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06.06.2025

Steuerboard

BFH bestätigt gesellschaftsbezogenes Beherrschungserfordernis bei der Umschaltklausel nach § 20 Abs. 2 AStG – ein Aufatmen für Steuerinländer mit möglichen Auswirkungen auf die Gewerbesteuer? – Teil I

Mit Urteil vom 08.04.2025 (IX R 32/23) hat sich der BFH erstmals zur zentralen Frage geäußert, ob für die Anwendung der sogenannten Umschaltklausel gemäß § 20 Abs. 2 AStG eine gesellschafter- oder gesellschaftsbezogene Betrachtung maßgeblich ist. Die Vorschrift regelt, dass bestimmte passive Einkünfte aus ausländischen Betriebsstätten oder Personengesellschaften nicht der Freistellung, sondern der Anrechnungsmethode unterliegen sollen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Während die Finanzverwaltung bislang auf eine gesellschafterbezogene Sichtweise abstellte, wonach jede Beteiligung an einer Personengesellschaft eines Steuerinländers ausreichte, widerspricht der BFH dieser Auffassung nun ausdrücklich. Die Hintergründe der Entscheidung sowie deren Einordnung werden in diesem ersten Teil des Beitrags zum Urteil erläutert. Ob und inwieweit das Urteil Auswirkungen auf eine mögliche gewerbesteuerliche Kürzung sowie auf die Neufassung des § 7 Satz 8 GewStG hat, wird im zweiten Teil beleuchtet.

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StB/FBIStR Dipl-Fw. (FH) Raphael Baumgartner, M.A. (Taxation),
ist Counsel bei POELLATH in München

StB Cindy Slominska, M.A. (Taxation),
ist Associate bei POELLATH in München

I. Hinzurechnungsbesteuerung und Umschaltklausel – Systematik und Zielsetzung

Die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG ist ein zentrales Instrument zur Bekämpfung internationaler Steuergestaltungen mit dem Ziel, Gewinnverlagerungen in Niedrigsteuergebiete mit einer tatsächlichen Steuerbelastung von unter 15% zu unterbinden. Sie erfasst passive Einkünfte einer niedrigbesteuerten ausländischen Kapitalgesellschaft beim inländischen Gesellschafter, unabhängig von einer tatsächlichen Ausschüttung. Mit der sogenannten Ausschüttungsfiktion wird das Trennungsprinzip zwischen Gesellschaft und Gesellschafter durchbrochen: Die Einkünfte gelten als dem Gesellschafter direkt zugeflossen und werden regulär mit Einkommen-, Körperschaft- und möglicherweise auch Gewerbesteuer besteuert.

Voraussetzung für die Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung ist, dass es sich bei der ausländischen Gesellschaft um eine Körperschaft im Sinne des KStG handelt und ein im Grundfall unbeschränkt Steuerpflichtiger in Deutschland – sei es eine natürliche oder juristische Person – die Gesellschaft beherrscht. Eine solche Beherrschung liegt vor, wenn dieser Steuerpflichtige (ggf. gemeinsam mit nahestehenden Personen) mehr als 50% der Stimmrechte, des Kapitals oder der Gewinnbezugsrechte hält. Besteuert werden nur passive Einkünfte, wobei § 8 Abs. 1 AStG definiert, welche Einkünfte als aktiv gelten, alle übrigen sind passiv und unterliegen grundsätzlich der Hinzurechnungsbesteuerung.

Zur Vermeidung von Umgehungen dieser Regelung enthält § 20 AStG eine ergänzende Vorschrift, die greift, wenn ausländische Betriebsstätten oder Personengesellschaften, die eine anteilige Betriebsstätte vermitteln, in Niedrigsteuerländern anstelle von Kapitalgesellschaften zwischengeschaltet werden. Da Einkünfte aus solchen Betriebsstätten nach den DBA grundsätzlich in Deutschland steuerfrei wären, zielt § 20 AStG auf eine Gleichstellung mit ausländischen Kapitalgesellschaften ab – zu beachten ist dabei aber, dass neuere DBA ebenfalls entsprechende Umschaltklauseln enthalten und § 20 Abs. 2 AStG nur greift, wenn ein DBA keine Umschaltklausel beinhaltet. Wird die Umschaltklausel des § 20 Abs. 2 AStG ausgelöst, ersetzt die Anrechnungsmethode die Freistellungsmethode: Die Einkünfte werden in Deutschland besteuert, wobei im Ausland gezahlte Steuern angerechnet werden können. So wird sichergestellt, dass Deutschland sein Besteuerungsrecht nicht verliert, wenn Einkünfte über ausländische Betriebsstätten erzielt werden, die bei Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft der Hinzurechnungsbesteuerung unterlägen.

II. Streitfall

Im zugrunde liegenden Fall war die Klägerin, eine inländische Kapitalgesellschaft, zu 30% an einer in den USA ansässigen Limited Partnership (X-Gesellschaft) beteiligt, die nach deutschem Steuerrecht als Personengesellschaft qualifizierte. Die übrigen Gesellschafter waren im Inland nicht steuerpflichtig. Die X-Gesellschaft unterhielt in den USA eine Betriebsstätte, zu deren Vermögen Lizenzrechte an der Marke „X“ gehörten. Diese Rechte wurden konzernintern und konzernextern lizenziert. Die daraus erzielten Einnahmen wurden anteilig den Gesellschaftern zugerechnet. Nach US-Steuerrecht unterlagen jedoch nur die konzernfremden Lizenzeinnahmen der Besteuerung, sodass die Klägerin in den USA lediglich auf diesen Teil Einkommenssteuern zahlte.

Streitfrage war, ob die Lizenzgewinne in Deutschland steuerfrei bleiben konnten, wie von der Klägerin vertreten, oder ob § 20 Abs. 2 AStG Anwendung findet und die Einkünfte unter Anrechnung der US-Steuern im Inland zu besteuern sind, wie das Finanzamt annahm. Dieses argumentierte, dass jede Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft anteilig als „eigene“ Betriebsstätte des Gesellschafters zu werten sei und somit eine 100%-ige Beherrschung dieser anteiligen Betriebsstätte durch die Klägerin vorliege.

Das Finanzgericht entschied zugunsten der Klägerin: § 20 Abs. 2 AStG setze eine beherrschende Beteiligung an der Personengesellschaft voraus, die bei einer Beteiligung von nur 30% nicht gegeben sei. Der BFH bestätigte diese Entscheidung und wies die Revision der Finanzverwaltung zurück.

III. Die Entscheidung des BFH – Beherrschung ist zwingende Voraussetzung

Die der Klägerin aus ihrer Mitunternehmerschaft bei der X-Gesellschaft zuzurechnenden Lizenzgebühren stellen gewerbliche Einkünfte dar, da sie in einer ausländischen Personengesellschaft (Betriebsstätte) einer Kapitalgesellschaft angefallen sind. Zwar sind diese Einkünfte nach dem anwendbaren DBA in Deutschland steuerfrei, doch prüfte der BFH, ob die Voraussetzungen für einen Methodenwechsel gemäß § 20 Abs. 2 AStG vorliegen und somit ein Rückfall des Besteuerungsrechts auf Deutschland erfolgt.

Der BFH verneinte dies. Zwar handelte es sich um passive, niedrigbesteuerte Einkünfte im Sinne des § 8 AStG, die im Fall einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft grundsätzlich der Hinzurechnungsbesteuerung unterlägen, doch stellte der BFH klar, dass § 20 Abs. 2 AStG auch eine beherrschende Beteiligung des Steuerpflichtigen an der ausländischen Personengesellschaft voraussetzt. Eine lediglich anteilige Mitunternehmerschaft reicht dafür nicht aus.

Maßgeblich für diese Auslegung ist die systematische Einbettung des § 20 Abs. 2 AStG in die Logik der Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG. Eine fiktive Anwendung dieser Regelungen auf ausländische Betriebsstätten ist nur sachgerecht, wenn der Steuerpflichtige eine tatsächliche Dispositionsmacht über die Einkünfte hat. Eine Auslegung, wonach jede Beteiligung – unabhängig von ihrer Höhe – ausreichen soll, würde den Regelungszweck überdehnen. Sie würde der sekundären Missbrauchsvermeidung durch § 20 AStG eine weitergehende Reichweite einräumen als der primären Hinzurechnungsbesteuerung.

Der Gesetzgeber wollte ersichtlich verhindern, dass durch die Einschaltung einer ausländischen Personengesellschaft die Hinzurechnungsbesteuerung umgangen wird. Ziel war es, eine Gleichstellung mit einer beherrschten ausländischen Kapitalgesellschaft zu erreichen, nicht aber, sämtliche Minderheitsbeteiligungen in Niedrigsteuerländern pauschal der Anrechnungsmethode zu unterwerfen.

IV. Fazit

Die Entscheidung des BFH bringt Klarheit in eine lange umstrittene Frage und setzt der weitreichenden Auslegung der Finanzverwaltung enge Grenzen. § 20 Abs. 2 AStG findet nur dann Anwendung, wenn der Steuerinländer eine beherrschende Beteiligung an der ausländischen Personengesellschaft hält. Die vom BFH betonte gesellschaftsbezogene Betrachtung stellt sicher, dass die Umschaltklausel ihre Funktion als Missbrauchsvermeidungsvorschrift erfüllt, ohne dabei über ihr Ziel hinauszuschießen.

Die Entscheidung ist dogmatisch konsequent, systematisch überzeugend und schafft Rechtssicherheit für Steuerinländer mit Minderheitsbeteiligungen an ausländischen Personengesellschaften. Wesentliche Erkenntnis ist zudem, dass der BFH die Personengesellschaft im Rahmen des § 20 Abs. 2 AStG als Ganzes fiktiv wie eine Kapitalgesellschaft behandelt. Damit wird die Gleichstellung zur Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7 ff. AStG konsequent und zielgerichtet umgesetzt.

V. Ausblick

Zwar hat das Urteil den Anwendungsbereich des § 20 AStG bei der regulären Hinzurechnungsbesteuerung deutlich eingeschränkt, für die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung gelten jedoch andere Voraussetzungen. Nach § 13 Abs. 1 AStG greift sie bereits bei Einkünften mit Kapitalanlagecharakter, ohne dass eine beherrschende Beteiligung erforderlich ist. Erfasst werden somit auch Minderheitsbeteiligungen, wenn die ausländische Gesellschaft überwiegend passive Kapitalerträge erzielt. In der Praxis handelt es sich dabei vor allem um Zinsen und Streubesitzdividenden – typische Einkünfte aus Investment- oder Kapitalanlagegesellschaften.

§ 20 Abs. 2 AStG kommt hingegen nur dann zur Anwendung, wenn ein DBA eigentlich eine Freistellung vorsehen würde. Da jedoch passive Kapitalanlageerträge in den meisten DBA gerade nicht vollständig von der deutschen Steuer freigestellt werden, ist der Geltungsbereich dieser Regel in der Praxis sehr eng.

Für die Gewerbesteuer gelten wiederum andere Regeln. Nach § 7 Satz 8 GewStG ist nämlich keine Freistellung erforderlich. Welche Auswirkungen das Urteil in diesem Zusammenhang hat, obwohl es sich nicht ausdrücklich zur gewerbesteuerlichen Kürzung äußert, kann dem zweiten Teil des Beitrags entnommen werden. Dort wird gezeigt, dass sich aus der Entscheidung durchaus ableiten lässt, dass § 7 Satz 8 GewStG in Verbindung mit § 9 Nr. 2 GewStG im Sinne der Steuerpflichtigen ausgelegt werden könnte.

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RAin/FAin ArbR Dr. Bettina Scharff


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