzen, sich selbst oder einen Angehörigen zu belasten.

Rechtssicherheit bei Durchsuchungen und Beschlagnahmen

Die Neuregelungen sollen Rechtssicherheit für alle Beteiligten schaffen, insbesondere im Hinblick auf die Zulässigkeit von Durchsuchungen und Beschlagnahmen. Grundsätzlich wird gelten: Unterlagen aus unternehmensinternen Untersuchungen können beschlagnahmt und vor Gericht verwertet werden. Unterlagen aus der Strafverteidigung des Unternehmens dürfen nicht beschlagnahmt werden. Unternehmensinterne Untersuchungen und Strafverteidigung sind zu trennen, wenn die Sanktionsmilderung greifen soll.

Kooperation mit Strafverfolgungsbehörden

Der Gesetzentwurf stellt sicher, dass es nicht zu einer Privatisierung der Strafverfolgung kommt. Die Strafverfolgungsbehörden sind und bleiben verpflichtet, den Sachverhalt umfassend aufzuklären. Wenn das Unternehmen durch vollständige und glaubwürdige Informationen zur Aufklärung der Straftat beiträgt und umfassend mit der Staatsanwaltschaft kooperiert, kann es mit einer Sanktionsmilderung rechnen.

(BMJV vom 16.06.2020 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)

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