Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) ist keine formelle Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Versetzung. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Anordnung des Arbeitgebers (auch) auf Gründe gestützt wird, die im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers stehen, entschied das BAG.
Ein Maschinenbediener arbeitete seit 1994 zunächst in Wechselschicht (Frühschicht/Spätschicht) und wurde vom Arbeitgeber ab 2005 fast ausschließlich in der Nachtschicht eingesetzt. In den Jahren 2013 und 2014 war er jeweils an 35 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Von Dezember 2014 bis Ende Februar 2015 war er aufgrund einer suchtbedingten Therapiemaßnahme arbeitsunfähig, danach wurde er wieder in der Nachtschicht beschäftigt.
Schichtwechsel führt zu Streit
Im März fand ein sog. Krankenrückkehrgespräch statt, welches vom Arbeitsgeber nicht als Maßnahme des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) beabsichtigt und/oder ausgestaltet war. Nach diesem Gespräch ordnete der Arbeitgeber an, dass der Mann seine Arbeit zukünftig in Wechselschicht zu erbringen habe. Der klagende Maschinenbediener war jedoch der Auffassung, die Anordnung sei bereits deshalb unwirksam, weil sein Arbeitgeber vor der Maßnahme kein BEM durchgeführt habe. Im Übrigen entspreche sie nicht billigem Ermessen iSv. § 106 GewO, § 315 BGB; seine Interessen an der Beibehaltung der Nachtschicht seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Der Arbeitgeber meint, eine Dauernachtschicht sei generell gesundheitlich belastender als jede andere Arbeitszeit. Deshalb habe er mit der Versetzung prüfen dürfen, ob sich die gesundheitliche Situation des Klägers bei einem Einsatz in der Wechselschicht verbessere. Außerdem sei der Kläger bei Fehlzeiten in der Wechselschicht leichter ersetzbar als in der Nachtschicht.
Auf das billige Ermessen kommt es an
Das Arbeitsgericht hat die auf Beschäftigung in der Nachtschicht gerichtete Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision des Arbeitgebers hatte vor dem BAG Erfolg (Urteil vom 18.10.2017 – 10 AZR 47/17). Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements i.S.v. § 84 Abs. 2 SGB IX ist keine formelle Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Versetzung. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Anordnung (auch) auf Gründe gestützt wird, die im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers stehen. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Weisung des Arbeitgebers insgesamt billigem Ermessen i.S.v. § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB entspricht. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.
Mangels hinreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu diesen Umständen konnte der Senat nicht abschließend entscheiden. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
(BAG, PM vom 18.10.2017 / Viola C. Didier)