Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat sich in einem Streitfall mit dem Anspruch auf bezahlte Freistellung nach dem Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg (BzG BW) beschäftigt. Insbesondere ging es dabei um den Begriff der „politischen Weiterbildung“.
Der Kläger ist als Verfahrensmechaniker langjährig bei einem Unternehmen aus dem Bereich der Sicherheitstechnik für die Automobilindustrie mit ca. 1600 Mitarbeitern beschäftigt. Im Jahr 2016 hatte er beantragt, zum Zwecke der Teilnahme an der Bildungsmaßnahme “Arbeitnehmer(innen) in Betrieb, Wirtschaft und Gesellschaft“ im Zeitraum vom 25. bis 30. September 2016 nach dem BzG BW freigestellt zu werden. Das Seminar führte das Bildungszentrum der IG Metall durch.
Antrag auf Weiterbildung wurde abgelehnt
Das Unternehmen lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass die Bildungsmaßnahme den Anforderungen des BzG BW nicht entspreche. Insbesondere handele es sich bei der Maßnahme nicht um „politische Weiterbildung“ im Sinne des § 1 Abs. 4 BzG BW. Der Kläger ist der Ansicht, dass die Bildungsmaßnahme „politische Weiterbildung“ zum Inhalt habe. Der Begriff „politische Weiterbildung“ sei weit zu verstehen und liege schon immer dann vor, wenn Informationen über politische Zusammenhänge und deren Mitwirkungsmöglichkeiten im politischen Leben vermittelt würden.
Erfolg vor Gericht
Das Landesarbeitsgericht Stuttgart gab dem Kläger mit Urteil vom 09.08.2017 (2 Sa 4/17) Recht. Der Kläger hat einen Anspruch auf bezahlte Freistellung nach dem BzG BW. Bei der Bildungsmaßnahme “Arbeitnehmer(innen) in Betrieb, Wirtschaft und Gesellschaft“ handelt es sich um „politische Weiterbildung“. § 1 Abs. 4 BzG BW liegt ein weiter Politikbegriff zu Grunde. Dies folgt aus einer an Wortlaut, Sinn und Zweck orientierten, völkerrechts- und verfassungskonformen Auslegung. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
(LAG Baden-Württemberg, PM vom 09.08.2017/ Viola C. Didier)