Sachverhalt
Im zu entscheidenden Fall ist das Familienheim zunächst einer Erbengemeinschaft, bestehend aus dem späteren Erwerber und einem Miterben, angefallen. Über ein Jahr nach dem Erbfall wurde die Erbengemeinschaft dadurch aufgehoben, dass der Kläger das Alleineigentum am Familienheim erhielt. Die Eintragung des Alleineigentums im Grundbuch erfolgte über ein halbes Jahr nach der Aufhebung der Erbengemeinschaft. Ferner verging mehr als ein weiteres halbes Jahr, bis der Erwerber Angebote für eine Renovierung des Familienheims einholte. Mit der Renovierung des Familienheims wurde erst nach zwei weiteren Monaten, mittlerweile ca. zweieinhalb Jahre nach dem Erbfall, begonnen.
Entscheidung des BFH
Mit seiner aktuellen Entscheidung hat der BFH seine Linie der restriktiven Auslegung der Voraussetzungen für die Erbschaftsteuerbefreiung des Erwerbs des Familienheims von Todes wegen fortgesetzt.
Voraussetzung für die Gewährung der Erbschaftsteuerbefreiung sei, dass der Erwerber die Immobilie unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke bestimme. Dies sei nur gegeben, wenn die Selbstnutzung innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungszeit vorgenommen werde. Die Absicht zur Selbstnutzung müsse somit innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem Erbfall gefasst und auch umgesetzt werden.
Den Erwerbern sei insoweit eine gewisse Zeit einzuräumen, damit sie prüfen könnten, ob sie in die Wohnung einziehen wollen. Habe der Erwerber nach der zuzubilligenden Bedenkzeit den Entschluss zum Einzug gefasst, benötige er ggf. weitere Zeit für eine eventuelle Renovierung bzw. Gestaltung der Wohnung für seine eigenen Wohnzwecke sowie für die notwendige Durchführung des Umzugs. Unter Berücksichtigung dieser gesamten Umstände erscheine ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten ab dem Erbfall als erforderlich, sodass insoweit von einer angemessenen Zeit ausgegangen werden könne.
Werde die Selbstnutzung der Wohnung hingegen erst nach Ablauf von sechs Monaten aufgenommen, könne ebenfalls eine unverzügliche Bestimmung zu Selbstnutzung vorliegen. Allerdings müsse der Erwerber in diesem Fall darlegen und glaubhaft machen, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke entschlossen habe, aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug in die Wohnung nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten habe.
Solche Gründe könnten z.B. vorliegen, wenn sich der Einzug wegen einer Erbauseinandersetzung zwischen Miterben oder wegen der Klärung von Fragen zum Erbanfall und zu den begünstigten Erwerbern über sechs Monate hinaus um einige weitere Monate verzögere.
Umstände im Einflussbereich des begünstigten Erwerbers, die nach Ablauf des 6-Monatszeitraums zu einer längeren Verzögerung des Einzugs führten, wie z.B. die Renovierung der Wohnung, seien nur unter besonderen Voraussetzungen nicht dem Erwerber anzulasten. Das könne z.B. der Fall sein, wenn sich die Renovierung deshalb länger hinziehe, weil nach Beginn der Renovierungsarbeiten ein gravierender Mangel der Wohnung entdeckt werde, der vor dem Einzug beseitigt werden müsse. Je größer der zeitliche Abstand zwischen dem Erbfall vom tatsächlichen Einzug des Erwerbers in die Wohnung sei, umso höhere Anforderungen seien an die Darlegung des Erwerbers seiner Gründe für die verzögerte Nutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke zu stellen.
Im vorliegenden Fall konnte es der BFH dahinstehen lassen, inwieweit der Zeitraum bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft oder bis zur Eintragung des Erwerbers ins Grundbuch einer unverzüglichen Bestimmung der Immobilie zur Selbstnutzung als Familienheim nicht entgegengestanden habe.
Denn jedenfalls habe der Erwerber auch nach der Eintragung ins Grundbuch nicht unverzüglich das Haus zu eigenen Wohnzwecken bestimmt, da er erst mehr als zwei Jahre nach dem Todesfall und mehr als sechs Monate nach der Eintragung ins Grundbuch Angebote von Handwerkern eingeholt und damit überhaupt erst mit der Renovierung begonnen habe. Der Erwerber konnte hingegen nicht darlegen und glaubhaft machen, dass er diese Verzögerung nicht zu vertreten habe.
Fazit
Die aktuelle Entscheidung des BFH setzt die bisherige Linie der restriktiven Auslegung der Erbschaftsteuerbefreiung für den Erwerb des Familienheims von Todes wegen durch den Ehegatten oder die Kinder des Erblassers fort.
Nur wenn seit dem Erbfall bis zur Selbstnutzung durch den Erwerber nicht mehr als sechs Monate vergangen sind, kann davon ausgegangen werden, dass eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung gegeben ist und die Erbschaftsteuerbefreiung für den Erwerb des Familienheims nicht bereits insoweit zu versagen ist. Liegen mehr als sechs Monate zwischen Erbfall und Selbstnutzung, trägt der Erwerber hingegen das Risiko, dass seinen Darlegungen und Glaubhaftmachungen nicht gefolgt wird, dass er die Verzögerung nicht zu vertreten habe.
Regelmäßig werden die Kinder das Familienheim ihrer Eltern vor ihrem Einzug renovieren wollen, um es ihrem Geschmack anzupassen oder um einen Renovierungsstau zu beheben. Auch ohne dass Mängel zu Tage treten, die eine weitere Verzögerung rechtfertigen könnten, scheint der Zeitraum von sechs Monaten ab dem Erbfall hierfür als sehr kurz gegriffen. Die Erbschaftsteuerbefreiung für den Erwerb des Familienheims von Todes wegen dürfte in der Praxis daher weiter an Bedeutung verlieren.