Ein nicht ausreichend begründeter und damit rechtswidriger Ermessensverwaltungsakt kann nicht durch das Nachschieben einer Begründung „geheilt“ werden, wenn er sich vor der Einlegung des Einspruchs bereits erledigt hat.
Gegenstand des BFH-Urteils war die Aufforderung des Finanzamts an die Kläger, ihre Einkommensteuererklärung abzugeben. Nach den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder über Steuererklärungsfristen verlängert sich die gesetzliche Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung (31. Mai) bis zum Ende des auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres, wenn die Steuererklärung durch eine Person i.S. der §§ 3 und 4 des Steuerberatungsgesetzes (z.B. einen Steuerberater) angefertigt wird. Allerdings bleibt es dem Finanzamt vorbehalten, die Erklärung für einen Zeitpunkt vor Ablauf dieser Frist anzufordern. Es handelt sich hierbei um eine Ermessensentscheidung, die zu begründen ist.
Grund die Abgabefrist unklar
Im Streitfall hatte das Finanzamt von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Kläger aufgefordert, die Einkommensteuererklärung für 2010 bis zum 31. August 2011 (und damit vorzeitig) einzureichen. Allerdings war aus der formelhaften Begründung, das Finanzamt handle „im Interesse“ einer ordnungsgemäßen Durchführung des Besteuerungsverfahrens, nicht erkennbar, aus welchem Grund die Abgabefrist im konkreten Fall verkürzt wurde. Die von einem Steuerberater angefertigte Erklärung ging am 7. Dezember 2011 ein. Das Finanzamt setzte daraufhin einen Verspätungszuschlag in Höhe von 880 € fest.
Begründungsmangel lag vor
Der BFH gab mit Urteil vom 17.01.2017 (VIII R 52/14) den Klägern Recht. Sowohl die Aufforderung zur vorzeitigen Abgabe der Steuererklärung als auch die Festsetzung des Verspätungszuschlags waren rechtswidrig. Zwar hätte der Begründungsmangel nach § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 der Abgabenordnung durch das sog. Nachschieben einer Begründung beseitigt werden können.
Heilung muss rechtzeitig erfolgen
Eine solche Heilung des Verfahrensmangels kommt jedoch nach Auffassung des BFH nicht mehr in Betracht, wenn sich die Aufforderung zur termingebundenen Abgabe vor der Einlegung eines Einspruchs durch die Abgabe der Steuererklärung bereits erledigt hat. Aufgrund der Rechtswidrigkeit der Aufforderung war auch der vom Finanzamt festgesetzte Verspätungszuschlag rechtswidrig und aufzuheben, da die Kläger die Steuererklärung noch innerhalb der allgemein bis zum 31. Dezember 2011 verlängerten Frist eingereicht hatten.
(BFH, PM vom 26.04.2017/ Viola C. Didier)