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02.02.2017

Meldung, Wirtschaftsrecht

BGH-Urteil zum Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz

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Der BGH hat über die Rechtsbeschwerden von Anlegern und die Anschlussrechtsbeschwerde der Deutschen Telekom AG gegen den Musterentscheid des OLG Frankfurt/Main vom 3.7.2013 entschieden.

Der Bundesgerichtshof hat über die Rechtsbeschwerden nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) im Telekom-Verfahren betreffend den „zweiten Börsengang“ entschieden.

Gegenstand des – im Zusammenhang mit den massenhaft erhobenen Klagen von Aktionären der Deutschen Telekom AG – neu geschaffenen Kapitalanleger-Musterverfahrens können nur verallgemeinerungsfähige Vorfragen zu den einzelnen Aktionärsklagen sein. Im Mittelpunkt des Verfahrens steht dabei die (Un-)Richtigkeit des anlässlich des sogenannten „zweiten Börsengangs“ der Deutschen Telekom AG herausgegebenen Verkaufs- und Börsenzulassungsprospekts.

Klagen nach Wertverlust der Aktien

Auf Grundlage dieses Prospekts wurden im Jahr 1999 u.a. 250 Millionen neue Stückaktien aus einer im Juni 1999 erfolgten Kapitalerhöhung zum Börsenhandel zugelassen und von der Deutschen Telekom AG öffentlich zum Verkauf angeboten. Zudem diente der Prospekt dazu, über 1,7 Milliarden Aktien aus dem Bestand der Bundesrepublik Deutschland und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zum Börsenhandel zuzulassen. Nachdem der Kurs der Aktien stark gefallen war, kam es ab dem Jahr 2001 zu zahlreichen Klagen gegen die Deutsche Telekom AG, die Bundesrepublik Deutschland, die KfW und einen Teil der Konsortialbanken.

Streit um Prospektfehler

Im Musterverfahren vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main haben der Musterkläger und die auf seiner Seite Beigeladenen eine Vielzahl von Prospektfehlern geltend gemacht. Die Musterbeklagten – die Deutsche Telekom AG, die Bundesrepublik Deutschland, die KfW und eine in den Ausgangsverfahren verklagte Konsortialbank – haben das Vorliegen eines Prospektfehlers in Abrede gestellt und sich auf Verjährung berufen. Das Oberlandesgericht hat über die ihm durch mehrfach berichtigten und ergänzten Vorlagebeschluss des Landgerichts vorgelegten Fragen durch Musterentscheid vom 3. Juli 2013 entschieden. Einen Prospektfehler hat es nicht festgestellt. Feststellungen hat es lediglich zu Teilaspekten, wie zur Prospektverantwortlichkeit der Deutschen Telekom AG, zu Verjährungsfragen, zur Darlegungs- und Beweislast und zum Adressatenkreis des Prospekts getroffen. Im Übrigen hat es die beantragten Feststellungen nicht getroffen.

Keine Prospektfehler ersichtlich

Gegen den Musterentscheid haben 36 Beigeladene Rechtsbeschwerde eingelegt. Der BGH hat mit Beschluss vom 22.11.2016 (Az. XI ZB 9/13) entschieden, dass das Oberlandesgericht die gerügten Prospektfehler zu Recht verneint hat. Insbesondere berichtet der Prospekt zutreffend und vollständig über das Immobilienvermögen der Deutschen Telekom AG mit mehr als 12.000 Grundstücken und etwa 33.000 baulichen Anlagen. Aufgrund einer umfassenden tatrichterlichen Würdigung ist das Oberlandesgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Wert des Immobilienvermögens im Prospekt nicht wesentlich zu hoch angegeben worden war. Der Prospektfehler, den der BGH in dem anlässlich des „dritten Börsengangs“ der Deutschen Telekom AG im Jahr 2000 herausgegebenen Verkaufsprospekt festgestellt hat (Beschluss vom 21.10.2014, Az. XI ZB 12/12), betraf einen zeitlich nachfolgenden Geschäftsvorfall, der im hier verfahrensgegenständlichen Prospekt zum „zweiten Börsengang“ noch keine Rolle spielte.

Keine Prospekthaftung – kein Schadensersatz

Damit steht für alle Ausgangsverfahren bindend fest, dass aus den betreffend den Prospekt des „zweiten Börsengangs“ gerügten Unvollständigkeiten und Unrichtigkeiten keine Prospekthaftungsansprüche gemäß §§ 45 ff. BörsG aF i.V.m. § 13 VerkProspG aF und keine deliktischen Schadensersatzansprüche hergeleitet werden können. Auf weitere Fragen zur Darlegungs- und Beweislast, zur Verjährung, zum Adressatenkreis des Prospekts und zur Aktivlegitimation, die dem Oberlandesgericht zur Vorabentscheidung vorgelegt worden waren und zu denen es ebenfalls Feststellungen getroffen hat, wird es in den Ausgangsverfahren daher nicht mehr entscheidungserheblich ankommen. Aus diesem Grunde hat der BGH die dazu getroffenen Feststellungen auf die Rechtsbeschwerden der Beigeladenen und die Anschlussrechtsbeschwerde der Deutschen Telekom AG aufgehoben und den Vorlagebeschluss insoweit für gegenstandslos erklärt.

(BGH, PM vom 01.02.2017 / Viola C. Didier)


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