Über einen Fall mit Potenzial zum Wiedereinsetzungs-Klassiker hatte der BGH jüngst zu entscheiden: Statt der Berufungsbegründung in einer Mietsache hatte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten versehentlich einen früheren Fristverlängerungsantrag in derselben Sache über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) an das Gericht gesandt. Der Fehler fiel erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist auf.
Sonderzeichen behindern beA-Versand
Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags trug der Prozessbevollmächtigte vor, seine Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte habe, nachdem sie noch eine Korrektur in der Berufungsbegründung hatte vornehmen sollen, die Datei nach dem in der Kanzlei üblichen System mit dem internen Aktenzeichen, dem Datum und einem Zusatz für die Art des Schriftsatzes versehen. Weil darin Sonderzeichen enthalten seien, würden vor dem beA-Versand die Dateien umbenannt; dabei habe die Angestellte versehentlich die falsche Datei umbenannt, deshalb sei der Fehler bei der Prüfung der Eingangsbestätigung des Berufungsgerichts nicht aufgefallen.
Den Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wies das Berufungsgericht ab. Mit seiner dagegen gerichteten Rechtsbeschwerde hatte der Beklagte ebenfalls keinen Erfolg. Denn der BGH verlangt für die Postausgangskontrolle beim Versand fristgebundener Schriftsätze per beA nicht nur, dass man anhand der automatisierten Eingangsbestätigung nach § 130a V 2 ZPO kontrolliert, ob die Nachricht vollständig beim richtigen Gericht eingegangen ist. Vielmehr muss man auch anhand des Dateinamens prüfen, ob sich die Eingangsbestätigung tatsächlich auf die Datei mit dem Schriftsatz bezieht, der übermittelt werden sollte. Und auch die Vergabe von Dateinamen sollte nach einem eindeutigen System erfolgen, das Fehler möglichst ausschließt.
Anforderungen an die Postausgangskontrolle
Diesen Anforderungen entsprach die Ausgangskontrolle hier nach Ansicht des BGH im Beschluss vom 21.3.2023 (VIII ZB 80/22) nicht. Denn tatsächlich ließ das beA-Übermittlungsprotokoll im Dateinamen der vermeintlichen Berufungsbegründung das Datum des früheren Fristverlängerungsantrags erkennen. Der Prozessbevollmächtigte hatte sich jedoch – nach seinem eigenen Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag – bei seiner Prüfung darauf beschränkt, dass als Bezeichnung des Anhangs „Berufungsbegründung“ angegeben war. Dabei handelt es sich um eine nachträgliche Angabe, die beim Hochladen eines Anhangs in der beA-Webanwendung beliebig vergeben werden kann. Auf diese von der Kanzleiangestellten gemachte Angabe hatte der Prozessbevollmächtigte sich verlassen, den Dateinamen des Anhangs hatte er nicht geprüft. Bei einer ordnungsgemäßen – auch den Abgleich des vollständigen Dateinamens des Anhangs umfassenden – Ausgangskontrolle hätte der Fehler nach Ansicht des BGH vermieden oder jedenfalls noch rechtzeitig entdeckt werden können.