27.05.2016

Meldung, Steuerrecht

BMF-Schreiben zum Investmentsteuergesetz

Beitrag mit Bild

EuGH: Steuerpflichtige mit Anteilen an einem ausländischen Investmentfonds müssen die Möglichkeit bekommen, Informationen zur tatsächlichen Höhe der Einkünfte beizubringen.

Das Bundesfinanzministerium hat sich in einem aktuellen BMF-Schreiben zum Verfahren bis zu einer gesetzlichen Umsetzung des EuGH-Urteils zu § 6 Investmentsteuergesetz (InvStG) geäußert.

Der EuGH hatte mit Urteil vom 09.10.2014 in der Rechtssache C-326/12 „van Caster und van Caster“ entschieden, dass § 6 InvStG an das Unionsrecht anzupassen ist. Dem Steuerpflichtigen, der Anteile an einem ausländischen Investmentfonds gezeichnet hat, sei die Möglichkeit einzuräumen, Unterlagen oder Informationen beizubringen, mit denen sich die tatsächliche Höhe seiner Einkünfte nachweisen lässt. Der Inhalt, die Form und das Maß an Präzision, denen die Angaben genügen müssen, um in den Genuss der transparenten Besteuerung zu kommen, müssten von der Finanzverwaltung bestimmt werden, um dieser die ordnungsgemäße Besteuerung zu ermöglichen.

BFH: § 6 InvStG unterfällt nicht der Stand-still-Klausel

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 17.11.2015 (Az. VIII R 27/12) entschieden, dass die Regelung des § 6 InvStG nicht der Stand-still-Klausel des Artikels 64 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) unterfällt und auch für ausländische Investmentfonds aus Drittstaaten am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit zu messen ist.

BMF-Schreiben vom 23.05.2016 (IV C 1 – S-1980-1)

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt bis zu einer gesetzlichen Umsetzung des EuGH-Urteils Folgendes:

  1. Kapitalertragsteuer
  • 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 InvStG ist unverändert weiterhin anzuwenden.
  1. Veranlagung

Im Rahmen der Veranlagung des Steuerpflichtigen wird von der pauschalen Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage nach § 6 InvStG Abstand genommen, wenn der Steuerpflichtige selbst die entsprechenden Unterlagen oder Informationen beibringt, mit denen sich die tatsächliche Höhe seiner Einkünfte nachweisen lässt. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen den Mindestangaben und der optionalen Möglichkeit, die Angaben des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstaben c und f InvStG beizubringen, um die jeweilige steuerentlastende Wirkung der entsprechenden Vorschrift gesondert in Anspruch nehmen zu können.

  1. Mindestangaben

Bei der Veranlagung erfolgt eine Besteuerung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG, wenn der Steuerpflichtige die Besteuerungsgrundlagen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InvStG mit Ausnahme der Buchstaben c und f bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung erklärt (§ 5 Abs. 1 Satz 2 InvStG) und auf Anforderung des Finanzamtes die Richtigkeit der Angaben nachweist.

 

Zum Nachweis der Richtigkeit der Angaben kann das Finanzamt insbesondere folgende Unterlagen anfordern:

  • eine Bescheinigung eines zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung befugten Berufsträgers im Sinne des § 3 des Steuerberatungsgesetzes, einer behördlich anerkannten Wirtschaftsprüfungsstelle oder einer vergleichbaren ausländischen Person oder Institution, dass die Besteuerungsgrundlagen nach den Regeln des deutschen Steuerrechts ermittelt wurden,
  • den zum jeweiligen Geschäftsjahresende gültigen Verkaufsprospekt,
  • den zum jeweiligen Geschäftsjahresende gültigen Jahresbericht,
  • eine Summen- und Saldenliste aus der Fondsbuchhaltung,
  • eine Überleitungsrechnung, aus der hervorgeht, wie aus der investmentrechtlichen Rechnungslegung die Besteuerungsgrundlagen nach den Regeln des deutschen Steuerrechtes ermittelt wurden,
  • eine Anlage für die Gewinn- und Verlustvorträge bezogen auf die einzelnen Ertragsarten.

Soweit der Steuerpflichtige nach den vorgenannten Anforderungen den Nachweis der Besteuerungsgrundlagen nicht führt, hat die Ermittlung der Erträge nach § 6 InvStG zu erfolgen. Legt der Steuerpflichtige die vorgenannten Unterlagen und Angaben vor und bestehen gleichwohl aus Sicht der Finanzbehörde Zweifel an den Angaben des Steuerpflichtigen, kann im Einzelfall eine Anfrage an Behörden eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auf Grundlage der Amtshilfe-Richtlinie oder an Behörden anderer Staaten aufgrund eines Auskunftsanspruchs nach einem Doppelbesteuerungsabkommen in Betracht kommen. Eine Schätzung von Besteuerungsgrundlagen kommt nur in Ausnahmefällen und bei Unklarheiten geringen Umfangs in Betracht.

  1. Optionale Angaben

Sofern der Steuerpflichtige auch die Besteuerungsgrundlagen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe c und f InvStG erklärt, erfolgt eine Besteuerung nach § 2 und § 4 InvStG. In diesen Fällen können insbesondere die folgenden Nachweise verlangt werden:

  • Übersicht über die erhaltenen Dividendenzahlungen – getrennt nach Ländern,
  • Übersicht über die einbehaltenen Quellensteuern – getrennt nach Ländern – und Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Anrechnung der einbehaltenen und keinem Ermäßigungsanspruch unterliegenden Quellensteuer und
  • Nachweis des Aufteilungsmaßstabes im Rahmen der Zuordnung von Werbungskosten nach § 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 InvStG (Aktienquote).
  • 5 Abs. 2 Satz 4 und § 21 Abs. 19 Satz 3 bis 6 InvStG bleiben unberührt.

Legt der Steuerpflichtige Beweismittel in einer fremden Sprache vor, so kann eine Übersetzung in die deutsche Sprache verlangt werden (§ 87 Abs. 2 AO).

(BMF vom 23.05.2016/ Viola C. Didier)


Weitere Meldungen


Rechtsboard

Julia Hotze / Benedikt Reißnecker


12.11.2025

Massenentlassungsverfahren – Bleibt nun doch alles beim Alten nach der Entscheidung des EuGH?

Das BAG hat sein Momentum verpasst, das Nichtigkeitsdogma im Rahmen des Konsultationsverfahrens zu hinterfragen.

weiterlesen
Massenentlassungsverfahren – Bleibt nun doch alles beim Alten nach der Entscheidung des EuGH?

Meldung

©beebright/fotolia.com


12.11.2025

BSI-Lagebericht 2025: Hacker finden weiter leichtes Spiel

Die Wirtschaft macht Fortschritte bei der Cybersicherheit, bleibt aber vor allem durch ungeschützte Systeme und mangelhafte Schutzmaßnahmen ein attraktives Ziel für Cyberangriffe.

weiterlesen
BSI-Lagebericht 2025: Hacker finden weiter leichtes Spiel

Meldung

©estations/fotolia.com


12.11.2025

Gesetzentwurf zur KfZ-Steuerbefreiung von E-Autos

Elektrofahrzeuge, die bis Ende 2030 neu zugelassen oder umgerüstet werden, bleiben künftig bis zu zehn Jahre von der Kfz-Steuer befreit, maximal bis Ende 2035.

weiterlesen
Gesetzentwurf zur KfZ-Steuerbefreiung von E-Autos

Haben wir Ihr Interesse für DER BETRIEB geweckt?

Sichern Sie sich das DER BETRIEB Gratis Paket: 4 Hefte + Datenbank