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07.04.2016

Meldung, Wirtschaftsrecht

BGH zu den Grenzen der Weitergabe eigener Bezugskostensteigerungen

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Der Bundesgerichtshof hat über die Grenzen der Weitergabe eigener Bezugskostensteigerungen des Gasversorgers an den Tarifkunden entschieden.

Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Frage befasst, welche Grenzen für das Recht des Gasgrundversorgers gelten, Steigerungen der eigenen (Bezugs-) Kosten an den Kunden weiterzugeben. Der Gasgrundversorger ist verpflichtet, die eigenen Bezugskosten im Interesse der Kunden niedrig zu halten und nach Möglichkeit die günstigste Beschaffungsalternative zu wählen.

Die Klägerin, ein regionales Energie- und Wasserversorgungsunternehmen, verlangte von der Beklagten, die sie als Tarifkundin (Grundversorgungskundin) leitungsgebunden mit Erdgas beliefert, die Zahlung restlichen Entgelts in Höhe von 2.733,12 € für Erdgaslieferungen in den Jahren 2005 bis 2007. Den in diesem Zeitraum von der Klägerin vorgenommenen Erhöhungen des Arbeitspreises hatte die Beklagte widersprochen – erstmals mit Schreiben vom 14. Februar 2006. Die Klägerin macht geltend, Grund für die vorstehend genannten Preisänderungen seien jeweils Änderungen ihrer Bezugskosten gewesen, wobei sie mit den Preiserhöhungen ihre gestiegenen Bezugspreise nicht einmal in vollem Umfang weitergegeben habe.

Vorwurf: Kosten wurden künstlich in die Höhe getrieben

Die Beklagte hat die Bezugskostensteigerungen bestritten und zusätzlich geltend gemacht, die Klägerin habe die Bezugskostensteigerungen unter anderem durch die besondere Gestaltung der Vertriebsform verursacht. Die Klägerin sei an ihren Vorlieferanten als Gesellschafterin beziehungsweise als Mitglied beteiligt; aufgrund dieser Vertriebsform würden die eigenen Bezugspreise – unter anderem durch die Berechnung einer Handelsspanne – künstlich in die Höhe getrieben, während die Klägerin auf der anderen Seite an den Gewinnen dieser Vorlieferanten beteiligt sei. Die Klägerin hat eine solche Vorgehensweise bestritten und geltend gemacht, sie habe sich lediglich mit anderen Stadtwerken zu einer Einkaufsgemeinschaft zusammengeschlossen, um – auch im Interesse ihrer Kunden – günstige Bezugspreise zu erreichen; die hierbei anfallende Handelsspanne an den Bezugskosten der Klägerin sei nur äußerst gering und bewege sich in einer Größenordnung von lediglich rund 0,1 bis 0,2 %.

BGH verweist Fall zur erneuten Überprüfung zurück

Der BGH hat – unter Bestätigung seiner bisherigen Grundsatzurteile – mit Urteil vom 06.04.2016 (Az. VIII ZR 71/10) entschieden, dass der Klägerin für die Preiserhöhungen der Jahre 2005 bis 2007 ein Recht zur Weitergabe von (Bezugs-)Kostensteigerungen zwar nicht (mehr) aus § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV, aber aufgrund der gebotenen ergänzenden Vertragsauslegung des Gaslieferungsvertrages zusteht. Zu Unrecht hat die Vorinstanz das Vorbringen der Beklagten, die Klägerin habe die eigenen Bezugskosten durch die Gestaltung der Vertriebsform in die Höhe getrieben, für unerheblich gehalten. Auch darüber hätte es Beweis erheben müssen. Denn auch im – hier gegebenen – Fall der ergänzenden Vertragsauslegung des Tarifkundenvertrages (Grundversorgungsvertrages) gilt der Grundsatz, dass der Gasversorger verpflichtet ist, die eigenen Bezugskosten im Interesse der Kunden niedrig zu halten und nach Möglichkeit die günstigste Beschaffungsalternative zu wählen.

Weitere Feststellungen zum Preisänderungsrecht erforderlich

Das Preisänderungsrecht des Gasgrundversorgers umfasst deshalb nicht die Weitergabe solcher Preiserhöhungen, die der Versorger auch unter Berücksichtigung des ihm zuzubilligenden unternehmerischen Entscheidungsspielraums ohne die Möglichkeit einer Weitergabe der Preiserhöhung an den Kunden aus betriebswirtschaftlichen Gründen vermieden hätte. Ob dies – wie von der Beklagten behauptet – hier der Fall ist, wird das Landgericht zu prüfen und den hierzu angebotenen Beweis zu erheben haben. Der BGH hat deshalb das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, damit die erforderlichen weiteren Feststellungen getroffen werden können.

(BGH PM Nr. 067 vom 06.04.2016/ Viola C. Didier)


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